Thalia fordert teurere eBooks
Preisaktionen für eBooks sind für Autoren wie Verlage seit jeher ein beliebtes Mittel zur Verkaufsförderung. Thalia Mayersche sind diese Aktionsangebote ein Dorn im Auge, wie die größte deutsche Buchhandelskette jetzt Verlagen deutlich machte.
Thalia-Manager Klaus Ortner richtete sich dazu direkt an die Vertriebsabteilungen von Verlagen, wie zuerst der Buchreport berichtete. Demnach stehe das Unternehmen auf dem Standpunkt, "dass sich die Verlage bei der Preisgestaltung nicht von kurzfristigen Überlegungen leiten lassen (…) sollten".
Aktionspreise seien das falsche Mittel zur Lesergewinnung, vielmehr müssten die Inhalte im Vordergrund stehen (wo der Widerspruch ist, bleibt offen). Am Ende müssten "Margen übrig bleiben, die uns allen in der Branche ein Überleben sichern".
Auf mehreren Ebenen absurd
Die Forderungen von Thalia sind auf mehreren Ebenen absurd – und stellt eine 180-Grad-Abkehr zur eigenen bis heute betrieben Firmenpolitik dar. So hat Thalia prominent platzierte "eBook Deals der Woche" und "eBook Deals des Monats" ("jede Woche ausgewählte eBooks mindestens um 50% reduziert"). Die dort gelisteten Titel sind nach unseren Informationen zumindest in Teilen von Thalia – respektive von Tolino Media, deren größter Partner der Buchhändler ist – "aktiv akquiriert". Publisher werden hier geradezu zu Aktionsangeboten getrieben – genau dieselben Publisher, mit denen Thalia Mayersche nun wegen häufiger Aktionspreise ins Gericht geht.
Vollends skurril wird die Forderung aber beim Blick auf Thalias eigene Flatrate-Angebote für eBooks. Bei Tolino Select können sich Abonnenten für 9,90 Euro monatlich 4 eBooks aus einer kuratierten Auswahl von 40 Titeln herunterladen und für die Dauer des Abonnements behalten. Das entspricht einem rechnerischen Preis von knapp 2,50 Euro für eBooks mit aktuellen Listenpreisen von bis zu 14 Euro.
Bei der eBook Flatrate Skoobe (Thalia-Beteiligung: 50 Prozent) gibt es sogar unbegrenzt viele eBooks zum monatlichen Fixpreis. Nichts dürfte dem Preisgefüge mehr und nachhaltiger schaden als solche Pauschalangebote, und nirgendwo sind die Margen geringer.
Aktionsangebote dienen Verkaufsförderung anderer Titel
Völlig außer Acht gelassen wird schließlich, was für eBooks überhaupt Teil von Preisaktionen und Flatrate-Sortimenten sind. Zumindest bei den Verlagen sind das in den seltensten Fällen aktuelle Bestseller, sondern etwa Auftakte von Reihen oder ältere Titel von Autoren mit breiter Backlist. Das Geld wird dann mit Folgekäufen zum Vollpreis verdient.
Und: hier wie im Indie-Kosmos ist es letztlich eine Frage von Angebot und Nachfrage. Die meisten Autoren und Verlage würden ihre eBooks sicherlich liebend gerne für deutlich mehr Geld anbieten, würden dann allerdings auf ihrer digitalen Lagerware sitzenbleiben. Dafür sorgen andere Publisher mit günstigeren gleichartigen Titeln, Platzhirsch Amazon mit Kindle Unlimited, Prime Reading & Co – aber aktuell eben auch Thalia selbst mit seinen eigenen Flatrate- und Pauschaltarifen und offensiv beworbenen Aktionsangeboten.
Kommentare
Michael Hambsch 19. Juli 2020 um 12:18
Das kann man ja mal fordern. Tatsache ist aber, dass viele eBooks ohne Preisaktionen gar nicht sichtbar werden würden.