eBook Flatrate Kindle Unlimited laufen die Leser davon
Längst nicht alles, was Amazon anpackt, gelingt. Die im Herbst 2014 in Deutschland gestartete eBook Flatrate Kindle Unlimited hingegen war von Beginn an ein ausgesprochener Erfolg, das Sortiment wuchs in der Vergangenheit ebenso rasant wie die Leserzahlen. In der Vergangenheit.
Unerwartet mehr Geld für Indie-Autoren
Eine frohe Kunde hatte das Fachblog Self Publisher Bibel am gestrigen Montag für Indie-Autoren zu verkünden, deren Titel Teil der eBook Flatrate Kindle Unlimited sind (und damit zwangsweise exklusiv bei Amazon). Entgegen der Erwartungen ist die deutsche "KU-Quote", also die Vergütung pro gelesener Seite, nicht etwa weiter gefallen, sondern vielmehr deutlich gestiegen. 0,35 Cent pro im Dezember gelesener Seite erhielten Indie-Autoren, im November wurden gelesene Seiten noch gut 10 Prozent schlechter vergütet.
Die Vergütung erfolgt aus einem Topf, der Monat für Monat neu auf die insgesamt gelesenen Seiten beziehungsweise deren Autoren aufgeteilt wird. In der Anfangszeit von Kindle Unlimited hat Amazon diesen Topf zwar kontinuierlich weiter gefüllt, die Zahl der gelesenen Seiten wuchs allerdings ungleich schneller. In der Folge erhielten Indie-Autoren immer weniger Vergütungen pro gelesener Seite, von 0,53 Cent im Juli 2015 halbierten sich die Ausschüttungen nahezu auf 0,28 Cent im Juli 2017.
Dass die Ausschüttungen seither wieder hochgehen, liegt gleichwohl nicht daran, dass Amazon den Vergütungs-Topf weiter aufgefüllt hat. Vielmehr sinkt die Zahl der gelesenen Seiten, und zwar so signifikant und kontinuierlich, dass man hier inzwischen von einem klaren Trend sprechen kann.
Drastischer Leserschwund – seit Monaten
Wurden im Juli 2017 über Kindle Unlimited 5,85 Mrd. Seiten gelesen, waren es im Oktober 2017 noch 5,4 Mrd. Seiten und im Dezember 2017 nur noch 4,7 Mrd. Seiten – ein Rückgang um rund 20 Prozent in nicht einmal einem halben Jahr. Saisonal bereinigt fällt der Leserschwund wohl sogar noch deutlich drastischer aus, denn der Dezember ist eigentlich ein extrem starker Lesemonat. Zwischen Oktober und Dezember gingen die Kindle-Unlimited-Leserzahlen bislang immer deutlich nach oben – bis zum abgelaufenen Jahr.
Wie kommt der Rückgang zustande? Am Sortiment liegt es nicht, sowohl in den USA als auch in Deutschland sind die beliebtesten Indie-Titel immer noch Teil von Kindle Unlimited; namhafte Verlagstitel gibt es bei der eBook Flatrate seit jeher nur absolut vereinzelt. Ein wesentlicher Grund für den offensichtlichen Rückgang der Abonnentenzahlen dürfte aus Amazonsicht hausgemacht sein und heißt "Prime Reading".
Wenig Platz zwischen Prime Reading und Einzelkauf
Die vielen Millionen Amazon-Prime-Kunden – allein in Deutschland sollen es mehr als 12 Millionen sein, offizielle Zahlen von Amazon gibt es nicht – haben beim unlängst eingeführten Angebot rund 500 ausgewählte und durchaus hochwertige eBooks zur Auswahl, aus denen sie sich unbegrenzt bedienen können. Das quartalsweise rotierende Angebot ist selbst für viele regelmäßige Leser bereits absolut ausreichend, solange sie keinen Wert auf die Lektüre bestimmter Titel legen. Genau diese Zielgruppe wurde bislang auch von Kindle Unlimited adressiert.
Es ist nicht das erste Mal, dass Amazon seine eigenen Produkte kannibalisiert. Bestes Beispiel ist die gesamte Kindle-Sparte, mit der Amazon 2007 auf Konfrontationskurs zur eigenen Printbuch-Abteilung ging, die damals die Seele des Online-Händlers darstellte. Und das Amazon-Prime-Inklusivangebot Prime Music wird viele Hörer bereits so sehr zufriedenstellen, dass sie keine Verwendung für den eigenständigen Spotify-Konkurrenten Music Unlimited mehr haben.
Mit Prime Reading scheint es nun also tatsächlich Kindle Unlimited an den Kragen zu gehen. Auf der einen Seite gibt es die "Ich-will-ein-Bestimmtes-Buch-Leser", die weiter Geld für Einzelkäufe in die Hand nehmen, auf der anderen Seite stehen die "Ich-will-Unterhaltung-aus-dem-Genre-X-Leser", die mit Prime Reading bestens bedient sind. Dazwischen wird es eng für Kindle Unlimited, das sicherlich nicht verschwinden, aber weitere Leser verlieren dürfte.
Amazon wird es egal sein, solange sich die Leser weiter im Kindle-Ökosystem bewegen. Zumal die nächste Preiserhöhung von Amazon Prime hierzulande nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen dürfte (Jahresgebühren USA: 99 US-Dollar, Deutschland: 69 Euro).
Kommentare
Olaf Knechten 20. Januar 2018 um 17:28
Ich habe heute erst von dem Prime-Reader-Programm erfahren, weil ein Kollege mich darauf aufmerksam gemacht hat. Ich hatte mich gewundert, dass plötzlich einzelne ältere Titel in den Kinde-Charts hochschießen (ohne erkenntlichen Grund wie Preisreduzierung). Ich kann diese Geschäftsentscheidung nicht nachvollziehen. Kindle Unlimited ist doch für die meisten Vielleser völlig ausreichend.
Katja Braun 20. Juni 2019 um 06:27
Gestern gesehen, dass ich bri Amazon Kindle ungewollt in eine Abofalle gestolpert bin. Das schon seit Jan.2018. Ich habe seit Ja.2016 mein Kindle. Mntl.Abbuchung vin 9,99 Euro und ich habe das gar nicht gdnutzt bzw.nicht mal gemerkt, dass ich hätte mehr lesen können! Bin stocksauer. Ich habe das unbewusst bezahlt UND musste über Amazon dennoch für Bücher normal weiter bezahlen. Da war nix im Abo drin. Wenn Amazon solche Abofallen nötig haben, dann haben sie mich (und sicher viele andeten) Kunden nun aber gründlich vergrault. DAS GEHT GAR NICHT