eBook Warez: Staatsanwalt legt lul.to still & verhaftet Betreiber
Der deutschen Justiz ist im Kampf gegen illegale eBook Downloads ein beachtlicher Schlag gelungen. Besucher der URL www.lul.to finden dort statt eines gut sortierten eBook Store mit Witz-Preisen neuerdings nur noch eine Info-Seite der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg. Drei Tatverdächtige sitzen in U-Haft, sichergestellt wurde auch viel Geld – und Kundendaten.
Zuletzt rund 10.000 Besucher pro Tag auf lul.to
Das 2013 ins Leben gerufene Portal lul.to (lul = "lesen und lauschen") verkaufte ein breites Sortiment von eBooks weit unter Ladenpreis, pro Download fielen meist nur wenige Cent an. Die Verlage und Indie-Autoren sahen davon natürlich nichts. Trotz des eher unkonventionellen Ansatzes im Warez-Bereich – andere große illegale eBook-Portale wie lesen.to und eBook Hell bieten ihre Downloads zum Nulltarif an – konnte lul.to eine große Zahl von Lesefreunden für sein Angebot begeistern. Nach unseren Schätzungen anhand von Analyse-Diensten hatte lul.to zuletzt rund 10.000 tägliche Besucher. Zum Vergleich: Online-Händler eBook.de (gehört zu Hugendubel) kommt geschätzt auf etwa 15.000 tägliche Besucher.
Mehr als 30.000 Kunden
Für die zahlreichen lul.to-Fans haben die deutschen Justizbehörden nun aber eine schlechte Nachricht in petto. Die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg und das LKA Sachsen haben die Seite erfolgreich vom Netz genommen und laut einer am heutigen Mittwoch publizierten Pressemitteilung dabei auch drei Beschuldigte ermitteln und festsetzen können, die derzeit in Untersuchungshaft sitzen.
Zum Zeitpunkt der Schließung waren auf lul.to nach Angaben der Justiz über 160.000 deutschsprachige (!) eBooks und 28.000 Hörbücher zu finden – ein Sortiment, mit dem sich die Seite auch nicht hinter legalen Anbietern verstecken musste. Und das Angebot wurde offenbar auch reichhaltig genutzt, die Staatsanwaltschaft Bamberg spricht von mehr als 30.000 Kunden.
Bemerkenswert und alles andere als selbstverständlich bei der Abschaltung illegaler Download-Seiten ist, dass die Justiz auch umfangreiche Vermögenswerte sicherstellen konnte. 24 Bitcoins im aktuellen Wert von etwa 55.000 Euro, 100.000 Euro in Bankguthaben, 10.000 Euro Bargeld und "ein hochwertiges Motorrad" wanderten in die Hände des Freistaats Bayern.
Erster bedeutsamer Schlag gegen eBook Warez
Die Schließung markiert das Ende von mehr als 2 Jahre lang andauernden Ermittlungen, informiert die GVU in einer eigenen Pressemitteilung vom heutigen Mittwoch. Auch dem Börsenverein des deutschen Buchhandel war der Strafvollzug eine Pressemitteilung wert ("wichtiger Erfolg im Kampf gegen Internet-Piraterie").
Tatsächlich handelt es sich um den ersten größeren Ermittlungserfolg im Warez-Kosmos seit Ende 2014, ala die Behörden im Zusammenhang mit den Download-Foren boerse.to und boerse.bz 120 Hausdurchsuchungen durchführten. Hier ging es nicht dediziert, aber auch um illegal angebotene eBooks.
Große eBook-Warez-Plattformen wurden bislang hingegen noch überhaupt nicht belangt. Wenn es in der Vergangenheit zu größeren Abschaltungen kam (boox.to, buecherkiste.org), gingen diese eigentlich immer von den Betreibern aus. In der Vergangenheit bekleckerte sich die Justiz bei der Strafverfolgung auch nicht gerade mit Ruhm ("boox.to: Peinliche Hausdurchsuchung – Beschuldigter hat nicht einmal Internet").
