Amazon-Partner Waterstones wohl vor dem Absprung
Die britische Buchhandelskette Waterstones, Marktführer auf der Insel, bilanziert zum Ende des Weihnachtsgeschäftes einen dramatischen Rückgang der eBook-Reader-Verkäufe. Die von Waterstones seit 2012 verkauften Kindle-Geräte hätten im Weihnachtsgeschäft wie Blei in den Regalen gelegen, während die Print-Verkäufe um 5 Prozent zugelegt hätten. Es scheint, als verliert Amazon seinen vielleicht wichtigsten Verbündeten in Europa und indirekt einen wichtigen Wachstumszweig.
Im Dezember seien die Kindle-Verkäufe bei Waterstones nach Unternehmensangaben "verschwunden" (disappeared), berichtete der Telegraph an diesem Dienstag unter Berufung auf ein Interview von Waterstones-Chef James Daunt mit der Financel Times. Gleichzeitig hätten die Print-Verkäufe um 5 Prozent zulegt. Letzteres sei auch auf eine Neugestaltung der 290 Buchhandlungen zurückzuführen, die jetzt ein wesentlich regionaleres Bild haben, sagte Daunt der Zeitung.
Waterstones entschied sich im Jahr 2012 dafür, die eigenen eBook-Ambitionen zu begraben und statt dessen mit dem Rivalen Amazon gemeinsame Sache zu machen – eine in dieser Größenordnung einmalige Kooperation, die vor allem der Buchhandelskette einige Kritik einbrachte. Zuletzt machte Unternehmensgründer Tim Waterstone, der allerdings nicht mehr im Unternehmen ist, mit markiger eBook-Kritik ("Modeerscheinung") von sich reden.
Viele Fragezeichen
Waterstone prognostizierte, wohl unter Berufung auf eine Stagnation des Marktes in den USA belegende Branchenzahlen, ein baldiges Abflauen des eBook-Boom. Ausgerechnet der Chef der von Waterstone gegründeten Buchhandelskette untermauert diese Theorie nun vermeintlich. Ein entsprechendes Echo ließ nicht lange auf sich warten, so titelte die Chip Kindle-Verkäufe brechen ein: Amazons EBook-Reader vor dem Aus? (und legt als Zwischenüberschrift nach: "Kindle: EBooks am Ende?").
Diese Frage kann wohl ohne schlechtes Gewissen mit einem klaren "Nein" beantwortet werden. Der Marktanteil von eBooks in Großbritannien pendelt sich wie in den USA vorerst um die 30-Prozent-Marke ein, entsprechend viele Nutzer nennen auch schon einen eBook Reader ihr Eigen und haben wenig Bedarf an einer Neuanschaffung. Mit Amazon selbst hat Waterstones einen prominenten Mitbewerber beim Kindle-Verkauf, und schließlich ist völlig offen, wie viele Kindle-Lesegeräte Waterstones eigentlich in der Vergangenheit verkaufte und wie die Präsentation der Geräte vor beziehungsweise nach den Shop-Überarbeitungen aussah.
Exit von Waterstones deutet sich an
So oder so: The Digital Reader spekuliert naheliegenderweise, dass Waterstones-Chef Daunt mit der geschickt platzierten Offenlegung den Abschied seiner Buchhandelskette von Amazon einleiten könnte. Das wäre ein harter Schlag für Amazon, stellt Waterstones doch den einzigen nennenswerten Kooperationspartner im Buchhandelsbereich dar – weltweit (in anderen Branchen sieht es besser aus, hierzulande haben etwa MediaMarkt und Saturn Kindle-Geräte im Angebot). Amazon umgarnt seit einiger Zeit mit seinem Programm Amazon Source unabhängige Buchhandlungen, Waterstones ist hier prominentes Aushängeschild. Ohne die Buchhandelskette verliert Amazon nicht nur massiv Regal-Präsenz in Großbritannien, auch um die Zukunft von Amazon Source wäre es nicht gut bestellt.
<Bildnachweis: Waterstones von Shutterstock>
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