E-Reading-Spezialist Icarus am Ende
Die E-Reading-Landschaft ist um einen Hersteller ärmer, dessen eBook Reader auch in Deutschland noch von tausenden Lesefreunden genutzt werden dürften – und die teilweise sogar noch erhältlich sind. Still und heimlich hat der holländische Anbieter Icarus in den letzten Wochen seinen Betrieb eingestellt.
Das Ende von Icarus kam schleichend. Schon seit dem Herbst lieferte der Anbieter selbst keine eBook Reader mehr aus, in den letzten Wochen ging dann die Website offline und die Facebook-Seite wurde gelöscht, wie zuerst das Fachblog GoodEreader berichtete. Beim Karrierenetzwerk LinkedIn haben zuletzt 13 einstige Icarus-Mitarbeiter ihren Arbeitgeber aktualisiert, aktuelle Mitarbeiter gibt es jetzt überhaupt nicht mehr. Eine offizielle Verlautbarung über die Abwicklung steht noch aus – und wird es wohl auch nicht geben -, die Indikatoren sind aber eindeutig.
E-Ink plus offenes Android-Betriebssystem
Unter der Marke Icarus wurden seit dem Jahr 2010 eBook Reader angeboten, die – wie Kindle, Tolino & Co. auch – in Fernost gefertigt werden. Eine Besonderheit der Icarus-Lesegeräte war ihr Betriebssystem: Statt einer angepassten Oberfläche kam ein offenes Android (anfänglich Version 2,x, zuletzt Version 4,x) zum Einsatz. Mit den Icarus-Lesegeräten konnten somit sowohl epub-Dateien als auch Kindle Books geschmökert werden, auch Lese-Apps anderer Anbieter standen Icarus-Nutzern offen.
Immer noch "sofort lieferbar" bei Amazon.de
Die Icarus-Lesegeräte der Illumina-Modellreihe waren auch in Deutschland bei einer Vielzahl von Händlern erhältlich. Selbst jetzt noch verkauft etwa Amazon.de den Zehn-Zoller Icarus Illumina Pro direkt ab Lager. Der beliebte Sechs-Zoller Icarus Illumina HD, der in drei Generationen aufgelegt wurde, war in der Vergangenheit auch in einer Skoobe-Sonderedition verfügbar und wurde direkt vom eBook Flatrate Anbieter vertrieben (der inzwischen eine Thalia-Beteiligung und bald wohl auch über Tolino-Lesegeräte nutzbar ist).
Technisch stets auf der Höhe der Zeit – der Illumina XL braucht sich mit seinem beleuchteten 7,8″ 300ppi E-Ink-Carta-Panel hinter den aktuellen Top-Modellen von Tolino und Kindle nicht zu verstecken -, fiel Icarus wie schon vorige E-Reading-Anbieter (prominentestes Beispiel: Sony) der "Plattformisierung" digitalen Lesens zum Opfer. Anders als Tolino und vor allem Kindle konnte Icarus als reiner Hardware-Hersteller seine Lesegeräte nicht über Buchverkäufe querfinanzieren. Hinzu kommen Licht und Schatten beim Betriebssystem – die zur Wahl stehenden nativen Android-Apps waren schlicht nicht für langsam reagierende E-Ink-Displays gemacht und funktionierten dort größtenteils mehr schlecht als recht, erwiesen sichi zudem als Akkufresser.
Keine unmittelbaren Folgen für Icarus-Nutzer
Für die Icarus-Leser ändert sich mit der Pleite zunächst einmal nichts. Und auch auf mittlere Sicht dürften die Konsequenzen weniger schwerwiegend sein als bei nicht mehr aktualisierten Lesegeräten anderer Hersteller, die mit neuen Datei- und Kopierschutz-Formaten wie dem neuen DRM der Onleihe nicht mehr kompatibel sein werden. Icarus-Leser können sich dann einfach die garantiert stets aktuell gehaltene Android-App herunterladen. Natürlich vorausgesetzt, sie wird dann noch mit der jetzt schon reichlich angestaubten Android-Version der Icarus-Geräte zusammenarbeiten.
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