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Amazon DTP im Praxistest

Amazon-Kindle-2-01.jpgThomas Knip ist mit seinem Verlag story2go momentan größter Publisher deutschsprachiger Literatur im Kindle Store – 26 digitale Bücher vorwiegend aus dem Science Ficiton Genre sind bereits online. Auf lesen.net schildert Thomas seine ersten Erfahrungen mit dem vergangene Woche auch für Deutsche und Franzosen freigeschalteten Publishing-Tool "Digital Text Platform". Vielen Dank!

Amazon.com hat am letzten Freitag seinen Kindle Store auch deutschen und französischen Verlagen geöffnet. Ich bin sowohl privat Besitzer eines Kindle 2 als auch mit story2go.de Inhaber eines der wenigen reinen eBook-Verlage in Deutschland, von daher habe ich seit der Einführung des Kindle International im letzten Oktober mit großem Interesse auf diesen Schritt gewartet.

Anmeldung

Amazon bietet für Verlage und Autoren mit seiner "Digital Text Platform" (DTP) einen eigenen Online-Zugang für interessierte Verlage und Autoren.
Wer bereits Amazon-Kunde ist, kann sich hier mit seinen Daten anmelden, mit denen er auch bei Amazon einkauft. Ich empfehle aber, ein weiteres Konto aufzumachen, um so private Einkäufe und die Korrespondenz über DTP voneinander getrennt zu halten. Das geht genauso schnell wie bei einer herkömmlichen Amazon-Anmeldung.

Eintragen der persönlichen Daten + Auszahlung von Honoraren

Dieser Schritt sollte selbsterklärend sein. Sobald man als Herkunftsland Deutschland auswählt, muss man auch keine US-amerikanische Steuernummer mehr eintragen. Gleichzeitig steht einem als Auszahlungsvariante auch nur noch Schecks zur Verfügung. Amazon nimmt für alle internationalen Partnern die Auszahlung der Provision per Scheck vor. Dies wird ab einem Honorar von 100 US$ mit einem Zahlungsziel von 60 Tagen ausgezahlt.

Löst man einen Scheck ein, sollte man mit Gebühren rechnen, also sind auch diese 100 Dollar noch keinesfalls ein Nettogewinn. Ebenso wird das Finanzamt seine 19% auf verkaufte eBooks davon haben wollen, schließlich löst man den Scheck im Heimatland ein, und damit ist diese Einnahme umsatzsteuerpflichtig.

Die Nutzung dieser Plattform ist völlig kostenlos. Dafür lässt sich Amazon seine Vermittlertätigkeit mit stolzen 65% berechnen, d.h. für den Verlag oder Autor bleiben noch 35%. Für viele Autoren eine traumhaft hohe Marge, denn der pronzentuale Anteil bei Taschenbuchverkäufen liegt in Deutschland zwischen 8 und 12%. Für Verleger eine etwas heftige Pille, denn damit liegt Amazon deutlich über der Norm deutscher (Online-)Grossisten. Ob sich der Aufwand lohnt, muss also jeder Verlag für sich selbst entscheiden. Bei ausreichend hohen Verkaufszahlen rechnet sich diese etwas dünne Beteiligung erst langfristig.

Anlegen eines eBooks

dtpDas Anlegen eines neuen eBooks und das Überarbeiten eingetragener Titel erfolgt über dieselbe Maske. Sie unterteilt sich in vier Abschnitte. Erst wenn alle vier ausreichend ausgefüllt sind, wird der Button zum Veröffentlichen freigeschaltet.

  1. Produktinformationen Hier werden Titel, Beschreibung, Autor, Verlag, ISBN (nicht zwingend), Sprache und Veröffentlichunsgdatum eingetragen. Zusätzlich kann man hier Stichworte/Tags vergeben, muss die Kategorie(n) festlegen, in denen das eBook angezeigt werden soll. Als letzte Schritte kann man hier das Cover hochladen und selbst festlegen, ob man diesen Titel mit oder ohne DRM anbieten möchte.
  2. Nutzungsrechte Es gibt einen Button für weltweite Rechte und einen, mit dem sich ein Untermenü für die Länder öffnet, in denen man Rechte zur Veröffentlichung hat.
  3. Datei hochladen und Vorschau Amazon selbst empfiehlt als Vorlage DOC, HTML oder PRC. PRC müssen ohne DRM und wenn möglich ohne Komprimierung sein. Ich konnte meine Dateien mit Standard-Komprimierung aber ohne Probleme hochladen. Ist die datei hochgeladen, kann man sich eine Vorschau ansehen, die wirklich nicht mehr bietet als einen groben Ersteindruck.
  4. Verkaufspreis festlegen Hier wird der Preis eingetragen, zu dem man das eBook anbieten möchte.

Sind alle Daten vollständig (das wird oben in einer Zeile durch grüne Häckchen anzeigt), klickt man auf "Publish", und der Titel befindet sich "under review". Man kann auch nur Teilbereiche ausfüllen und diese mit "save entries" abspeichern. Dann kann das angelegte eBook als "Draft" bis zur endgültigen Bearbeitung ständig erneut bearbeitet werden.

Standardgemäß gibt Amazon für diese Durchsicht 48-72 Stunden Wartezeit an. Bei meinen bisher 26 eBooks lag diese Zeit zwischen 6 und 36 Stunden. Danach erscheint der Titel als "live" mit einem entsprechenden Link, über den man direkt in den Kindle Store kommt.

