Buchreport: eBook-Preise flexibler gestalten
Am Ende eines ereignisreichen Jahres 2009 haben eBooks in Deutschland – anders als etwa in den USA oder in Osteuropa – immer noch nicht den ganz großen Durchbruch geschafft. Seit dem Verkaufsstart vom Sony Reader PRS-505 zur Leipziger Buchmesse im März ist zwar das Angebot digitaler Literatur gerade bei Belletristik spürbar gewachsen. Trotz kleinerer (und größerer) Erfolgsmeldungen üben sich Kunden bei Unterhaltungsliteratur aber noch weitgehend in Kaufzurückhaltung, was nicht zuletzt an der starren Preispolitik liegt.
In der Regel dominiert in den Verlagshäusern nach wie vor die Ansicht, eBooks müssten auf einem Niveau mit der günstigsten Print-Ausgabe liegen. Bei Neuerscheinungen orientiert sich der Preis entsprechend am Hardcover-Titel, was etwa beim neuen Stephen King einen eBook-Preis von 25 Euro bedeutet – Schnäppchen sehen anders aus.
Die Kollegen vom Buchreport (Spiegel-Gruppe) gehen in einem lesenswerten Artikel der Frage auf den Grund, wie eBooks für die Kundschaft attraktiver gemacht werden können – eine naheliegende, aber kaum anzutreffende Herangehensweise; in aller Regel wird das Thema nur aus Kosten-/Nutzensicht der Verlagswelt beleuchtet, entsprechend bleibt die Kundenorientierung auf der Strecke.
"Für die Leser muss daher der Nutzen, nicht die Kosten der E-Books in den Mittelpunkt gestellt werden. (…) Nötig ist dafür der Fokus auf den Kunden", heißt es – variable Preise (in Abgrenzung zu Amazons Einheitspreis) seien gerechtfertigt und würden auch von der Kundschaft angenommen, wenn der Gegenwert stimmt und auch entsprechend vermittelt wird. Vorzüge wie eine Volltextsuche, ein Glossar und die allgemein bessere Portabilität könnten sich auch an der Kasse bemerkbar machen.
Die gegenwärtig praktizierte preisliche Verknüpfung mit Print-Ausgaben sei unsinnig, heißt es weiter. Statt dessen müsse die Verlagsbranche mit der Zeit gehen und alternative Vertriebsmodelle wie Abos (gibt es bereits im Fachbuchbereich), Buchclubs und kapitel- bzw. seitenweise Verkäufe ins Auge fassen.
Um die Verbreitung von elektronischen Lesegeräten (als Voraussetzung für ein erfolgreiches Geschäft mit Inhalten) zu forcieren, wird die subventionierte Abgabe von Lesengeräten durch die Verlage vorgeschlagen. Das ist ein eher selten gelesener Ansatz – Subventionen werden eher von Mobilfunkunternehmen erwartet -, hat aber auch abseits der Zeitungshäuser durchaus seine Berechtigung. Großverlage wie Random House verfügen über ein so breites und umfangreiches Programm, dass hier auch ein "Verlagsabo" nebst vergünstigtem oder sogar für die Dauer der Vertragslaufzeit kostenlos bereitgestellten eBook Reader eine Option wäre. In noch größerem Maße gilt das natürlich für Plattformen wie das Verbandsprojekt Libreka, wo dedizierte Lesegeräte bislang nur zur unverbindlichen Preisempfehlung verkauft werden.
Nicht vom Buchreport angeschnitten wird das Thema DRM – dabei könnte über diesen Hebel die Attraktivität digitaler Bücher ganz ohne Mehrkosten für die Verlage (im Gegenteil entfallen Lizenzkosten an Adobe) gesteigert werden. Die Angst vor unkontrollierter Verbreitung ist hier in den meisten Verlagshäusern aber noch übermächtig, obwohl eine Studie jüngst sogar absatzsteigernde Effekte durch Piracy aufzeigte.
Die Distributions- und Preispolitik der Verlagshäuser für eBooks wird auf jeden Fall eine entscheidene Rolle bei der Frage spielen, ob sich digitale Literatur in 2010 in Deutschland endgültig etablieren wird – und wer dabei verdient. Auch ein florierender illegaler Austausch von Inhalten hat seine wirtschaftlichen Nutznießer; vom Boom der Musiktauschbörse Napster und ähnlicher Angebote beispielsweise profitierten in großem Umfang Breitband-Provider und Hardwarehersteller (Stichwort iPod). Die Buchverlage wären gut beraten, aus den Fehlern der Plattenindustrie zu lernen und nicht andere das Geschäft mit ihren Inhalten machen zu lassen – etwa Schrotthändler.
Kommentare
EU-weite Petition für verminderte MwSt auf eBooks » Debatte » lesen.net 4. Januar 2010 um 14:49
[…] wird sicherlich nicht in allen hiesigen Verlagshäusern mit Begeisterung gelesen – zum Pricing von eBooks gibt es seit Monaten eine kontroverse Debatte, gegenwärtig bewegen sich eBooks zumeist auf Höhe […]
Bert 6. Januar 2010 um 20:07
Ein Tropfen auf den heißen Stein! Ein Papierbuch kann ich: verschenken, vertauschen, weiterverkaufen, unter mein kippelndes Sofa legen, meine Wand damit Tapezieren und wenn’s kalt wird notfalls auch verfeuern. Das preislich mit digitalen Einsen und Nullen gleichzusetzen ist einfach vom anderen Stern. E-books haben ihre Berechtigung als "Buch-Erweiterung" und sicher auch spezifische Vorteile wie Volltextsuche und Anmerkungen/Bookmarks, bieten aber erheblich weniger Einsatzmöglichkeiten als ein physisches Gut und sind damit IMHO auch im Wert _deutlich_ darunter anzusetzen.