Downloader-Karawane zieht weiter
Und jetzt? Von der Abschaltung geht sicherlich eine gewisse Signalwirkung innerhalb der Szene aus. Die Erfahrungen etwa von der kino.to-Schließung lehren allerdings, dass die wirklich großen und professionellen Warez-Seiten sich kaum beeindrucken lassen und nicht von heute auf morgen panisch vom Netz gehen werden. Die Karawane der illegalen Downloader zieht also weiter, nur preiswerte und komfortable legale Alternativen können den Warez-Sumpf nachhaltig austrocknen. Selbst mit attraktivsten eBook-Flatrates, Deals und dergleichen wird man gleichwohl nie alle Nutzer erreichen können. Ein gewisser Bodensatz an Lesefreunden mit ausgeprägter Freibier-Mentalität und entsprechendem Verhalten wird immer bleiben.
Was macht die Justiz mit lul.to-Kundendaten?
Bleibt eine Frage: Was macht die Staatsanwaltschaft mit den mehr als 30.000 beschlagnahmten Datensätzen von lul.to-Kunden? In den Pressemitteilungen findet sich dazu kein Wort. Im Vergleich zu konventionellen Download-Seiten hat es die Justiz bei illegalen eBook Stores deutlich leichter, die Kunden zu ermitteln und zu belangen, denn bei lul.to gab es ohne Registrierung und Geldfluss keine Ware.
Die Spur des Geldes zu verfolgen wird eher schwierig, denn mit Bitcoins und Prepaid-Guthabenkarten (gibt es in jeder Tankstelle) standen wohl ausreichend anonyme Zahlungsarten zur Auswahl. Aber wer sich mit einer E-Mail-Adresse a là Max.Mustermann@gmx.de registriert und hier wie bei der anschließenden Nutzung keinen Proxy-Server benutzt hat, könnte bald unliebsame Post bekommen. Gut möglich, dass die Justizbehörden auch an dieser Front ein Exempel statuieren wollen.
Kommentare
Kritiker 21. Juni 2017 um 17:04
jetzt werden wohl wieder alle zu lesen. to rennen! Lange haben sie es mit ihrem Modell ja nicht durchgehalten, es war wie immer nur eine frage der zeit
Peter 21. Juni 2017 um 17:28
"seit die Behörden im Zusammenhang mit den Download-Foren boerse.to und boerse.to"
Also gleich zweimal die selbe Seite. War das jetzt auch ein Doppelschlag? Gegen Lul und Lul?
Ich sag dazu nur Lol. Das ändert nicht viel. Die Energie sollte man lieber in gute Qualität und DRM- und Wasserzeichen-Freiheit einsetzen. Die Leute gehen dann halt zu einer anderen Seite.
Johannes Haupt 21. Juni 2017 um 20:01
Danke, ist korrigiert.
Und in Sachen "Qualität und DRM-Freiheit" hat sich in den letzten Jahren schon sehr viel getan. Klar gibt es noch Luft, aber wie im Artikel gesagt, allen wird man es nie recht machen können. Nebenbei zeigt ein Blick auf den Musikbereich, dass Komfort für die breite Masse – und damit zur weitgehenden Trockenlegung des Piratensumpfs – viel wichtiger ist als DRM-Freiheit. Spotify & Co. sind ja nun das Gegenteil von "Selbstbestimmung über die eigenen Dateien".
Ciao
Johannes
Klaus Seibel 21. Juni 2017 um 18:03
Die beschlagnahmten Vermögensgüter stehen ja wohl den Autoren zu, denn diese Werte sind ja mit deren Eigentum geschaffen worden, das gestohlen und verhökert wurde. Darüberhinaus könnte man den "Kunden" berechnen, was sie downgeloaded haben, und den Autoren/Verlagen ebenfalls den ihnen zustehenden Anteil zukommen lassen.
Da die "Kunden", die Autoren und der Wert der Werke bekannt ist, ist das durchaus machbar.
Steffen 21. Juni 2017 um 19:47
War denn das Angebot der Seite "offensichtlich" illegal? Das ist entscheidend, denn darauf zielt das Gesetz ab. Was genau Offensichtlichkeit ist, dürfte ein Gericht definieren. Da die Seite ja offenbar Geld genommen hat, also für die Bücher bezahlt wurde, spricht das schon mal gegen eine offensichtliche Illegalität. Aber ein Gericht wird eine Definition erarbeiten müssen (eine Aufgabe, die nur der Legislative obliegen sollte).
