Sich schon am Anfang über Romane auszulassen würde zu weit führen, also will ich Ihnen zuerst einmal etwas über Schriftsteller erzählen. Das ist konkreter, und ich glaube, es ist einfacher, sich dem Thema auf diese Weise zu nähern.
Aus meiner Sicht lässt sich von den meisten, wenn auch natürlich nicht von allen Schriftstellern kaum behaupten, sie verfügten über ein ausgeglichenes Wesen und eine gerechte Weltsicht. Nicht wenige von ihnen haben überdies einen sehr eigenen Charakter, der schwerlich als Gegenstand der Bewunderung geeignet scheint, und legen zudem seltsame Lebensgewohnheiten und Verhaltensweisen an den Tag. Die meisten Schriftsteller (ich schätze mal, 92 Prozent, einschließlich meiner) glauben, ob sie das nun offen aussprechen oder nicht, das, was sie tun und schreiben, sei das einzig Wahre, und von einigen Ausnahmen abgesehen, seien alle anderen Schriftsteller mehr oder weniger auf dem Holzweg, weshalb sie sich auch entsprechend verhalten. So ist wohl die Zahl derer, die sich solche Personen als Freunde oder Nachbarn wünschen, vorsichtig ausgedrückt, eher gering.
Mitunter hört man, dass manche Schriftstellerkollegen eine herzliche Freundschaft verbinde, aber solche Geschichten sind mit Vorsicht zu genießen. So etwas mag es geben oder nicht, aber es ist zweifelhaft, ob eine enge Beziehung in solchen Fällen wirklich von Dauer sein kann. Schriftsteller gehören prinzipiell einem egoistischen Menschenschlag an, und die meisten sind sehr stolz und haben ein starkes Konkurrenzbewusstsein. Begegnungen scheitern weitaus häufiger, als dass sie harmonisch verlaufen. Ich habe das selbst oft genug erlebt.
Aus Von Beruf Schriftsteller