Tolino Media initiiert (halbgaren) Schreibwettbewerb

09.12.2015 Johannes Haupt (Fachredakteur) 1 Kommentar

Zwei Monate nach dem Ende des Schreibwettbewerb Kindle Storyteller, für den Amazon viel Preisgeld und PR-Budget in die Hand nahm, versucht sich nun auch die Tolino-Allianz an einem Autorenwettstreit. Allerdings einige Nummern kleiner und Teilnahmebedingungen, über die Indie-Autoren nur den Kopf schütteln dürften.

Storyteller: 30.000 Euro Preisgeld und Verlagsvertrag

Amazon drehte mit seinem ersten Schreibwettbewerb ein großes Rad. Ein Hauptpreis im Wert von 30.000 Euro (inklusive 10.000 Euro in bar) plus Verlagsvertrag plus Vertonungen der 5 Shortlist-Titel, eine großflächige Bewerbung auf Amazon.de praktisch den gesamten Sommer über Auf der Frankurter Buchmesse wurde dann der Siegertitel prämiert, die Science-Fiction-Erzählung Paradox von Phillip P. Peterson. Das Kindle Book pendelt stabil auf den vordersten Plätzen der Kindle Charts (aktuell Platz 37), am morgigen Donnerstag erscheint der Titel als Taschenbuch bei Bastei Lübbe. Ein Bestandteil des Preispaketes, der in der Buchbranche naturgemäß kontrovers diskutiert wurde.

Das Gegenstück zur Amazon-Indie-Plattform KDP heißt seit diesem Frühjahr Tolino Media. Der gemeinsame Distributor der Tolino-Allianz lockt mit attraktiven Konditionen und Angeboten, so wurden jüngst ausgewählte Indie-Romane in den stationären Buchhandel gebracht. Und wenig überraschend gibt es jetzt auch im Tolino-Kosmos einen Schreibwettbewerb, der auch genau so heißt.

Keine Hybrid-Autoren, keine Vorab-Veröffentlichung

Die Größenordnung ist allerdings nicht vergleichbar mit Kindle Storyteller. Das geht schon bei den Genres los – einreichbar sind zwischen 01.12.2015 und 31.03.2016 lediglich Jugendbücher und All-Age-Bücher. Grund dafür ist der Verlagspartner der Aktion, der in diesem Segment operierende Löwe Verlag.

Waren bei Storyteller die Einreichungen während der Einreichungsphase bereits frei verfügbar (wenngleich nur als Kindle Books), verbittet sich Tolino Media eine vorzeitige Publikation. Bei einer Einreichung heute müsste das Manuskript also noch mindestens 3,5 Monate in einer Schublade schlummern – keine allzu verlockende Vorstellung für viele Autoren. A propos, mitmachen dürfen nur Autoren, die "noch nicht bei einem Verlag veröffentlicht worden" sind. Damit fallen die unzähligen Hybridautoren heraus, ebenso wie diejenigen Self Publisher, die es durch ihren Erfolg bereits in ein Digital-Programm eines Verlages gebracht haben (Carlsen Impress, Knaur eRiginals und so weiter).

Publikation im Frühjahr – 2017

Das Prozedere mit dem Siegertitel ist dann nahezu absurd. Die eBook-Ausgabe wird exklusiv bei den Tolino-Händlern zu haben sein (was ökonomisch auch 2015 noch wesentlich schmerzhafter ist als Kindle-Exklusivität), die Printausgabe erscheint bei Löwe – im Frühjahr 2017! Bei allem Verständnis für etablierte Verlagsprozesse: Anderthalb Jahre zwischen Einreichung und Publikation sind im Self-Publishing-Zeitalter kaum vermittelbar. Nicht den Autoren und auch nicht einer möglicherweise schon vorhandenen treuen Leserschaft, die beim Warten auf den neuen Titel "ihres" Schriftstellers viel Sitzfleisch mitzubringen hat.

Dass es auch mit Verlagspartner anders beziehungsweise zügiger geht, beweisen ja gerade Amazon und Bastei Lübbe. Der Schreibwettbewerb hat offensichtlich nicht die Priorität für die Tolino-Allierten, wie das bei Kindle Storyteller für Amazon der Fall war. Ein schlüssiges und attraktives Konzept hätten die derzeit von vielen Seiten umgarnten Indie-Autoren aber sicherlich trotzdem begrüßt.

<Bildnachweis: Schmetterlinge von Shutterstock>