Ansonsten gilt (auch bei legalen Angeboten): Besser mit einem VPN oder einem anonymen Proxy das Angebot nutzen. Dann hat man eine sehr gute Chance vor jeglichen Problemen mit den Behörden sicher zu sein. Noch besser ist es natürlich, keine illegalen Angebote zu nutzen.
Romanautor Richard 22. Juni 2017 um 10:40
Auf lul.to musste man sich registrieren. Dazu wies die Seite darauf hin, dass es eine rechtliche Grauzone ist. Das Netz ist voll mit Hinweisen, dass es illegal ist. Es dürfte äußerst schwer werden darzustellen, dass man das nicht wusste, zumal größter Wert auf Anonymität bei der Zahlung gelegt wurde und man versuchte, seine Identität nicht preiszugeben. Tut man das, wenn man weiß, es ist legal? Uns Autoren und den Verlagen ist das ziemlich wurscht. Wir gehen jetzt gegen die Nutzer und Betreiber vor, warten seit Jahren auf diese Chance. Das lässt sich kaum einer entgehen, auch einzelne Nutzer abzumahnen.
Martina Schein 21. Juni 2017 um 20:10
Ein guter Anfang, doch die Verlage sind auch gefragt. Nicht nur einen Euro Unterschied zwischen eBook und Taschenbuch, sondern reizvollere Preise. Diesbzüglich können sich die Verlage eine Scheibe von den Selfpublishern abschneiden.
Über die oftmals mangelhafte Qualität der eBooks sollten sie sich nicht nur Gedanken machen, sondern die Konsequenzen daraus ziehen.
Marita 23. Juni 2017 um 17:02
Da stimme ich dir zu Martina – erst letztens habe ich bei Amazon ein Buch gesehen, was ich gerne gelesen hätte. Als Hardcover gab es das schon ab 0,18 €… die ebook-Version schlug mit satten 8,90 € zu Buche. Sowas finde ich eine echte Unverschämtheit. Auch das ich als e-book-Liebhaber keine Möglichkeit habe, die Einzellizenz meine legal erworbenen Bücher für einen kleinen Betrag weiterzuverkaufen / zu verschenken (so wie früher meine "richtigen" Bücher).
Grade wenn man gerne liest, aber nicht soviel Geld hat, ist das echt hart. Da ist auch eine sog. Flatrate nicht finanzierbar.
Solange vernünftige Alternativen nicht gegeben sind und die Verlage auf diese Beschränkungen bestehen bzw. nur die "Nutzungsrechte" verkaufen – solange wird es auch illegale Downloads geben.
Adelheid Wiedburch 21. Juni 2017 um 23:24
Was will man den Downloadern denn vorwerfen? Daß sie aus einem Korb gestohelner Äpfel sich bedient haben? Wenn man ihnen nicht nachweisen kann, daß anstatt eines tatsächlichen Kaufes des Buches sie genau dieses dann eben dort geholt haben, nur dann kann man ihnen eine Schädigung der Verlage nachweisen. Zumindest wäre nur das eine verfassungsgemäß Rechtsstaatlich handhabe! Es gibt Leute, die nur sammeln – man könnte es ja mal brauchen – aber gar nicht lesen. Diese sind schon mal gar nicht wegen Copyright-Bruches zu belangen!
Tina Filsak 22. Juni 2017 um 19:32
Wenn man ein Buch klaut ist es ziemlich schnuppe, ob man es auch liest oder nicht. Sowie man es bewusst (und da wird rausreden ziemlich schwer und unglaubwürdig. Wer nimmt schon ernsthaft an, das es legal ist ein Buch das regulär 4 , 5 oder mehr Euro kostet, auf einer Plattform die sich selbst Piraten nennt um Centbeträge zu laden?) Und ja, durch die Kundendaten könnte man mit Sicherheit jedem Kunden die entsprechenden Diebesbücher nachweisen. Es würden 11 Terrabyte an Daten sichergestellt.