Worauf gilt es zu achten?

Für so gut wie alle Änderungen muss man das eBook danach wieder erneut mit "publish" freigeben und durch die Review schicken. In dieser Zeit ist der Titel online nicht (mehr) erhältlich, also sollte man Änderungen so selten wie möglich vornehmen und vor dem erstmaligen Absenden lieber noch einmal alle vier Bereiche durchgehen.
Die Eingabemaske "zickt" manchmal etwas herum. So passiert es häufiger, dass Amazon die PRC-Datei nicht akzeptiert. Manchmal hat es aber auch genügt, kurz zum Preis zu wechseln, damit die Datei als hochgeladen angezeigt wurde.

Auch beim Hochladen des Covers hängt sich die Eingabemaske gerne auf -das führt aber nicht so weit, dass der Browser nicht mehr reagiert. Schlimmstenfalls muss das aktuelle eBook neu angelegt werden. Aber zeitgemäß hat Amazon die DTP ja auch mit "beta" versehen. Klappentexte werden oftmals deutlich später online gestellt als das eBook selbst. Hier heißt es, ein bis zwei Tage Geduld mitzubringen.

Der Verkaufspreis

Der Verkaufspreis, den man selbst festlegt, gilt nur für US-Kunden (vorausgesetzt, man hat überhaupt Nutzungsrechte für die USA). Für alle internationalen Kunden schlägt Amazon noch VAT (also Mehrwertsteuer) und die Übermittlungsgebühr von 2 US$ drauf. An wen Amazon welche VAT in welcher Höhe abführt, ist für mich nicht ersichtlich. Ebenso wird die Gebühr fällig, unabhängig davon, ob man als internationaler Kunde die Datei auf seinen Kindle, sein iPhone oder den heimischen PC lädt. Und gerade hier wirkt diese Gebühr doch sehr fragwürdig. Denn schließlich fallen über den PC keine Roaming-Gebühren an.

Das heißt, ein deutscher Kunde zahlt für das deutsche eBook eines deutschen Verlags bei Amazon grundsätzlich etwas über zwei Euro mehr, als wenn er es in Deutschland kaufen würde. Wie Amazon damit langfristig internationale Leser gewinnen will, ist mir schleierhaft.

Kunden, die nur bei Amazon einkaufen und sich den Luxus gönnen wollen, auch unterwegs mal eben ein eBook laden zu können, lassen sich von diesem Bepreisungsmodell vielleicht nicht abschrecken. Für jeden, der einen Computer und ein USB-Kabel hat, stellt sich aber ernsthaft die Frage, wie viel Sinn ein Einkauf bei Amazon momentan macht.

Support

Amazon bietet angeschlossenen Verlagen und Autoren ein eigenes Forum. Dieses ist rege besucht, nur offenkundig selten vom Amazon-Support. So bleiben viele offene Fragen lange Zeit unbeantwortet, viele davon mit wichtigen Punkten zu Vertraglichem, Abrechnungen und Auszahlungen. Da der direkte Support per Mail nicht sehr viel besser zu sein scheint, helfen sich die Mitglieder untereinander selbst weiter. Ein Unding, da Amazon mit diesem Klientel einige Umsätze generiert und die "Zulieferer" seines Kindle Stores trotzdem ab und an etwas im Regen steht lässt.

Fazit

Ich sehe den Möglichkeiten mit gemischten und abwartenden Gefühlen entgegen. Und das als reiner eBook-Verleger, der über jede neuen Plattform froh ist. Doch gerade was die Preispolitik angeht, bin ich sehr skeptisch in Bezug auf die Verkaufszahlen. Es ist ein erster richtiger Schritt; aber einer, der noch deutlich verbesserunsgwürdig ist. Wer DTP jetzt als deutscher Rechteinhaber nutzt, sollte besser ein gesundes Durchhaltevermögen und eine gewisse Leidensbereitschaft mitbringen.

/Thomas Knip, Inhaber story2go.de

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Kommentare


Jazznrhythm 19. Januar 2010 um 14:59

Merci, das war aus verschiedenen Gründen sehr interessant.

Antworten

Horst 20. Januar 2010 um 12:37

Dank für den Beitrag. Ich habe am Wochenende mein Buch formatiert (HTML) und hochgeladen. Bisher kam eine Rückfrage von Amazon, ob ich den tatsächlich die Rechte habe. Seitdem warte ich wieder.

Die 35% sind schon sehr mager. Wenn ich es als PDF verkaufe habe ich 100%.

Antworten

Jazznrhythm 20. Januar 2010 um 15:40

@Horst,
35% sind nur dann wenig, wenn man den eigenen Vertrieb, die eigene Webseite und die eigenen Leistung beim Marketing etc. nicht von den 100% abzieht.

Verlage zahlen wesentlich weniger. Und Selbstverlage erreichen nicht diese Publikumsgröße, die Amazon in der Regel erreicht.

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netseeker 23. Januar 2010 um 18:58

In den USA hat Amazon die Marge für bestimmte eBooks (Afaik Preisbereich zwischen $2.99 und $9.99, keine gemeinfreien Klassiker) auf 75% hochgesetzt. Wenn das auch hier irgendwann kommt, dann ist das eine klare Kampfansage. Wie Jazznrhythm schon schrieb, ist Amazon selbst mit der 35%-Marge für unabhängige (eBook-)Autoren breits jetzt interessant, weil man sonst nicht eine derart große Masse an Interessenten/innen erreichen kann.

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