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Bekannte Indie-Autorin des Abschreibens überführt

Der deutsche Self-Publishing-Kosmos hat seinen zweiten großen Plagiatsfall. Am gestrigen Sonntag räumte die erfolgreiche Romantikautorin Katja Piel ein, zwei Bücher abgeschrieben zu haben – als Vorlage dienten Heftromane. Die Autorin steht auch bei der Verlagssparte von Amazon unter Vertrag.

Bereits vor drei Jahren wurde mit Martina Gercke eine bekannte Indie-Autorin von Liebesromanen des Plagiats überführt, jetzt hat es auch Katja Piel "erwischt". Die Vorgeschichte fasst die Selfpublisherbibel zusammen. Demnach hatte eine Rezensentin bei einem mittlerweile aus dem Kindle Store gelöschten Katja-Piel-Titel eine frappierende Ähnlichkeit zu einem alten Heftroman festgellt.

Fragwürdige Erklärung

Mit einigem Zeitabstand lieferte Piel dazu eine recht abenteuerliche Erklärung: Sie habe den Heftroman vor 30 Jahren als Fingerübung auf der Schreibmaschine abgetippt. Unlängst habe sie den Text auf einem alten USB-Stick wiedergefunden, für ihren eigenen gehalten und dann veröffentlicht (wie der Text vom Schreibmaschinenpapier auf den "alten USB-Stick" gelangte, führte Piel nicht aus). Das Echo der Fangemeinde und insbesondere auch von anderen bekannten Indie-Autoren war weit überwiegend skeptisch bis negativ – erst recht, nachdem eine weitere Piel-Romanze spurlos aus dem Amazon-Sortiment verschwand.

Am gestrigen Sonntag räumte die Autorin nun auf ihrer Facebook-Seite ein, "dass die Romane 'Alles begann mit dir' und 'Das Amulett in mir' tatsächlich abgeschriebene Bücher sind". Allerdings nur für kurze Zeit – schon nach wenigen Stunden entfernte Piel die Statusmeldung, die bis dahin mehr als 150 Kommentare auf sich zog.

Liebe Leser, Liebe Autoren,

heute teile ich euch mit, dass die Romane „Alles begann mit dir“ und „Das Amulett in mir“ tatsächlich abgeschriebene Bücher sind.
Ich werde die Links an den Verlag weitergeben, damit er es prüfen kann und mit allen Konsequenzen leben. Egal, wie der Verlag reagiert, die Einnahmen gehen entweder an den Verlag/die Autoren oder ich spende den Betrag.
Bitte verzeiht mir.
Alles Liebe, eure Katja

Hinweis noch an der Stelle: Ich habe bezüglich dessen, was ich vor zwei Tagen gesagt habe, nicht gelogen. Natürlich wollte ich mich vergewissern und habe dabei mit Erschrecken festgestellt, dass es sich tatsächlich bewahrheitet hat. Dies soll alles keine Entschuldigung sein, denn die Konsequenzen werde ich mit aller Härte tragen.
Bitte tut mir alle den Gefallen – ihr dürft alle hier etwas dazu schreiben – dass ihr als Leser und Autore, sowie Blogger nicht gegenseitig auch noch angreift. Ich möchte den Post nicht erneut auf privat einstellen müssen.

Zu Wort meldeten sich viele enttäuschte Leser, aber auch renommierte Indie-Autoren. Marah Woolf etwa klagte, "leider bringt so ein 'Fehler' eine ganze Autorengemeinde in Verruf." Und Emily Bold erklärte, sie sei "schockiert" von der Erklärung (Zufallsfund auf altem USB-Stick), die sie zudem nicht für glaubhaft halte.

"99ct Groschenromane"

schwanenzauberDie harrsche Reaktion vieler Kolleginnen auf die Enthüllungen Piels erklärt sich auch daraus, dass verlagsunabhängige Autoren nach wie vor häufig pauschal in eine "billig und minderwertig" Ecke gestellt und kritisch beäugt werden. So sprach der Chef der Wirtschaftstochter des Branchenverbandes Börsenverein unlängst mit Blick auf die Kindle-Bestseller von "99ct Groschenromanen", und der hohe Publikationsrythmus vieler erfolgreicher Indie-Autoren wird vielfach kritisch beobachtet (lesen.net Kolumne von Poppy J. Anderson: Wie man alle zwei Monate ein Buch veröffentlicht). Der neue Plagiatsfall, von der Autorin zudem noch im besten Falle fragwürdig begleitet, ist Wasser auf die Mühlen der Ohne-Verlag-keine-Qualität-Fraktion.

Gleichwohl ist eine Verallgemeinerung unangebracht. Zum einen gibt es auch im klassischen Verlagsbetrieb immer wieder Abschreibskandale – von denen der Fall Hegemann nur einer der bekannteren ist -, zum anderen publiziert auch Katja Piel inzwischen nicht mehr nur verlagsunabhängig. Die letzten Bücher der Autorin wurden von Amazon Publishing verlegt, der Verlagssparte von Amazon. Plagiatsjäger werden diese Titel jetzt sicherlich gründlich unter die Lupe nehmen.

<Bildnachweis: Copy Paste von Shutterstock>

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