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[Update] Zahnloser Tiger: Buchpreisbindung für eBooks tritt in Kraft

Die Bundesregierung hat die Gültigkeit der Buchpreisbindung auch für eBooks gesetzlich verankert und damit ein Vorhaben des Koalitionsvertrages umgesetzt. Politiker und Buchlobbyisten klatschen Beifall, tatsächlich ist und bleibt das Preisbindungsgesetz aber ein zahnloser Tiger.

[Update 01.09.2016: Die im Frühjahr von der Bundesregierung beschlossene Buchpreisbindung für eBooks tritt am heutigen 01.09. in Kraft. Faktisch ändert sich nichts. Aus aktuellem Anlass noch einmal unsere Analyse aus dem Februar.]

Ursprünglicher Artikel vom 03.02.2016

Das Bundeskabinett beschloss eine Änderung des Buchpreisbindungsgesetzes, nach der vom Gesetz künftig ausdrücklich auch "elektronische Bücher und vergleichbare elektronische Verlagserzeugnisse" umfasst sind. Wie es auch im Referentenentwurf heißt, handelt es sich dabei "lediglich um eine Klarstellung" – in der Praxis wurde die Gültigkeit des bisherigen Gesetzes auch für digitale Bücher von keiner Partei wirklich in Frage gestellt. Die Gesetzesänderung muss nun noch Bundesrat und Bundestag passieren, das ist aufgrund der klaren Mehrheit der Regierungsparteien in diesen Kammern aber bloß Formsache.

Wirtschaftsminister Gabriel betont in der Pressemitteilung des Ministerium, mit der Preisbindung setze man sich "für ein vielfältiges Angebot an Buchtiteln und die Vielzahl der Buchhandlungen ein". Und der Börsenverein spricht von einem "Zeichen für Qualität und Vielfalt". In der Praxis ist das Gesetz allerdings kaum die (elektronische) Tinte wert, mit der es geschrieben ist, denn der Schlupflöcher gibt es viele für willige Verlage und Händler.

Ein Paradebeispiel sind exklusive Ausgaben allgemein verfügbarer Bücher, die aktuell bei eBooks eine bemerkenswerte Renaissance erleben. Nahezu alle Tolino-Partner haben ihre besonders günstigen Exklusivausgaben, wobei die Inhalte bei weitem nicht immer exklusiv sind. Über exklusive Bundes beliebter eBooks von eBook.de (inzwischen Hugendubel-Tochter) berichteten wir bereits 2013, auch Weltbild.de bündelt fleißig.

Freie Bahn für willige Verlage und Händler

Wie schon bei den bekannten "Club"-Ausgaben wird der Titel hier durch minimale Änderungen (Cover, Vorwort und dergleichen) als neues Werk deklariert und damit von der Buchpreisbindung ausgeklammert. Alles was es dafür braucht, sind mitspielende Rechteinhaber (Verlage, Autoren, Agenten). Ebenso wie für eBook-Flatrate-Modelle wie Kindle Unlimited und Skoobe, die – durch Verleih statt Verkauf – die Preisbindung umschiffen.

Dass Verlage auch ohne Buchpreisbindungsgesetz sehr gut die Hoheit über ihre Verkaufspreise behalten können, illustriert ein Blick in die USA, wo die Verleger bei Amazon & Co. inzwischen in aller Regel selbst die Verkaufspreise festlegen. Wirklich günstig sind dort nur Indie-Titel, deren Pricing ohnehin die Autoren bestimmen und die zu einem großen Teil nur bei Amazon zu haben sind – daran ändert auch eine Buchpreisbindung nichts.

<Bildnachweis: Bengalisches Tigerbaby von Shutterstock>

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Kommentare


Deutsche Politik stellt klar: Buchpreisbindung soll auch für eBooks gelten – wirklich jetzt – eBook-Fieber.de 3. Februar 2016 um 19:33

[…] Die Buchpreisbindung lässt sich allerdings durch eine Reihe von Maßnahmen – genannt seien hier die eBook-Flatrates von Amazon oder Skoobe – ohnehin und auch künftig legal umgehen. Auch leicht veränderte Lizenzausgaben oder gebündelte eBook-Ausgaben ermöglichen ein Ausscheren, wie ihr bei Johannes von lesen.net nachlesen könnt. […]

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eBook Preisbindung kommt 4. Februar 2016 um 16:39

[…] von eBooks beschlossen. Die Verlage und Buchhändler Lobby jubeln. Auch wenn lesen.net von einem zahnlosen Tiger da es auch heute schon bereits viele Möglichkeiten gäbe zu günstigern Preisen zu verkaufen. Sei […]

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Fixed Prices for Ebooks in Germany: At What Cost? – Publishing Perspectives 10. Februar 2016 um 09:00

[…] of subscription models and other potential loopholes in the law, Johannes Haupt of lesen.net calls this updated law a “toothless tiger.” While the fixed book price law calls for unified pricing for the same […]

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eBook Preisbindung kommt | Studibuch Blog 13. April 2016 um 23:38

[…] von eBooks beschlossen. Die Verlage und Buchhändler-Lobby jubeln. Auch wenn lesen.net von einem zahnlosen Tiger, da es heute schon bereits viele Möglichkeiten gäbe zu günstigern Preisen zu verkaufen. Sei es […]

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eBooks bald explizit preisgebunden – aber nur Verlagstitel » lesen.net 2. Mai 2016 um 13:40

[…] ein zahnloser Tiger, wie wir bereits im Februar anlässlich der Gesetzes-Initiative ausführten. Minimale Abweichungen wie ein alternatives Cover oder Vorwort genügen schon, um eine Ausgabe […]

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