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Amazon äußert sich zu Konditionen-Streit

Nach heftiger Kritik an bewussten Lieferverzögerungen von Verlagstiteln (in den USA Hachette, in Deutschland Bonnier) hat sich Amazon jetzt erstmals selbst zu Wort gemeldet. Das Unternehmen gibt an, im Interesse seiner Kunden zu handeln – und prognostiziert einen längeren Kampf.

"Im Interesse unserer Kunden"

In einer am gestrigen Dienstag Nachmittag (US-Zeit) veröffentlichten Mitteilung räumt Amazon freimütig ein, derzeit weniger Print-Bücher von Hachette zu ordern als üblich. Infolge davon komme es vielfach zu Liefer-Verzögerungen, Vorbestellungen würden generell nicht mehr entgegen genommen.

Konditionenverhandlungen gehörten zum Tagesgeschäft von Buchhändlern, sagt Amazon weiter. Man führe die Verhandlungen im Interesse der Kunden – angemessene Konditionen seien essentiell dafür, Service und Kundennutzen auf Dauer hoch zu halten. Im Falle von Hachette könnten sich diese Verhandlungen allerdings noch ziehen: "Wir sind nicht optimistisch, dass sich kurzfristig eine Lösung finden."

Um Autoren nicht zu Leidtragenden des Streits zwischen Händler und Verlag zu machen, habe Amazon Hachette bereits die Einrichtung eines Fonds angeboten, in den beide Seiten jeweils 50 Prozent einzahlten und der betroffenen Schriftstellern zugute komemn soll.

Hunderttausende betroffene Titel

Betroffen sind nach Angabe von Amazon 11 von 1000 Artikel (1,1 Prozent) im Sortiment von Amazon.com. Amazon versucht mit der Aussage den Trubel zu relativieren, tatsächlich drückt sie aber eine gewaltige Zahl aus: Der Online-Händler verkauft allein mehr als 20 Millionen unterschiedliche Bücher, entsprechend wird bei weit über 200.000 Artikeln bewusst auf die Lieferbremse getreten. Wer kann, der kann.

Amazon geht außerdem kurz auf die Berichterstattung der letzten Tage ein. In vielen Berichten käme eine "relativ enge Sicht" auf die Angelegenheit zum Ausdruck. Amazon selbst empfiehlt zur Außenbetrachtung einen Artikel, in dem sich ein Kleinverleger seinerseits an einem Amazon-kritischen Artikel der New York Times abarbeitet (und Bonnier kurzerhand zu einem deutschen Verlag macht).

Reaktionen: Von Verständnis bis Erpressungsvorwürfen

Innerhalb der Branche laufen die Debatten weiter auf Hochtouren. Während Indie-Autoren eher auf der Seite von Amazon sind,  haben sich in den letzten Tagen viele Verlagsautoren (etwa Nicht-Lustig-Autor Joscha Sauer bei Twitter), Medien und Verlage gegen den Händler positioniert.

Amazon nutze seine Marktmacht aus, um auf dem Rücken von Lesern und Autoren Verlage noch weiter zu melken, so der zentrale Vorwurf. Von anderer Seite wird darauf verwiesen, dass die derzeit angeprangerten Praktiken seit Jahren geschäftlicher Usus seien, gerade auch in der Buchbranche. So schreibt Verlager Matthias Ulmer (Ulmer Verlag)

Es ist für die Branche ausgesprochen angenehm, dass Amazon in den großen Zeitungen und in der Politik regelmäßig eins drauf bekommt, egal was sie machen. Dass sich die Verlage daran nicht intensiver beteiligen liegt nicht in der großen Angst begründet, die wir alle vor einer drohenden Auslistung haben. Es liegt schlicht daran, dass die Konditionen von Amazon genau so wie das "aggressive Vorgehen" überhaupt nichts Neues oder Ungewöhnliches sind, sondern seit Jahren im Handel üblich, auch im Buchhandel. Es wäre heuchlerisch jetzt so zu tun, als ob Amazon der Teufel ist, wenn doch die Konditionen von Amazon aktuell oft unter denen liegen, die durch sehr viel unangenehmeres, brutaleres Vorgehen unsere "traditionellen" Branchengrößen sich erkämpft haben.

 

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Kommentare


Offener Brief: Auch deutsche Autoren rebellieren gegen Amazon » lesen.net 15. August 2014 um 10:43

[…] im Mai schrieb der Verleger Mathias Ulmer, dass das “aggressive Vorgehen” nichts Neues oder Ungewöhnliches sei, sondern seit […]

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