Skip to main content

Wie sich das Harry-Potter-Universum digital immer mehr erweitert

Futter für Potter-Fans: Am gestrigen Montag erschien wieder neues Hintergrundmaterial zu Joanne K. Rowlings Buchreihe auf Pottermore.com, geschrieben von der Autorin selbst. Die Website ist mehr als ein Werbevehikel für Bücher mit Bonusmaterial. Sie zeigt, wie ein Erzähluniversum online ausgestaltet werden kann – und wie eine starke Marke auch das scheinbar übermächtige Amazon problemlos aushebelt.

In dem kostenlosen Kurztext, der auf Pottermore seit dem gestrigen Montag verfügbar ist (allerdings erst nach kostenloser Registrierung), geht es um eine Nebenfigur aus den Harry-Potter-Büchern. Es ist eine Kurzbiographie der magischen Sängerin Celestina Warbeck, dazu gibt es ihren Hit "You stole my cauldon but you can’t have my heart" zum Anhören.  Die Figur selbst tritt in den Büchern nicht auf, sie wird nur ein paar Mal erwähnt. Schon im Juli hatte Rowling auf Pottermore.com einen neuen Gratistext aus dem Potter-Universum veröffentlicht.

Neue Wege

Ob es auch in Zukunft  auf Pottermore neue Texte Rowlings zu lesen geben wird, ist unklar.  Allerdings werfen beide neuen Geschichten – und das Medienecho, das damit verbunden ist –  ein Schlaglicht darauf, wie ungewöhnlich die Wege sind, die Pottermore im Buchmarketing beschreitet. Denn die Seite ist weit entfernt von schnöder Online-Buchwerbung. Sie macht die Bücher auf eine neue Art erfahrbar – wer sich registriert, kann die Romane noch einmal interaktiv durch- und Hintergrundmaterial freispielen oder sich auf allen möglichen Wegen durch Rowlings Zaubererwelt bewegen. Überall gibt es Erklärungen, kleine Verästelungen, in denen die Autorin sich persönlich zu Wort meldet, sei es als Text oder Video – beispielsweise, wenn es um die Frage geht, warum die Zauber in so eigenartigen Maßeinheiten wie Galeonen rechnen. Selbstverständlich alles interaktiv und kommentierbar.

Wie Pottermore Amazon aushebelt

Der Hogwarts Express fährt digital weiter (Bildquelle)

Der Hogwarts Express fährt digital weiter (Bildquelle)

Pottermore macht sich auch die Fans, die nach neuem Material gieren zu nutze, um große Onlinehändler wie Amazon  auszuhebeln. Keines der Harry-Potter-Bücher ist dort als E-Book verfügbar. Wer eines kaufen möchte, bekommt statt dem normalen "Kaufen"-Button einen "Buy at Pottermore"-Button zu sehen und wird auf den Onlineshop der Zauberer-Seite verwiesen. Dort werden zumindest die englischsprachigen E-Books mit weichem DRM verkauft. Als Schutz vor Piraterie dient nur ein Wasserzeichen, mit dem sich illegal zum Download zur Verfügung gestellte Bücher zum ursprünglichen Käufer zurückverfolgen lassen. Außerdem können die Bücher nur jeweils 8 Mal heruntergeladen werden.  Schon 2012, kurz nachdem Pottermore online ging, analysierte digitalbookworld.com, dass die Seite damit das herkömmliche Geschäftsmodell – Verlage bieten ihre Bücher bei Amazon an – auf den Kopf stellt. "Wenn wir etwas demonstriert haben, dann die Macht einer starken Marke", sagte damals der Geschäftsführer von Pottermore, Charlie Redmayne.

Fans als Basis

Pottermore erweitert nicht nur das Erzähluniversum mit neuen Geschichten, Hintergrundmaterial und neuen Varianten der alten Geschichten. Pottermore bündelt die Fans, die große Erzähluniversen gerne erweitert sehen wollen und gibt ihnen genau das – ein von offizieller Seite unermüdlich erweitertes Universum. Auf dieser Basis generiert Pottermore – vor allem online – eine starke Marke, und damit eine Verhandlungsposition, die selbst Amazon etwas entgegenzusetzen hat. Das dürfte ungewöhnlich, wenn nicht einzigartig sein. Wenigstens aber eines der spannendsten Online-Buch-Projekte überhaupt.

<Bildnachweis: Schloss, Zug von Shutterstock>

Ähnliche Beiträge


Keine Kommentare vorhanden


Du hast eine Frage oder eine Meinung zum Artikel? Teile sie mit uns!

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*
*