10. APRIL 2009
MARTINE STOVER
Am dunkelsten ist es immer vor der Morgendämmerung.
Dieser gut abgehangene Spruch kam Rob Martin in den Sinn, als der Rettungswagen, den er lenkte, langsam die Upper Marlborough Street entlang in Richtung Heimat rollte, das heißt zur Feuerwache Nr. 3. Wem auch immer das eingefallen war, er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Heute Morgen war es jedenfalls dunkler als in einem Bärenarsch, obwohl die Dämmerung nicht mehr lange auf sich warten lassen würde.
Nicht dass dieser Tagesanbruch etwas Besonderes darstellen würde, wenn er endlich in Fahrt kam; er hatte sozusagen einen Kater. Der Nebel war dicht und roch nach dem nahen Großen See, der nicht so großartig war. Zu allem Überfluss hatte es auch noch zu nieseln begonnen, feine, kalte Tropfen. Rob drehte die Scheibenwischer von Intervall auf langsam. In nicht allzu weiter Entfernung erhoben sich zwei unverkennbare gelbe Bogen aus der trüben Suppe.
»Die Goldenen Titten von Amerika!«, rief Jason Rapsis, der auf dem Beifahrersitz saß. In seinen über fünfzehn Jahren als Rettungssanitäter hatte Rob mit allerhand Kollegen zusammengearbeitet, und Jace Rapsis war der beste – locker, wenn gerade nichts los war, unerschütterlich und vollkommen konzentriert, wenn es drunter und drüber ging. »Auf zur Futterkrippe! Gott segne den Kapitalismus! Bieg ab, bieg ab!«
»Im Ernst?«, sagte Rob. »Nachdem uns eben plastisch vorgeführt wurde, was der Scheiß anrichten kann?«
Sie kehrten gerade von einem Einsatz in einer der Villen in Sugar Heights zurück, wo ein Mann namens Harvey Galen den Notruf gewählt und über furchtbare Schmerzen in der Brust geklagt hatte. Die beiden hatten ihn im Salon, wie reiche Leute zweifellos sagten, auf einem Sofa liegend vorgefunden wie einen gestrandeten Wal in einem blauen Seidenpyjama. Seine Gattin war ihm nicht von der Seite gewichen, überzeugt, er würde jeden Moment das Zeitliche segnen.
Aus Mind Control