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Welche E-Books am häufigsten abgebrochen werden

Bestseller schaffen es nicht von ungefähr auf die Hitlisten – sollte man meinen. Der US-amerikanische Wissenschaftler und Mathematiker Jordan Ellenberg zeigt mithilfe von Amazon Popular Highlights, dass viele Erfolgsromane trotz hoher Verkaufszahlen oft nicht bis zum Ende gelesen werden. Welche Bücher "schaffen es" auf die Liste der E-Books, die am häufigsten abgebrochen werden?

 Amazon Popular Highlights als Grundlage für Ellenbergs Analyse

Der Ausgangspunkt für Ellenbergs Analyse, die er in einem Gastartikel im Wall Street Journal beschreibt, ist Amazons „Popular Highlights“ – Funktion. Sie zeigt dem Leser zum Beispiel an, auf welchen Seiten andere Leser bereits Highlights gesetzt haben. Daraus lässt sich mit dem sogenannten Hawking Index, benannt nach dem britischen Wissenschaftler Stephen Hawking, eine Prozentangabe ermitteln. Je höher diese ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Leser das E-Book auch zu Ende gelesen haben. Errechnet wird der Hawking Index, indem aus den Seitenzahlen, auf denen sich die fünf meist gesetzten Highlights befinden, der Durchschnitt berechnet und dieser durch die Gesamtseitenzahl geteilt wird.

Wissenschaftlich akkurat ist diese Methode natürlich nicht. Dennoch gibt der Hawking Index dem Leser eine Idee, welche E-Books von anderen Lesern möglicherweise bereits zu einem frühen Lesezeitpunkt abgebrochen wurden. Für seine Analyse hat Ellenberg einige prominente Romane und Sachbücher ausgewählt.

Sachbücher werden am häufigsten vorzeitig abgebrochen

Mit 98,5 Prozent erreicht Donna Tartts The Goldfinch (auf Deutsch Der Distelfink) den höchsten Hawking Index der ausgewählten Bücher. Alle fünf Top-Highlights befinden sich auf den letzten zwanzig Seiten des insgesamt über 1000 Seiten langen Romans.

Cover Die Tribute von Panem-Gefährliche LiebeCatching Fire von Suzanne Collins, in Deutschland bekannt unter Die Tribute von Panem – Gefährliche Liebe schafft es mit 43,4 Prozent auf Platz zwei der Liste. Glaubt man Ellenberg, hilft eine romantische Verwicklung dabei, den Leser bis zu den letzten Seiten zu fesseln.

Platz drei geht an einen Klassiker. F. Scott Fitzgeralds The Great Gatsby (auf Deutsch: Der Große Gatsby) erhält 28,3 Prozent im Hawking Index. Die Passage, die am häufigsten markiert wurde, spiegelt den Kern des Romans wider: Nick Carraways Erkenntnis, dass er einer der wenigen ehrlichen Menschen ist, die er selbst je gekannt hat.

Auf den weiteren Plätzen finden sich Bücher wie Fifty Shades of Grey (25,9 Prozent, deutscher Titel Shades of Grey – Geheimes Verlangen), Flash Boys“ von Michael Lewis (21,7 Prozent, auf Deutsch Flash Boys: Revolte an der Wall Street) oder Sheryl Sandbergs Lean In (12,3 Prozent, auf Deutsch: Lean In: Frauen und der Wille zum Erfolg).

Am Ende der Liste stehen einige viel diskutierte Sachbücher. So erreicht Daniel Kahnemans Thinking Fast and Slow (deutscher Titel: Schnelles Denken, langsames Denken) nur 6,8 Prozent. Auch A Brief History of Time (auf Deutsch: Eine kurze Geschichte der Zeit) von Stephen Hawking kommt nur auf 6,6 Prozent. Am schlechtesten schneidet Thomas Pikettys Capital in the Twenty-First Century“(Das Kapital im 21. Jahrhundert) mit 2,4 Prozent ab.

Es zeigt sich also, dass hohe Verkaufszahlen kein Garant dafür sind, dass das Buch auch tatsächlich Gefallen bei den Lesern findet. Auf Twitter finden sich unter #unreadbooks einige Leserantworten zum Artikel im Wall Street Journal. Dabei sind es vor allem Klassiker, die schnell von den Lesern abgebrochen wurden – vielleicht auch aufgrund von Spontankäufen infolge von sehr günstig oder sogar kostenlos angebotenen Public-Domain-Titeln?

<Bildnachweis: Coverausschnitt Das Kapital im 21. Jahrhundert>

 

 

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Kommentare


Triviales E-Book und intellektuelles Buch: Alte Vorurteile in neuen Schläuchen » lesen.net 15. August 2014 um 15:05

[…] von Donna Tartts “Der Distelfink” oder John Williams’ “Stoner“. Auch Nutzungsstatistiken und Umfragen zeigen, dass elektronisches Lesen meist auf Unterhaltungsliteratur beschränkt […]

Antworten

STUDIE! – Ganz ehrlich – Lesen Sie alle E-Books zu Ende? | OnleiheVerbundHessen 24. August 2014 um 17:05

[…] Ein Klick und schon ist das E-Book gekauft oder entliehen, aber lesen Sie wirklich alles, was im “Warenkorb” landet komplett? Kein mahnender Buchstapel türmt sich neben dem Bett, der daran erinnert, was wir uns noch alles vorgenommen hatten, zu lesen. Diesem Phänomen ging nun der US-amerikanische Wissenschaftler und Mathematiker Jordan Ellenberg auf den grund und zeigte anhand der Amazon Popular Highlights, dass viele Erfolgsromane trotz hoher Verkaufszahlen oft nicht bis zum Ende gelesen werden. Werden diese Highlights vom Leser nämlich an einer hinteren Stelle im Buch platziert, ist es umso wahrscheinlicher, dass das Buch auch bis dahin gelesen wurde. Vor allem Sachbücher werden häufig gezielt gelesen, dafür aber nur auszugsweise. Besonders spannende Romane mit einer romantischen Handlung hätten größere Chancen, den leser bis zum Schluss zu fesseln, so Ellenbergs These. Mehr Informationen zur Studie hier. […]

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