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Amazon.de verbietet und löscht "anreizbasierte" Rezensionen, führt Limit ein

Im Kampf gegen "unechte" Produkt-Bewertungen hat Amazon.de seine "Richtlinien zur Erstellung von Kundenrezensionen" in den vergangenen Tagen gleich mehrfach überarbeitet. Die Abgabe kostenloser Produkte im Austausch gegen eine Rezension ist nunmehr untersagt, allerdings mit Ausnahmen. Daneben wurde ein Limit für die Abgabe von Rezensionen für nicht bei Amazon gekauften Produkten eingeführt.

Das Grundproblem ist bekannt: Rezensionen stellen einen wichtigen Faktor bei der Kaufentscheidung für viele Konsumenten dar, gleichzeitig gibt es aber immer weniger "echte" Kundenbewertungen. Anbieter verschiedenster Produkte behalfen sich darum in der Vergangenheit mit der Abgabe kostenloser Produkte im Tausch gegen Rezensionen, was seitens Amazon auch erlaubt war. Organisiert wurde die Verteilung kostenloser und stark reduzierter Testmuster über Social Media, dedizierte Produkttester-Plattformen oder eigene Kontaktpools.

Keine Freiprodukte gegen Bewertungen mehr

Dieser Praxis hat Amazon jetzt einen Riegel vorgeschoben. Vergangene Woche entfernte der Online-Händler aus seinen deutschen Rezensionsrichtlinien einen Passus, der das Angebot "ein(es) kostenfreies oder preisreduziertes physisches Produkt dem Kunden im Voraus zum Zwecke der Erstellung einer Rezension" erlaubte. Gemäß der ebenfalls aktualisierten Richtlinien für Händler ist genau das jetzt sogar verboten.

Bei Amazon.com fand eine gleichartige Änderung bereits im Oktober statt, unmittelbar danach ist der Anteil anreizbasierter Rezensionen an allen Bewertungen nach Angaben des Analyse-Dienstes ReviewMeta von 20 Prozent auf nahezu den Nullpunkt gesunken. 

reviewmeta

Unklare Bücher-Regelung

Vom Testmuster-Verbot gibt es nur zwei Ausnahmen. Die eine betrifft das Vine-Produkttester-Programm von Amazon selbst, die andere – Bücher. Hier wird es allerdings schwammig. In den neuen Richtlinien heißt es 

Buchautoren und Verlage können Lesern weiterhin kostenlose oder vergünstigte Exemplare ihrer Bücher zur Verfügung stellen, solange der Autor oder Herausgeber keine Rezension im Austausch dafür verlangt oder die Rezension zu beeinflussen versucht.

Die Abgabe von Rezensions-Exemplaren ist damit also auch für Bücher verboten. Erlaubt ist einzig das Verschenken von Büchern ohne jede Gegenleistung. Gleiches gilt für alle anderen Produkte im Grunde genommen aber auch. Konstrukte wie "50 Extra-Punkte für eine Rezension bei Amazon" (Rezensionen-Plattform Vorablesen von Ullstein) sind mindestens eine Grauzone, weil die Publikation von Rezensionen ja durchaus incentiviert wird.

Die Praxis wird zeigen, wie sich Amazon die Auslegung der Rezensionsrichtlinien genau vorstellt. Denn der Online-Händler verliert keine Zeit bei der Durchsetzung der neuen Bestimmungen und löschte in den letzten Wochen bereits mehr als 500.000 anreizbasierte Rezensionen, wie unter anderem das Fachblog Techcrunch berichtet.

Das durchschnittliche Rating dieser "ehrlichen Bewertungen" im Tausch gegen ein kostenloses Produkt betrug übrigens 4,75/5 Sterne, deutlich mehr als der amazonweite Schnitt von 4,36/5 Sternen. Laut Händler-Gruppen bei Facebook sind auch zahlreiche deutsche Produkte betroffen. Damit sieht es zappenduster aus für jene Produkttester-Plattformen, die sich in den letzten Jahren im Schatten von Amazon – und wie gesagt in völliger Übereinstimmung mit den damaligen Richtlinien des Online-Händlers – gebildet haben.

Limitierung nicht verifizierter Rezensionen

In dieser Woche hat Amazon seine deutschen Rezensionsrichtlinien nun erneut verschärft, wie zuerst heise online berichtete. Demnach ist jetzt nur noch die Abgabe von fünf nicht verifizierten Rezensionen pro Woche erlaubt. Verifiziert ist eine Bewertung nur, wenn das Produkt bei Amazon gekauft wurde.

Das Limit ist ein weiteres Mittel, die Abgabe unliebsamer Rezensionen (gegen Gefälligkeit, Rezensionen eigener Produkte) einzudämmen, wobei fünf Rezensionen pro Woche immer noch recht großzügig ist. In den USA ist Amazon hier schon zwei Schritte weiter: Erstens ist für die Abgabe von Rezensionen ein Mindestumsatz nötig, zweitens werden nicht-verifizierte Rezensionen zunehmend versteckt angezeigt. So führt der "Alle XY Kundenrezensionen anzeigen" Link direkt unter der Sterne-Box auf Amazon.de noch zu sämtlichen Rezensionen, auf Amazon.com allerdings nur noch zu sämtlichen verifizierten Rezensionen.

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Kommentare


Keine Rezensionsexemplare mehr? Verwirrung um Amazons neue Rezensions-Richtlinien | Die Self-Publisher-Bibel 5. Dezember 2016 um 08:55

[…] im Netz, die aus einer unscharfen Formulierung in den Richtlinien resultieren. Lesen.net behauptet gar, die „Abgabe von Rezensions-Exemplaren“ sei „damit also auch für […]

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