Amazon verbannt Public Domain eBooks
Amazon kommt nicht aus den negativen Schlagzeilen. Nach der "1984-Affäre" um aus der Ferne gelöschte eBooks, die auch in der deutschen Presselandschaft vielfach aufgegriffen wurde, stehen das Unternehmen aus Seattle wiederum im Zentrum der Kritik.
Grund sind diesmal vermeindlich willkürliche Löschungen von (mehr oder weniger modifizierten) Public Domain eBooks aus dem Kindle Store. Gemeinfreie digitale Literatur macht einen bedeutenden Teil der aktuell 349.770 Titel im eBook-Shop von Amazon aus.
Viele Kleinverlage und einzelne Selbstständige stellen populäre Klassiker geringfügig bearbeitet (Bereinigung von Rechtschreibfehlern, neues Cover-Design, …) im Kindle Store ein, verlangen einige Cent bis wenige US-Dollar für diese Dienstleistung. Die Literatur selbst ist kostenlos.
Bei Evergreens wie "Stolz und Vorurteil" von Jane Austen kamen so im Laufe der Zeit mehrere Dutzend Ausgaben zusammen, zwischen denen sich Kindle-Nutzer auf der Suche nach dem Titel entscheiden müssen. Das Überangebot ist nicht im Sinne des Kunden, meint Amazon nun – und greift durch.
Die Betreiberin vom auf Public Domain eBooks spezialisierten Verlag girlsebooks.com hat sich mit einer E-Mail an unsere US-Kollegen von Teleread gewandt, in der sie über den Ausschluss eines ihrer eBooks aus dem Kindle Store berichtet. Aus dem in diesem Zusammenhang veröffentlichte Schreiben eines Amazon-Mitarbeiters zur Begründung der Löschung geht hervor, dass der E-Buchhändler der Ausgaben-Vielfalt bei gemeinfreier Literatur einen Riegel vorschieben will ("As a result, at this time we are not accepting additional public domain titles through DTP")
Während eine entsprechende Anpassung der Kindle Store Policy für viele Gewerbetreibende existenzbedrohend sein könnte, hat die Entscheidung aus Kundensicht durchaus ihre Vorteile. Die Übersichtlichkeit nimmt zu, im Idealfall bleibt pro Public Domain Titel ein "sauberes" eBook – fast oder völlig kostenlos zum Gratis-Download angeboten.
Auf der anderen Seite leidet der Wettbewerb, Amazon unterstreicht das Image der Kindle-Plattform als geschlossenes und künstlich verengtes System. Das macht es Mitbewerbern wie Sony einfacher, sich mit vielfältigen Partnerschaften und offenen Formaten als positiver Counterpart zu positionieren, der Auswahl und Entscheidungsfreiheit dem Kunden überlässt.
Kommentare
J. 2. September 2009 um 14:12
Nebenbei: Amazon sitzt bekanntlich in Seattle, nicht Chicago.
Johannes 3. September 2009 um 11:23
Korrigiert, danke!