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Top-Autorin Gillian Flynn über die Kunst, Thriller zu verfilmen

Am 6. Dezember startet das neue Projekt der Bestsellerautorin Gillian Flynn in den deutschen Kinos – der starbesetzte Thriller „Widows – Tödliche Witwen“. Als Drehbuchautorin arbeitete sie dieses Mal mit dem Regisseur und Oscar-Preisträger Steve McQueen zusammen. Mit lesen.net sprach Flynn über den Film, ihre Arbeit als Autorin und natürlich über eBooks.

Als Drehbuchautorin wirkte Gillian Flynn bereits bei den Verfilmungen ihrer eigenen Bücher mit und schrieb unter anderem das Drehbuch ihres erfolgreichen Thrillers „Gone Girl“. Nun wagte sich die Autorin an ein neues Projekt, das ursprünglich nicht aus ihrer eigenen Feder stammt. „Widows – Tödliche Witwen“ ist ein Film, der seine Ursprungsidee bereits in den 80ern hatte. Basierend auf einer Serie aus dieser Zeit stellt der Film die Frauenfiguren in den Mittelpunkt – auch heutzutage noch eine Seltenheit in Hollywood.

„Widows – Tödliche Witwen“ – ein relevanter Film in mehrfacher Hinsicht

Widows (Filmplakat)

Nach dem Tod ihrer kriminellen Männer müssen vier Frauen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Da die Männer sie mit immensen Schulden hinterließen, beschließen die Frauen, einen eigenen Raubüberfall zu planen – allen voran Veronica, brillant gespielt von Viola Davis. Dabei zeigen die Frauen nicht nur, wie stark Weiblichkeit sein kann, sondern auch, dass Frau sein divers ist. „Für mich war es wirklich sehr spannend, vier Frauen auf den Bildschirm zu bringen, die nicht unbedingt immer sympathisch sind und nicht immer die richtigen Entscheidungen treffen, die verschiedene Hintergründe und Hautfarben haben“, erklärt Flynn. Ihr Anliegen sei es, die Charaktere realistisch darzustellen.

Damit greift der Film ein aktuelles Thema auf. In Zeiten einer neu entflammten Feminismus- und Rassismus-Debatte hat der Film einige Relevanz. Denn neben einem starken Frauenbild thematisiert er auch Rassismus und Korruption. „Der Film gab uns die Möglichkeit, größere Probleme anzusprechen, um über Rassismus, Wirtschaft, Korruption und die Rolle von Mann und Frau in den heutigen Großstädten zu sprechen und zu zeigen, wie all das aussieht.“

Diese Themen in einem Thriller zu verarbeiten, war dabei keine zufällige Entscheidung. „Das Tolle an diesem Genre ist, dass man es nutzen kann, um unglaublich interessante Aussagen über all das, was in der Welt vor sich geht, zu treffen – egal, ob es um Politik, die Rolle von Mann und Frau oder die Umwelt geht.“ Mit Thrillern könne man die Leute erreichen. Das ist sowohl bei Büchern als auch bei Filmen der Fall.

Die Arbeit an einem Drehbuch unterscheidet sich für Flynn jedoch erheblich von der Arbeit an einem Roman. „Der Rhythmus ist einfach anders. Du erzählst deine Geschichte auf eine andere Weise. Wenn du einen Roman schreibst, machst du eine genaue Analyse. Du kannst die innersten Gedanken deiner Figur nachvollziehen. Bei einem Drehbuch hat man diese Möglichkeit nicht. Du musst herausfinden, wie du die Handlungen der Figur für den Zuschauer nachvollziehbar machst und wie sie sich auf eine interessante Weise offenbaren, ohne dass die Figur das, was sie denkt, ausspricht.“

An dem Drehbuch für „Widows“ arbeitete Flynn gemeinsam mit dem Regisseur Steve McQueen, der bereits für seinen Film „12 Years a Slave“ einen Oscar gewann. Flynn zufolge, konnten sich die beiden in ihrer Arbeit gut ergänzen. „Ich bin sehr gut mit Dialogen, er ist offensichtlich besonders gut mit visuellen Ideen und hat einen Hintergrund als Künstler. Wir haben außerdem eine Menge Spaß zusammen.“

Autoren kämpfen um Leser und eine faire Bezahlung

Flynn selbst sieht sich jedoch eher als Romanautorin. Obwohl die Leserschaft von Jahr zu Jahr zurückgeht, ist dies nach wie vor für viele ein Traumberuf. Immer mehr Indie-Autoren versuchen sich auf dem Markt und die Konkurrenz ist groß. Der Beruf des Autors scheint unsicherer denn je zu sein. Flynn würde dennoch niemandem davon abraten, eine Karriere als Autor einzuschlagen. „Ich kann nachvollziehen, dass es ein schwieriger Beruf ist, aber das war es schon immer. Es gibt gute und schlechte Zeiten, aber ich glaube daran, dass die Menschen immer lesen werden. Das tue ich einfach.“

Dazu kommt, dass immer mehr Menschen zu eBooks greifen. Auch Flynn selbst hat auf Reisen einen eBook Reader dabei, obwohl sie vorwiegend gedruckte Bücher liest. eBooks sind aus dem Buchmarkt nicht mehr wegzudenken, dennoch gibt es eine anhaltende Diskussion über die Vor- und Nachteile dieser Art des Lesens – für die Leser und auch für die Autoren. Flynn weist darauf hin, dass sich diese noch immer um eine faire Bezahlung bemühen. Sie selbst habe kein Problem damit, wie die Menschen ihre Bücher lesen. Man müsse allerdings einen Weg finden, die Autoren gerecht zu bezahlen. Nur so haben sie die Möglichkeit, weiter zu schreiben. Und das ist wichtig, denn: „Das Schreiben lässt einen lebendig sein.“

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