Amazon erhöht Mindestbestellwert für Gratis-Versand: Billig-Bücher "profitieren"
Nach vielen Jahren hat Amazon am heutigen Dienstag den Mindestbestellwert für eine versandkostenfreie Lieferung erhöht, und zwar gleich um ein Drittel. Skurriler Weise dürfte das für eine Beflügelung der Verkaufszahlen fremdländischer Bücher sorgen – die Begeisterung bei Autoren und Verlagen wird sich aber in Grenzen halten.
Innerhalb der Buchbranche und im Feuilleton seit Monaten allgegenwärtig, sind die aktuellen Konditionenstreitereien zwischen Amazon und Buchverlagen am Großteil der Öffentlichkeit weitgehend vorbei gegangen. Getreu dem Firmenmotto "Denke zuerst an den Kunden" (immer wieder in PR-Kampagnen inszeniert) erleben Online-Shopper Amazon als schöne Heile Einkaufswelt. Der letzte größere Aufreger war die Erhöhung der Amazon-Prime-Jahresgebühr von 29 Euro auf 49 Euro zum Start des dort inkludierten Streaming-Dienstes Prime Instant Video im Februar.
Um eben diesen Premium-Dienst, zu pushen, riskiert Amazon jetzt wieder Einbußen bei den Beliebtheitswerten. Am heutigen Dienstag wurde der Mindestbestellwert für Nicht-Prime-Mitglieder, ab dem die Lieferung versandkostenfrei ist, von 20 Euro auf 29 Euro erhöht. Liegt man darunter, fallen 3 Euro Versandkosten an – viele niedrigpreisige Schnäppchen etwa aus dem Mediensortiment (Blu-Rays, Spiele) werden damit unattraktiv. Prime-Mitglieder bestellen immer versandkostenfrei, für Büchersendungen werden ebenfalls keine Versandgebühren fällig.
Gerade bei Schnäppchen-Jägern kommt die Umstellung erwartungsgemäß nicht gut an. Bei mydealz gab es innerhalb von weniger als einer Stunde mehr als Hundert Kommentare mit weitgehend einstimmigem Tenor. Ein Nutzer schrieb "So eine bodenlose Frechheit, diese Profitgier.", ein anderer "Die versenden nun ja auch aus Polen. Der Umzug muss bezahlt werden, aber nicht durch mich."
Im Vergleich mit anderen Online Stores sind die Versandkosten freilich immer noch überschaubar. So betragen die Versandkosten bei Weltbild generell 3,99 Euro, egal wie hoch der Warenwert ist (Bücher ab 10 Euro versandkostenfrei). Bei Otto beträgt die Versandkostenpauschale gar 5,95 Euro.
Buch dabei = versandkostenfrei
Durch einen Trick, von dem in der Vergangenheit auch schon ausgiebig Gebrauch gemacht wurde und der jetzt noch einmal Aufwind bekommen wird, lassen sich Versandkosten bei Amazon außerdem noch deutlich drücken. So sind nämlich nicht nur Buchbestellungen generell versandkostenfrei, sondern auch alle Bestellungen, die ein Buch beinhalten.
[Letzte Aktualisierung: 03.03.2015: Entsprechend "beliebt" sind Bücher, die deutlich unter 3 Euro kosten. Am besten fährt man mit einem Blick auf gebrauchte Bücher, die von Amazon selbst verkauft und Versand werden (der Online-Händler nennt das "Warehouse Deals"). Aktuell empfehlenswert sind Globetrotter Kids London für 1,39 Euro, Artemis Fowl für 1,47 Euro und Hayatini Seçen Kadin Nermin Abadan Unat für 1,52 Euro. Wer für unter 29 Euro bestellt und einen solchen Füllartikel hinzunimmt, zahlt keine Versandkosten beziehungsweise rechnerisch den Wert des Buches, hier also jeweils rund 1,50 Euro statt 3 Euro.]
Einige Schnäppchenblogs führen Listen mit besonders billigen Büchern bei Amazon.de, die ständig aktualisiert werden müssen – die jeweils günstigsten Bücher im Sortiment von Amazon.de sind immer innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Die Verlage und Autoren der eher zufälligen Bestseller werden über diesen Run auf ihre Bücher eher wenig erfreut sein, nicht zuletzt weil die meisten mitbestellten Bücher wohl nie gelesen werden. Sie enden entweder als Tisch-Stabilisator oder kommen gleich in die blaue Tonne. Bücher als Füllmaterial bei Amazon – überraschend, dass es dazu noch keine seitenlangen Kommentare von Zeitungs-Feuilletonisten und Analysten von Branchenmedien gibt.
<Bildnachweis: Amazon-Pakete von Shutterstock>
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