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eBooks machen kommunikativ, lesehungrig

ibooks1Während digitale Lesegeräte im Fokus der (technik)journalistischen Berichterstattung stehen, wird dem eigentlichen Leseakt verhältnismäßig wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei geht mit dem Erwerb eines dedizierten eBook Readers oder eines multifunktionalen Devices mit eReading-Qualitäten a là iPad ein Wandel des Leseverhaltens einher, der tiefgreifende ökonomische und gesellschaftliche Auswirkungen haben wird.

Dem Thema "digitales Lesen in der Öffentlichkeit" hat sich am Sonntag die New York Times gewidmet, verschiedene Wissenschaftler, Trendforscher und Schriftsteller nach ihrer Meinung gefragt. Fast einhelliger Tenor: eBook Reader entstigmatisieren öffentliches Lesen, das Bild des traurig und allein in der Ecke sitzenden Bücherwurms hat ausgedient.

newkindle7Prof. Paul Levinson von der Fordham University führt zur Begründung an, Devices wie das iPad und der Kindle verbünden den Leser mit einem Netzwerk, in welchem z.B. auf einem Gerät gemachte Hervorhebungen überall sichtbar sind. Auch beim Alleine-Digital-Lesen findet also eine soziale Interaktion statt, die beim Schmökern eines gedruckten Buchs naturgemäß nicht vollzogen wird.

eBook Reader – im besonderen Maße natürlich das iPad – gelten aktuell als Trendprodukt und "In", so Lenvinson weiter. Mit Lesegeräten würde keines der Klischees verbunden, die Viellesern von mancher Seite angehängt werden. Schlussfolgerung: "Literatur zu kaufen ist wieder cool."

Michael Hughes von der Bloomberg School of Public Health fügt dem ’sozialen digitalen Lesen' noch einen weiteren Aspekt hinzu: Austauschen könnte man sich hier nicht nur über Literatur, sondern auch über das Lesegerät selbst. Gerade auf sein iPad sei Hughes in den vergangenen Monaten immer wieder angesprochen worden.

Nur eine gegenläufige Meinung bekamen die New York Times Redakteure in ihre Notizblöcke diktiert: Die Sex-Autorin Jenny Block vermutet, dass ihr Kindle distanzierende Signale ("Ich bin beschäftigt, störe mich nicht") aussendet. Dem Umstand kann Block allerdings durchaus positives abgewinnen, immerhin wolle sie beim Lesen tatsächlich ihre Ruhe haben.

Zur Veränderung vom Umfang des Literaturkonsums legte jüngst ein US-Institut eine von Sony in Auftrag gegebene Studie auf den Tisch. Ergebnis der Befragung von 1.200 eBook Reader Besitzern: Infolge des Reader-Kaufs wird nicht nur mehr gelesen, sondern auch häufiger und an verschiedenen Plätzen. Statt 1,9 Büchern/Monat würden 2,6 Bücher/Monat gelesen (52% kostenpflichtig/48% gratis).

84% aller Besitzer eines Lesegeräts nutzen ihren Device demnach mindestens einmal wöchentlich, 51% sogar täglich. Dabei leisten eBook Reader auch noch einen Beitrag zur Schließung der Geschlechterkluft: Weil die meisten eBooks (52%) von Männern gekauft und gelesen werden, nimmt die weibliche Lese-Dominanz (zumindest in der aktuellen Marktphase) mit der Verbreitung elektronischer Lesegeräte leicht ab.

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Kommentare


Nimue 26. August 2010 um 13:20

IKch kann alle Ergebnisse nur bestätigen…. Jedesmal wenn ich mein pocketbook 360° aus der Tasche hole (und ich habe das Teil überall dabei!) werde ich darauf angesprochen. 99% aller Menschen in Offlineland haben überhaupt keine Ahnung, daß es soetwas gibt :-. Und die Resonanz auf den Reader sowie auf ebooks ist durchweg positiv.

