eBooks im Buchhandel: Die Stunde hat geschlagen [Gastartikel]
Vergangene Woche schrieben wir über die Chancenlosigkeit unabhängige Buchhandlungen im Netz – und im Vergleich dazu die "Gleichheit der Waffen" beim eBook-Geschäft. Buchhändler Robert Stöppel (Buchhandlung Stöppel) knüpft daran im folgenden Gastartikel an: Unabhängige Buchhandlungen haben jetzt erstmalig gute Karten, sich ihr Stück am eBook-Kuchen zu sichern und perspektivisch signifikante Umsätze mit digitalen Büchern zu erzielen.
Der unabhängige, stationäre Buchhandel hat dieses Weihnachtsgeschäft erstmals echte Chancen, sich einen Anteil am eBook-Markt zu sichern. Zu verdanken ist das in erster Linie den Barsortimenten. Libri und der Tolino auf der einen Seite und Koch Neff, Umbreit mit dem Pocketbook auf der anderen Seite haben es geschafft, mit ihren Buchhändlern Geräte und Onlinekonzepte anzubieten, die gegenüber dem abgeschlossenem Kindle-Universum durchaus punkten können.
Aufklärung der Kunden tut Not
Gerade die feste Bindung an Amazon ist für viele Kunden im Laden ein sehr gutes Argument sich für einen "freien" Reader zu entscheiden, der es auf der einen Seite ermöglicht verschiedene Onlineshops zu nutzen, aber auch Ebooks bei öffentlichen Bibliotheken auszuleihen. Es ist existenziell wichtig, Kunden erstmal zu informieren und aufzuklären. Amazon wird sich hüten seinen "Bund fürs Leben" offensiv herauszustellen. Ich höre den Satz "super, dann muss ich nicht bei Amazon kaufen" derzeit immer häufiger.
Von der Hardwareseite stehen mit den beiden Tolinos – Shine und Vision 2 – und den Pocketbook-Readern hochwertige und konkurrenzfähige Reader zur Verfügung. Sehr gut, daß Pocketbook sich noch rechtzeitig entschlossen hat die Bedieneroberfläche zu überarbeiten. Die Beleuchtung als Standard hat sich – auch gerade mit Hinblick auf die fehlende Beleuchtung beim Sony Reader T3 – als wichtiges Verkaufsargument erwiesen. Zu hoffen ist nur, dass es keine Hardware-Lieferengpässe gibt.
Beneidenswerte Dienstleistungen für unabhängige Buchhändler
Der Buchhandel ist sich eines großen Vorteils gar nicht bewusst. Die White-Label-Shops der Barsortimente und auch alternative Lösungen, wie die der ebuch, die den unabhängigen Buchhandlungen zur Verfügung stehen, bieten eine professionelle und in die eBook Reader integrierte Möglichkeit, online zu verkaufen. Sie sind eine echte Bereichung für den Buchhandel. Ich wäre froh wenn es im Schreibwaren,- Künstlerbedarf, oder Geschenkbereich nur annähernd solche Lösungen gäbe, wie sie in der Buchbranche mittlerweile Standard sind.
Diesen Herbst/Winter ist bei uns im Geschäft – nach einem sehr gutem 2012 und einem durchwachsenem 2013 – wieder eine deutlich steigende Kundennachfrage nach dedizierten Lesegeräten und eBooks. Wir haben uns im Haus für die Tolinolösung von Libri entschieden, da das ganze Konzept "eBooks verkaufen" hier sehr professionell und endkundenfreundlich umgesetzt ist. Der perfekt integrierte eigene Shop und das überregionale Marketing war trotz der Investion in Ware und Möbel und dem zu leistenden Marketinganteil dafür ausschlaggebend. Daneben bieten wir als Alternative auch – wenngleich nicht ganz so präsent – weiterhin die aktuellen Pocketbook-Modelle an.
eBook-Verkauf in der Hauptsache Marketing – noch
Aktuell kommen wir beim eBook-Verkauf langsam in den Bereich, wo zumindest die Gewinnschwelle leicht überschritten wird. Das eBook-Geschäft ist und bleibt in der Hauptsache Marketing und ein wichtiges Instrument, den eigenen Onlineshop zu promoten. Wir rechnen mit einem guten eBook-Weihnachtsgeschäft – die Voraussetzungen für den unabhängigen Buchhandel waren meiner Meinung nach noch nie so gut wie dieses Jahr. Jetzt gilt es etwas daraus zu machen.
Über die Buchhandlung und den Autor: Die Buchhandlung Stöppel verkauft in Weilheim in Oberbayern auf zwei Etagen und mit 15 Mitarbeitern Schreibwaren, Geschenke, Schul- und Bürobedarf sowie natürlich Bücher. Inhaber Robert Stöppel beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem eBook-Verkauf, was längst auch ein persönliches Interesse geworden ist. Schon 2012 sagte er im Interview mit dem Buchmarkt über das Angebot dedizierter Lesegeräte: "Das Gerät, das mir am besten gefällt, verkaufe ich eben mit der größten Begeisterung. Das merkt der Kunde, und es ist eins der besten Verkaufsargumente. Es geht nur über den Spaß.".
Kommentare
Zoë Beck & Jan Karsten: Die (un-)sichtbaren Ebooks « buchreport.blog 17. November 2014 um 11:00
[…] Nach einem Jahr CulturBooks und über fünfzig Veröffentlichungen können wir glücklich sagen, dass wir eine Menge erreicht haben. Und eine Menge gelernt. Zum Beispiel, dass der stationäre Buchhandel vor allem auch deshalb nicht so gern Ebooks verkaufen möchte, weil die einzelne Buchhandlung dafür in vielen Fällen nur 12% (statt sonst ca. 40%) Rabatt bekommt, dafür aber nicht nur inhaltliche Beratung, sondern häufig auch technischen Support leisten muss. Für uns wie auch andere Digitalverlage heißt das momentan, dass im Buchhandel kaum Veranstaltungen mit unseren Autor*innen stattfinden können. Ausnahmen wie die Buchhandlung Büchereck Niendorf Nord, die sogar ihren White-Label-Shop so weit modifiziert und individualisiert hat, dass sie eine eigene Ebook-first-Sparte präsentieren, oder Osiander, die unabhängige Digitalverlage in ihrem Online-Shop vorstellen, freuen uns gewaltig. (Simone Dalbert, selbst Buchhändlerin, fragt sich übrigens in ihrem Blog Papiergeflüster auch, warum nicht mehr Buchhandlungen Ebooks verkaufen – Buchhändler Robert Stöppel zeigt, wie es gehen könnte.) […]