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Buch plus eBook: Bundles erobern den Buchmarkt

hardcover plus2013 könnte das Jahr des eBook Bundles werden. Seit Herbst 2012 experimentieren immer mehr Verlage mit Titeln, die in gebundener Form erworben und als eBooks über einen Code im Buch heruntergeladen werden können. Aus vielen Verlags-Testballons sind inzwischen reguläre Produktreihen geworden, die nicht zuletzt auch steuerliche Vorteile haben.

In der Experimentierphase der Verlage existieren noch viele verschiedene Paketmodelle, angefangen von der Angebotmenge bis hin zur Preisgestaltung. Heiß diskutiert (siehe Kommentare) wird, ob es sich hier um Fluch oder Segen handelt: Entwertet das Bundle das E-Book als billige Dreingabe – oder findet sich damit eine Lösung, die dem Kunden sowohl das haptische Lesevergnügen auf dem heimischen Sofa beschert als auch die Mobilität und Funktionalität von eBooks ermöglicht?

Kleinverlage als Pioniere

keinaberVorreiter der Branche waren 2011 die Verlage Rogner & Bernhard und dessen Mehrheitsgesellschafter Haffmans & Tolkemitt. In dem Programm HardcoverPlus erhält der Käufer Buch und Downloadcode für ein eBook im epub-Format. Die Titel werden über den Buchhandel vertrieben und sind kein Bestandteil der Reihe, die bei Zweitausendeins erscheint. Daneben gibt es auch weiterhin die reinen eBooks gegen einen Preisabschlag von 25 Prozent. Was die FAZ noch als "seltsames" Konzept betitelte, da es keinen Preisaufschlag für das eBook-Extra gab, wurde von weiteren Verlagen adaptiert:

  • Anfang 2012 folgte der Verlag H. F. Ullmann mit einer Neuauflage seines Bestsellers 1000 places to see before you die. Im September 2013 werden es sieben Titel sein, die als Bundle erhältlich sind. Der Verlag beschränkt sich konsequent auf Printbücher oder kombinierte Angebote, reine eBooks werden nicht produziert.
  • Kein & Aber bietet seit Frühjahr 2013 das komplette Hardcover-Programm als Bundle an. Hier beträgt die Preisdifferenz zwischen eBook und Print-E-Bundle immer 3,91 Euro, eine gedruckte Version ohne eBook-Option gibt es nicht. Wahlweise kann das eBook nach Codeeingabe als epub oder mobi heruntergeladen werden.
  • Mit der Amy-Winehouse-Biografie wurden Bundles in der Edel-AG-Buchsparte ausprobiert, mit dem Herbstprogramm wird sich das Angebot auf sieben Titel erweitern.

Die Großen ziehen nach: Erste Versuche bei Campus, Rowohlt und Carlsen

  • campus ebookBei Campus sind seit Herbst 2012 einige wenige Bundles erhältlich. Daneben existiert zwar weiterhin das eBook, eine Printversion ohne die Option, das eBook herunterzuladen, wird nicht angeboten. Je nach Preis besteht zwischen eBook und Print+eBook ein Preisunterschied von zwei bis vier Euro. Im Herbst werden unter anderem zwei Titel als Bundle erscheinen: Brad Stone, Amazon – Hinter den Kulissen des Netzgiganten und David und Goliath – Der Triumph des Underdogs. Es kann zwischen den Formaten pdf, mobi und epub gewählt werden.
  • Rowohlt Berlin startet Ende 2012 einen Bundle-Feldversuch mit dem thematisch passenden Titel Internet – Fluch oder Segen von Kathrin Passig und Sascha Lobo (Bundle 19,99 Euro; eBook 12,99 Euro)  – bislang blieb es jedoch bei diesem einen Titel.
  • Bei Carlsen sind es bislang ein paar Einzeltitel, die als kombinierte Version angeboten werden, zum Beispiel Kai Meyers Asche und Phönix. Auch bei Carlsen gibt es die eBooks einzeln zu kaufen, nicht jedoch die gedruckten Bände. Angeboten werden wahlweise die epub, mobi- und pdf-Version. Ein weiteres, innovatives Bundle-Konzept fährt man beim Percy-Jackson-Schuber mit fünf Bänden – die Bücher wurden um ein eBook der Kane-Chroniken desselben Autors ergänzt, das zusätzliche eBook bekommt dadurch eine werbende Funktion.