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Falko 26. August 2010 um 15:39

Hier fehlen die Beschriftungen, welches Feld wofür gedacht ist. Soll das so sein?

Wer weiß, was der Professor Levinson geschluckt hat. Ich fühle mich, egal ob ich ein Buch oder einen E-Book-Reader verwende, keinesfalls als Teil irgendeines nervigen Netzwerkes. E-Books machen mich weder kommunikativer noch lesehungriger, sie sparen einfach Gewicht, sorgen dafür, dass das papierne Chaos sich in Grenzen hält und nicht jeder kann den Titel sehen. 2,6 Bücher im Monat lesehungrig zu nennen, ist auch ein bisschen übertrieben.

Elektronische Literatur kaufen ist nicht cooler als klassische Bücher zu kaufen, es sei denn, irgendwer erklärt mir den Coolness-Faktor, wenn ich ein E-Book auf mein Lesegerät klicke. Und ich kann auch nicht behaupten, dass ich mich austauschen möchte, wenn ich lese.
Egal ob Papier oder elektronisch. Was geht in Schädeln vor die irgendjemanden sehen und meinen, diese Person möchte sich austauschen oder Typen, die lesen, um vollgeseiert zu werden? "Ich lese, näht mir einen Knopf an die Backe …" Völlig unklar.

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Johannes 26. August 2010 um 17:27

@Falko Bei mir sind die Beschriftungen (an den Kommentarfeldern meinst du, nehme ich an) da…? Inhaltlich sehe das ein bisschen anders als du, denke gerade die leichte unmittelbare Verfügbarkeit von eBooks (im Vergleich zu Büchern, wo man erst in ’ne Buchhandlung oder einen Tag auf ’ne Online-Bestellung warten muss) führt sicherlich zu einem erhöhten "Literaturkonsum".

Der Coolness-Faktor ist denke ich ’ne rein subjektive Frage, die auch vor dem Hintergrund der Bezugsgruppe gestellt werden muss. 'Nem schön gebundenes Buch wird sicherlich in traditionalen Kreisen wesentlich mehr positivive Aufmerksamkeit entgegen gebracht als einem iPad, welches wiederum die Gadget- & Kaffeehausfraktion begeistert und hier Lesen eben auch gesellschaftsfähig(er) macht.

Ciao
Johannes

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Achim Müller 26. August 2010 um 18:42

Also zumindest kann ein ebook zum verstärkten Lesen führen – bei mir jedenfalls ist das so, seit ich meinen Reader habe…
Erstens weil ich eher mal online rumstöbere was mich interressiert, weil ich dann *sofort* runterladen und lesen kann, zweitens weil ich tats. nicht mehr darüber nachdenken muss, ob es nicht irgendwann "zuviel" wird mit all den Büchern, weil die Regale halt nur begrenzt aufnahmefähig sind ;-)
Drittens, ich lade mir tats. auch mal "alte Schinken" runter, die ich mir bestimmt nicht kaufen würde, aber via kostenblosem Ebook schau ich mir dann doch mal "Goethes Italienische Reisen" an, schnupper mal in "Heine – Deutschland, ein Wintermärchen" – ob es mir gefällt weiß ich noch nicht, aber "umsonst" kann ich es ja mal "testen"….
Also ich lese seit ich den Reader habe wieder wesentlich mehr und beschäftige mich (zumindest noch) auch mit der Hardware – sonst würde ich hier weder lesen noch schreiben ;-)
Es ist insofern schon eine Änderung meiner Lesegewohnheiten, zumindest quantitativ.

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carokann 27. August 2010 um 03:00

Zitat:
"Weil die meisten eBooks (52%) von Männern gekauft und gelesen werden, nimmt die weibliche Lese-Dominanz (zumindest in der aktuellen Marktphase) mit der Verbreitung elektronischer Lesegeräte leicht ab."

Ich begrüsse dies ausserordentlich, denn die aktuellen Autoren passen sich manchmal beinahe halsschmeisserisch an einen weitverbreiteten feminen Geschmack an.

