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eBook-Leihe: Deutsche Bibliotheken in Europa Spitze

Der Verleih von eBooks ist bei öffentlichen Bibliotheken in ganz Europa (und darüber hinaus) ein großes Thema. Mit der schon 2007 ans Netz gegangenen gemeinsamen Plattform Onleihe waren deutsche Bibliotheken vergleichsweise früh dran und können mit einem besonders breiten Sortiment punkten. Hier, aber auch bei der Nutzbarkeit gibt es gleichwohl noch viel Potenzial.

Durchschnittliche monatliche Entleihen

Durchschnittliche monatliche Entleihen

Eine vom Beratungshaus Civic Agenda in Zusammenarbeit mit den Bibliotheksverbänden von Belgien und den Niederlanden durchgeführte Studie, deren Ergebnisse jetzt publiziert wurden, zieht erstmalig ein europaweites Resumé zum noch jungen Thema "eBook-Leihe". Nach Leihvorgängen wie auch nach dem Angebot hat Deutschland im europäischen Vergleich die Nase vorn: 650.000 eBooks würden monatlich verliehen, mehr als zweieinhalb mal so viele wie in den zweitplatzierenden Niederlanden.

Überraschend ist die herausragende Position Deutschlands nicht, bedenkt man den zeitlichen Vorsprung, den die deutsche Onleihe gegenüber vergleichbaren Plattformen anderer europäischer Länder vorweisen kann. So können hierzulande immerhin seit 2007 eBooks ausgeliehen werden, die meisten Nachbarländer entwickelten ähnliche Systeme erst in den letzten drei Jahren. Insgesamt steckt die öffentliche eBook-Leihe in Europa noch klar in den Kinderschuhen, der deutsche Markt hat hier "nur" einen kleinen Entwicklungsvorsprung.

In Deutschland gibt es die meisten Titel

Mit insgesamt 160.000 verfügbaren Titeln hat die deutsche Onleihe das breiteste Sortiment, wobei die norwegische Nationalbibliothek hier gleichauf liegt. Führende US-amerikanische öffentliche Bibliotheken wie das MA EBook Project kommen auf ähnliche Werte.

Die Zahl der verfügbaren Titel in den Niederlanden bleibt mit 7000 zwar weit dahinter zurück. Bedenkt man jedoch, dass die Niederländische Digitale Bibliothek ihre nationale Ausleih-Plattform erst seit 2014 betreibt und sich dafür die Unterstützung führenden Verlage gesichert hat, scheint eine weitere rasante Entwicklung vorprogrammiert.

Kooperation der Verlage lässt meist zu wünschen übrig

Überhaupt scheint der Kernpunkt für eine erfolgreiche Online-Ausleihe in der vorhandenen oder mangelnden Unterstützung der Herausgeber zu liegen. Einige europäische Länder können in dieser Hinsicht Positives vermelden, besonders im Norden (Norwegen und Finnland) kann man sich über kooperative Verleger freuen. Dem gegenüber stellen sich in Deutschland, Däenmark und Spanien noch einige Verlagshäuser quer. Besonders schlecht sieht es in Großbritannien und Wales aus, bilanziert die Studie. Dort sträuben sich viele Verlage, und jedes Haus legt andere Geschäftsbedingungen auf den Tisch. Diese Unstimmigkeiten schlagen sich in der Anzahl der ausleihbaren Titel nieder. Zwar liegt das Projekt e-Books for Wales mit 12.000 Titeln im guten Mittelfeld, jedoch umfasst die Bibliothek damit gerade mal ein Prozent aller in englischer Sprache erschienenen eBooks, wird in der Studie mokiert.

verfügbarkeitAuch was diesen Prozentsatz angeht. liegt Deutschland vorn. Immerhin 80 Prozent der auf deutsch publizierten eBooks, "die kommerziell erhältlich sind" (heißt vermutlich: über eine ISBN verfügen), können per Onleihe angefordert werden, besagt die Studie.

Auf den gleichen Wert schafft es nur Slowenien. Dieser Prozentsatz ist jedoch wenig aussagekräftig, da die Anzahl von eBook-Titeln verschiedener Sprachen stark differiert. So stehen hier 800 slowenischen eBooks rund 1,7 Millionen auf Englisch publizierte Titel gegenüber.

Form von Ausleihe und Lizenzerwerb variiert

Nicht nur die Zahlen, sondern auch die Arten der Leihvorgänge unterscheiden sich. Generell wird zwischen Bezahlung per Ausleihe und sogenannten Einzelnutzer-Lizenzen unterschieden, wobei die deutsche Plattform eine Hybridform verwendet. Während die Einzelnutzer-Lizenzen der klassischen Handhabe einer Bibliothek entsprechen – wenn ein Buch geliehen ist, muss ich warten bis es zurück kommt – ermöglicht die Zahlung per Ausleihe beispielsweise in Dänemark und den Niederlanden das simultanen Verleihen eines eBooks an mehrere Leser analog zu kommerziellen Anbietern wie Skoobe und Kindle Unlimited.

Dies hat für den Leser den Vorteil, dass er wie gewohnt unmittelbar auf die gewünschten digitalen Inhalte zugreifen kann. Der Bibliothek ist es im Gegenzug möglich flexibler auf die Wünsche der Verbraucher einzugehen, anstatt teure Lizenzen zu erwerben für eBooks, die eventuell gar nicht gelesen werden.

Verleger Zünglein an der Waage

Alles in allem erfreuen sich die eBook-Leihmodelle nahezu flächendeckend einer großen Beliebtheit. Bei der Sortimentsbreite wie auch beim Nutzungskomfort gibt es aber noch viel Luft nach oben. Kurz- und mittelfristig ist sicherlich auch die Frage, wie sich öffentliche und kommerzielle Leih-Modelle zueinander entwickeln. Gerade in Deutschland gibt es hier eine recht verzwickte Situation: Der führende kommerzielle Anbieter Skoobe hat mit Holtzbrinck und Random House zwei große Verlagshäuser als Gesellschafter, die mit einer freiwilligen stärkeren Beteiligung an der Onleihe ihr eigenes Projekt schwächen würden.

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Kommentare


E-Book-Leihe: Ländervergleich | Nachrichten für öffentliche Bibliotheken in NRW 17. Februar 2015 um 10:27

[…] Quelle: https://www.lesen.net/diskurse/ebook-leihe-deutsche-bibliotheken-in-europa-spitze-18056/ […]

Antworten

Studie! Deutsche Bibliotheken bei eBook-Leihe in Europa führend! | OnleiheVerbundHessen 15. März 2015 um 09:58

[…] Eine in Zusammenarbeit mit belgischen und niederländischen Bibliotheksverbänden durchgeführte Studie zieht eine erste Bilanz der eBook-Leihe in Europa. Nicht nur auf Grund des  zeitlichen Vorsprung nimmt Deutschland mit ihrer Plattform Onleihe einen führenden Platz ein. Durch die vergleichsweise gute kooperative Zusammenarbeit mit den Verlagen können die deutschen Bibliotheken ihren Nutzern zudem eine hohe Anzahl an Titeln zur Verfügung stellen. Mehr zur Studie. […]

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eBook-Verleih in Bibliotheken: “Die Linke” fordert Änderung des Urheberrechts » lesen.net 23. April 2015 um 15:39

[…] Das hat zur Folge, dass das Angebot an digitalen Büchern in deutschen Bibliotheken, trotz europäischer Spitzenposition, immer noch eher spärlich aussieht – zumindest im Vergleich mit dem Angebot aller […]

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