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boox.to: Peinliche Hausdurchsuchung – Beschuldigter hat nicht einmal Internet

Im Kampf gegen eBook-Piraterie im Allgemeinen und das Portal boox.to im Besonderen ist Kanzlei und Behörden eine peinliche Ermittlungspanne passiert. Die Polizei durchsuchte die Wohnung eines Mannes, der irrtümlicher Weise für den Betreiber der größten deutschen eBook-Warez-Seite gehalten wurde. Einziges Beweismittel: Der Name in einer im Zusammenhang aufgetauchten E-Mail-Adresse.

Den Vorfall, der sich schon im Juni zugetragen hat, beschreibt Rechtsanwalt Christian Solmecke (Kanzlei WBS Law) in seinem neuen Videopodcast. Demnach hat die Polizei die Wohnung seines Mandanten frühmorgens aufgesucht und PC und iPad beschlagnahmt. Ihm wurde vorgeworfen, für den Upload und die Verbreitung von mehreren Zehntausend eBooks verantwortlich zu sein – ein massiver Vorwurf, dem aber kaum Beweise gegenüberstanden.

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Einziges Beweismittel: E-Mail-Adresse

Laut Solmecke hatte die Kanzlei Waldorf Frommer, die die Strafverfolgung veranlasste (vertritt zahlreiche Verlage), als einziges Indiz für die Verstrickung seines Mandanten eine Gmail-Adresse nach dem Muster Vorname.Nachname@gmail.com, die im Zusammenhang mit boox.to auftauchte. Offenbar machte die Kanzlei dann nichts anderes, als den Namen im Telefonbuch nachzuschlagen – es gab nur einen einzigen Mann dieses Namens in Deutschland, also wurde bei ihm eine Hausdurchsuchung beantragt.

Weil auch der zuständige Richter nichts am Prozedere auszusetzen hatte und die Hausdurchsuchung abnickte, bekam der Mandant von Solmecke eines Morgens Besuch. Auf seinen Geräten wurden sechs bei Amazon.de gekaufte eBooks gefunden. Einen heimischen Internetzugang hingegen hat der Mann seit einem Jahr nicht.

Das Ermittlungsverfahren läuft noch, wird in absehbarer Zeit aber eingestellt, erklärte Solmecke im Gespräch mit lesen.net. Man prüfe derzeit, ob man für seinen Mandanten (es handelt sich übrigens nicht um einen "Bernd Fleisig", der auf boox.to lange als Ansprechpartner genannt wurde) Schadensersatzansprüche geltend machen könne.

"Reale" Verhaftungen Frage der Zeit

Die Hausdurchsuchung bei einem völlig unbescholteten Bürger ist für alle Beteiligten hochpeinlich und wirft ein beunruhigendes Licht darauf, wie einfach es ist, in das Visier der Strafverfolgung zu kommen. Sie zeigt aber auch, wie sehr die Strafverfolger den boox.to-Betreibern auf den Fersen sind. Auch Christian Solmecke sagte uns, er halte "reale" Verhaftungen im Fall boox.to auf absehbare Zeit für wahrscheinlich, den Beteiligten drohten langjährige Haftstrafen. Ein Auslöser könnte die Trennung im Streit zwischen "spiegelbest" und den verbleibenden boox.to-Betreibern gewesen sei. Im Fall kino.to habe es damals ähnlich angefangen, über Kronzeugenregelungen wurden später immer mehr Hintermänner ausfindig gemacht.

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Kommentare


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