Das wird aber wohl nur eine kurze Phase sein, denn kürzlich traf ich ein weibliches Wesen, die ihren Hanvon fast ausschliesslich mit Vampir-Romanzen befüllt hatte.

Ich selbst habe mich noch nie geschämt öffentlich zu lesen – ob auf papierner oder digitaler Basis.

Da ich noch einige Monate ausharren muss, da erst jetzt die Geräte in eine akzeptable preisliche und ästhetische Zone vorstossen, hoffe ich nicht meinen Augen mit dem ipod touch zu sehr zu schaden.

Aber Apfelscheiben auf den Augen sollen ja frisch halten.; -)

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E-Books haben es schwer in Deutschland | TechBanger.de 1. September 2010 um 07:51

[…] allem etwas für Vielleser. Immerhin werden bald viele Menschen ein Gerät besitzen, mit dem sie E-Books konsumieren können. Für 2015 erwarten die PwC-Fachleute, dass schon jeder Siebte in Deutschland […]

Antworten

Unsere Linktipps Kalenderwoche 34 1. September 2010 um 13:49

[…] eine etwas andere Betrachtungsweise auf E-Books haben wir bei Lesen.net entdeckt. Diesmal werden nicht die technischen und wirtschaftlichen Implikationen des Mediums […]

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Thomas Knip 1. September 2010 um 16:08

Umgekehrt könnte man auch sagen, dass eBook-Lesegeräte für zunehmende Nervosität sorgen.

Wenn bei einem Buch jemand fragt "Kann ich das mal sehen?", dann reicht es, wenn ich den Buchrücken zeige und die Leute Cover, Autor und Titel sehen können.

Bei einem Lesegerät bedeutet "Kann ich das mal sehen?" dagegen "Kann ich das mal anfassen?".
Und will man jetzt nicht als asoziale Leseratte dastehen, bleibt einem kaum etwas anderes übrig, als das teure Gerät aus der Hand zu geben und zu hoffen, dass das Gegenüber a) gut erzogen oder b) gut versichert ist.

Weswegen ich mit meinem Reader lieber zu Hause lese.

Lesehungrig(er) ist dagegen nicht ganz falsch. Die Verfügbarkeit reizt einen doch eher mal, in einen Titel mehr reinzuschnuppern als man eigentlich vorhatte.
Umso wichtiger ist es also für den deutschen eBook-Markt, dass eine in sich runde Infrastruktur aus Gerät, Shop und direktem Einkauf bzw. Download endlich etabliert wird!

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Gucky 2. September 2010 um 11:48

Das mit dem Netzwerk verstehe ich auch nicht. Mal abgesehen das mein Reader "online" nicht kann so wuerde ich es die i-net Welt sicher nicht wissen lassen das und was ich lese. Das sind Informationen die die Welt nicht braucht und nebenbei bemerkt auch nichts angeht.
Mein Leseverhalten aendert sich insoweit das es viele kostenlose Sachen gibt. Damit lese ich Sachen an die mich zwar interessieren aber fuer die ich nie und nimmer Geld ausgeben wuerde. Mal ganz abgesehen davon das man fuer viele Sachen dann auch erst mal ein Geschaeft finden muesste wo es das gibt usw.

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Fünf eReading-Megatrends für 2011 » Debatte, eBooks, eReader » lesen.net 29. Dezember 2010 um 16:36

[…] eReading wirklich kommunikativ macht, sei einmal dahingestellt. Klar ist aber, dass Leesn am Bildschirm den Austausch zu Texten schon […]

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Sven 29. Dezember 2010 um 19:25

Danke für den lesenswerten Beitrag. Ich bin mal gespannt, wie sich mein Leseverhalten – nicht nur 2011 – ändern wird. Ich dachte immer, ich könnte einen ereader umgehen, da mit das Haptische eines Buches fehlt, aber nun bin ich im Besitz eines Readers und werde mal sehen, wie es wird.

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