Gregor Meisen 23. Juni 2017 um 15:48
Wenn Ihnen jemand anbietet, Ihr Bankkonto um € 100.000,- aufzubessern, weil diejenige Person sich Zugang zum Computersystem Ihrer Bank verschafft hat, würde Ihr moralischer Kompass dann sagen, dass dies rechtens oder nicht zu beanstanden ist? Das Geld wird ja niemandem abgenommen, es entsteht ja virtuell auf Ihrem Konto. Wenn € 100.000,- eine zu große Summe ist, ab welchem Betrag wird es unproblematisch? € 100,-? € 10,-? Oder ist es weniger problematisch, wenn Sie das Geld gar nicht benutzen, sondern nur sammeln wollen?
Ganz davon abgesehen glaube ich, dass der Apfelbauer, dem die Äpfel gestohlen wurden, nicht groß unterscheiden möchte, ob der Dieb seine Äpfel gegessen hat, oder ob eine Schar Dritter sich dieser bemächtigt hat …
Martina Schein 22. Juni 2017 um 08:23
Es kommt auf die Gesetze des jeweiligen Landes an. Und dann spielt es keine Geige, ob man nur illegal herunterlädt und sammelt oder illegal herunterlädt und auch liest.
Katrin 22. Juni 2017 um 16:00
Wenn ich für das Herunterladen bezahlen muss, ist das für mich nicht illegal, auch wenn es nur Cent sind. Und wenn man sich dort registrieren muss, verstecke ich mich auch nicht. Da man dort wohl Gutscheine einlösen konnte, haben diese Häuser doch wohl auch davon profitiert, werden die auch belangt?
Christina Dippold 22. Juni 2017 um 19:34
Die Plattform hat sich explizit Piratenplattform genannt und sogar betont das der Download dieser Bücher nicht rechtens ist. Nein, Wenn ich in einem Geschäft klaue und es dann aus meiner Wohnung heraus verkaufe, ist es trotzdem nicht legal. Die Rechteinhaber haben weder zugestimmt, noch daran verdient.
Gregor Meisen 23. Juni 2017 um 15:35
Das Herunterladen von digitalen Inhalten wird in der Regel auch nicht belangt, sondern das zur Verfügung stellen. Ich bin kein Jurist, aber ich gehe mal davon aus, dass es in Deutschland nicht legal ist, willentlich und wissentlich gestohlene Waren zu kaufen, egal, ob zum Neupreis oder zu einem Bruchteil davon. Daher wäre es vermutlich notwendig, den Kunden nachzuweisen, dass sie ebendies getan haben, um sie einer Straftat anklagen zu können. Willentlich ist eine Transaktion im Internet meiner Meinung nach immer (es sei denn, man wurde auf unlautere Weise dazu gebracht, einen Vertrag abzuschließen). Wissentlich könnte schwerer nachzuweisen sein, das wäre vermutlich der Interpretation des Gerichts überlassen, ob man davon ausgehen konnte, dass die Kunden wissen mussten, dass das Angebot nicht legal war.
Die am offensichtlichsten illegale Tat ist in diesem Fall der Verstoß gegen das Preisbindungsgesetzt, das seit dem 01.09.16 auch E-Books berücksichtigt (und zuvor bereits allgemein als auf E-Books anwendbar erachtet wurde). Darüber hinaus bestehen natürlich Verstöße gegen das Urheberrecht.
Mir fallen so einige Methoden ein, wie ich meine Person geschützt wüsste, obwohl ich mich irgendwo anzumelden habe (temporäre "Wegwerf"-Mail-Accounts z. B.).
Wenn die Herausgabe einer Zahlungsmöglichkeit zur Mittäterschaft ausreichen würde, wäre das doch recht unpraktisch für unseren Staat. Ich gehe davon aus, dass ein enormer Teil der illegalen Geschäfte, die so ablaufen, mit Bargeld bezahlt wird. Dann gibt es noch Banküberweisungen, Kreditkartenzahlungen, Paypal und Co. …
Wenn ich einen Gutschein für etwas kaufe, stellt das ein Kaufgeschäft dar, das ich mit dem ausgebenden Unternehmen eingehe. Wenn dann ein Illegaler Anbieter eines beliebigen Guts diesen Gutschein als Zahlungsmittel akzeptiert, kann man dafür wohl kaum den ausgebenden Händler verantwortlich machen. Sonst müsste man von jedem Geschäft, das Gutscheine ausgibt, verlangen können, nachzuverfolgen, was mit dem Gutschein passiert und zu welchem Zweck er verwendet wird.