boerse.bz scheintot: Hütchentrick mit Folgen
Vergangene Woche ging das Warez-Forum boerse.bz vom Netz, angeblich infolge der bundesweiten Hausdurchsuchungen bei Uploadern. Tatsächlich gab es auf der Seite schon lange zuvor keine illegalen Inhalte mehr, Nutzer und Downloads sind längst auf einer anderen Plattform. Einen Effekt hat die Abschaltung trotzdem.
Seit vergangenem Dienstag findet sich unter boerse.bz statt einem weitverzweigten Forum mit 2,4 Millionen Mitgliedern nur noch eine einzelne weiße Seite. Dort heißt es: "Aufgrund der aktuellen Vorfälle haben wir uns entschlossen das Forum zu schließen." Mit den "aktuellen Vorfällen" sind die vor zwei Wochen durchgeführten mehr als 120 Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit boerse.bz und boerse.to gemeint.
"Wir freuen uns über das Verschwinden von boerse.bz", kommentierte das der Geschäftsführer der GVU (Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen), mit der auch der Börsenverein zusammenarbeitet. In der zum scheinbaren Ende der "Börse" verschickten Pressemitteilung heißt es weiter, "Mit ihrem Verhalten folgen ihre Betreiber [von boerse.bz] den Regeln allgemeiner 'Verbrecherlogik': Wenn die Einschläge näher kommen, weichen sie dem steigenden Verfolgungsdruck aus, indem sie versuchen, abzutauchen."
boerse.bz zuletzt nur noch Hülle
Tatsächlich war die "Börse" seit vielen Monaten nur noch eine leere Hülle. Mitte Juli sperrten die Betreiber Deutsche aus, die einen Großteil der damals geschätzten 7 Millionen monatlichen Besuchern ausmachten – um verkauften zeitgleich VPN-Zugänge, mit denen man diese Sperre umgehen kann. Nur zwei Wochen später kam es dann zum scheinbaren Bruch, als sich das komplette Team – 40 hochaktive Moderatoren – mit Verweis auf eine "nicht akzeptable" Kommunikation mit dem Betreiber verabschiedete.
Razzia willkommener Anlass für Abschaltung
Drei Wochen später tauchte die Crew wieder auf: unter neuer URL (boerse.to), aber mit der kompletten Datenbank inklusive der 2,4 Millionen Mitgliederdaten. Das neue alte Forum wurde prominent auf boerse.bz beworben, gleichzeitig gingen auf der alten Seite die Lichter aus. Zuletzt – wohlgemerkt einige Wochen vor der bundesweiten Razzia – wurde bei den Download-Foren vollends der Stecker gezogen, in ihren letzten Tagen war boerse.bz de facto legal. Die öffentlichkeitswirksame Strafverfolgung bot den alten (und möglicherweise neuen) Betreibern jetzt einen willkommenen Anlass, um boerse.bz ganz vom Netz zu nehmen.
Das ganze Szenario erinnert an die Film-Streaming-Seite kino.to, das kurze Zeit nach der Abschaltung als kinox.to im gleichen Look wieder auftauchte. Während hier aber wohl tatsächlich die Drahtzieher gefasst wurden, veränderte sich bei boerse.bz nicht viel mehr als die URL. Die Uploader, bei denen Hausdurchsuchungen durchgeführt wurden, sind nur kleine Räder im Getriebe der eBook-Warez-Industrie. Wenn sie die Strafverfolger nicht zu ihren Hintermännern führen (können), tendiert der effektive Impact der gesamten Aktion gegen Null.
Abschreckung durch Presseberichte
Das werden Polizei und GVU aber mit Sicherheit nicht an die große Glocke hängen, denn eine Wirkung hat die Presseberichterstattung der letzten zwei Wochen zweifelsohne. So berichtete Spiegel Online, zahlreiche Nutzer illegaler Download-Seiten seien durch die Razzia stark verunsichert worden und würden um Account-Löschungen bitten.
Obwohl es erfahrungsgemäß reinen Downloadern nicht an den Kragen geht, könnte hier doch langsam ein Umdenken und ein Schwenk zu legalen Alternativen stattfinden. Mit einem Entzug der Nutzerbasis durch die Bereitstellung attraktiver legaler Angebote könnte man den Betreibern illegaler Download-Seiten zweifelsohne am meisten schaden. Mit Netflix & Co. im Filmbereich und etwa Spotify bei Musik wurde hier in den letzten Jahren mit Streaming-Angeboten schon ein Grundstein gelegt, der allerdings contentseitig auf wackligem Fundament steht. Bei eBooks steht die Entwicklung hier noch ganz am Anfang – Kindle Unlimited ist gerade sechs Wochen alt, und auch beim hiesigen Marktführer Skoobe (30 Tage kostenlos testen) gibt es im Sortiment noch Luft nach oben.
<Bildnachweis: Hütchenspiel von Shutterstock>
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