Nebenan rief jemand meinen Namen. »Linda!«
Ich hob den Kopf und machte einen langen Hals. Im Nachbargarten hob ein dunkelhaariger Mann kopfschüttelnd einen Roller auf und lehnte ihn an die Hauswand.
»Meint der mich?«, fragte ich amüsiert.
»Bist du elf und hast Zöpfe?« Michaela grinste. »Seine kleine Tochter heißt auch Linda.«
Sie griff zu einem Glas Weißwein, das wir uns an diesem frühsommerlichen Spätnachmittag gönnten, und prostete mir zu. »Heißt du eigentlich wirklich Linda, oder ist das eine Abkürzung von Sieglinde, Gerlinde oder etwas noch Schrecklicherem?«
»Ich heiße wirklich Linda«, bemerkte ich nicht ohne Stolz. »Wenn meine Eltern auch sonst viel verkehrt gemacht haben!«
»Der passt auch echt zu dir.« Michaela sah mich anerkennend an. »Strahlend und blond, und die Kurven da, wo sie hingehören … Linda heißt ja ›die Schöne‹, oder nicht?«
»Ach komm, hör auf, dich über mich lustig zu machen!« Ich schaute verlegen zu Boden und ließ meine große Zehe mit der knallroten Sandalette spielen, die mir vom Fuß gerutscht war.
»Ich hab zehn Kilo zu viel auf den Rippen, mein Blond ist nicht echt, und strahlen tu ich nur, weil es bei dir saugemütlich ist und wir endlich mal in Ruhe quatschen können.«
Das taten wir.
Aus Die Frau, die zu sehr liebte