Sonntagsfrage: Fortsetzungen & Serien
Was über US-amerikanische TV-Serien immer mehr auch im deutschen Fernsehen Einzug erhält, hat bei Literatur eine lange Tradition: Geschichten, deren Handlung sich Buch für Buch weiter entfaltet. Ein neuer Online-Fortsetzungsroman treibt dieses Prozedere jetzt auf die Spitze.
Die deutschen Lesefreunde lieben komplexe Erzähluniversen. Nicht ohne Grund kommt die Geschichte mit dem längsten Publikationszeitraum und den meisten Folgen aus Deutschland, Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts erzielten so genannte Groschenromane hierzulande Millionenauflagen. Einige der damals beliebten Reihen gibt es inzwischen übrigens kostenlos gegen Spende.
Fortsetzungen dominieren Bestsellerlisten
Ein Fortsetzungsroman der besonderen Art wird seit vergangenem Montag vom Hanser Verlag publiziert. Bei Morgen mehr ist der Name Programm: Autor Tilman Rammstedt schreibt den Roman jeden Tag weiter, der neue Text ist für zahlende Leser (8 Euro) sofort verfügbar.
Die Erscheinungsform ist nicht neu und "in vielen Fällen kommt bei solchen Projekten auch wirklich nur Abfall heraus", wie die FAZ zum Thema anmerkt. Gleichwohl wird hier nur das auf die Spitze getrieben, was die Bestsellerlisten dominiert: Fortgesetzte Geschichten.
Neben dem "klassischen" Fortsetzungsroman mit offenem Ende a là Perry Rhodan und komplexen mehrteiligen Geschichten wie die Herr-der-Ringe-Trilogie boomen vor allem in sich geschlossene Geschichten mit wiederkehrenden Protagonisten, etwa neue Fälle von bekannten Ermittlern oder eine neue Romanze zwischen bereits eingeführten Protagonisten.
Serien: Beliebtes Innovationshemmnis
Beispielhaft genannt sei hier Indie-Bestsellerautorin Poppy J. Anderson, deren New-York-Titans-Reihe in zwei Wochen in die 13. (!) Runde geht. Klammer ist eine New Yorker Footballmannschaft, deren Mitglieder verschiedenste romantische Abenteuer erleben. Disee Art der Geschichte vereint sozusagen das Beste aus zwei Welten: Leser können auch mitten in der Geschichte einsteigen und Figuren langfristig ins Herz schließen, Autoren müssen sich nicht jedes mal aufs Neue ein komplett neues Universum ausdenken und haben – ebenso wie Verlage – eine gewisse Planungssicherheit bei der Nachfrage.
Was natürlich ein stückweit auf der Strecke bleibt beim "More of the same", ist die Innovation. Neuartige Stoffe bedeuten ein ökonomisches Risiko und haben es schwerer in der Lesergunst, wenn neben der neuen Geschichte die x-te Fortsetzung aus einem zu schätzen gelernten Erzählkosmos im digitalen Bücherregal liegt.
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