Gängige Praxis auf dem Fachbuchmarkt

O’Reilly bietet seit Jahresbeginn 2013 Bundles bei 18 Bestseller-Titeln an, die bisher als eBook und in gedruckter Form separat erhältlich waren. Der Käufer spart gegenüber dem Einzelkauf von eBook und Printausgabe durchschnittlich 30 Prozent, die Preise bewegen sich zwischen 26 und 69 Euro. Beim Kauf der gedruckten Version kann sich der Kunde das eBook mittels Eingabe eines Codes auf dem Schutzumschlag des Exemplars herunterladen. Bei einem Erfolg der Reihe ist eine Ausweitung auf das gesamte Programm zu erwartenm, heißt es in einer Pressemitteilung. Das Tochterunternehmen Microsoft Press bietet bereits mehrere Bundles an, wobei ebenso wie bei anderen Verlagen ein gedrucktes Buch ohne eBook-Option nicht mehr produziert wird.

Daneben gibt es noch weitere Verlage auf dem Fachbuch- und Wissenschaftsmarkt. So ist das Prinzip des Bundles für die Fachbuchsparte von Hanser ein alter Hut, allerdings bietet man hier, was dem oft komplexen Layout der Bücher und der wissenschaftlichen Referenzierbarkeit geschuldet sein mag, nur das PDF im Bundle an. Im Gegensatz zu O’Reilly bekommt man Buch+eBook zum selben Preis wie das einzelne eBook.

Heilsbringer für Leser, Verlage und Buchhändler?

Nach den ersten Versuchen haben alle Verlage – mit Ausnahme von Rowohlt – ihr Bundle-Programm ausgebaut: Das Prinzip scheint Erfolg zu haben. Es fragt sich also, warum nicht mehr Verlage einen Versuch mit solchen Paketen wagen. Ein Vorbehalt mag sein, dass Kunden nicht genug Ehrlichkeit zugetraut wird: Denn was hindert einen potenziellen Käufer daran, sich den Code aus dem Buch in der Buchhandlung abzuschreiben? Bislang scheint Missbrauch jedoch kein Thema zu sein.

Häufig wird auch die Angst vor Kannibalisierung des eBook-Geschäfts genannt. Campus’ Vertriebs- und Marketingleiter Joachim Bischof entkräftigt diese Befürchtung: Das eBook wird bei ihnen im Preis des Bundles miteinkalkuliert. Draufzahlen müssen dabei dennoch diejenigen, die nur das gedruckte Buch kaufen möchten. Bei der Preisfindung für ein solches Kombi-Produkt sollte außerdem bedacht werden, dass die wenigsten Leser sich sowohl das eBook als auch das gedruckte Buch zum vollen Preis anschaffen würden. Ein attraktives Bundle-Angebot, das deutlich günstiger als die beiden Einzelprodukte zusammen ist, könnte daher zusätzlichen Umsatz bringen.

Einen weiteren Vorteil bei der Preisgestaltung haben Verlage zudem: Wie auch jeweils beim Print- und eBook gilt zwar die Buchpreisbindung (solange das eBook das Buch substituiert und keine multimedialen Erweiterungen bietet). Die Umsatzsteuer hingegen beträgt nur 7 Prozent– im Gegensatz zum vollen Steuersatz von 19 Prozent bei eBooks – da das gedruckte Buch als Hauptleistung angesehen wird, dessen Steuersatz die Nebenleistung, das eBook, annehmen muss.

Wertvoll für Verlage können ebenfalls die beim Herunterladen des eBooks gewonnenen Kundendaten sein, außerdem wird der Käufer über die Website auf das weitere Angebot aufmerksam. Dieses Verfahren wird den Händlern wenig schmecken, könnten sie durch das Direktmarketing des Verlags doch ihre Kunden verlieren. Einige Buchhändler begrüßen Bundles hingegen, weil sie größtmöglichen Kundenservice bieten und Zusatzumsatz versprechen.

Noch ist das Potenzial von eBook-Bundles nicht vollständig von den deutschen Verlagshäusern erkannt worden. In der Experimentierphase ist das Angebot zur Zeit noch recht dünn, bis auf Ausnahmen wie Kein&Aber und die Haffmans-Verlage wird nur ein Bruchteil des Programms als Kombiprodukt angeboten. Ebenso unsicher scheint man sich bei der Preisfindung zu sein: Sollte man den in Deutschland geringen Abschlag auf den eBook-Preis auch im Vergleich zum "erweiterten" Printbuch anwenden? Kann man die Preise für Hardcover leicht erhöhen, indem man den Zusatznutzen hervorhebt – oder verärgert dies die Anhänger des papiernen Buches?

Eine technische Lösung für Verlage, die Bundles ausprobieren möchten und auf hartes DRM verzichten können, wird seit kurzer Zeit vom Branchendienstleister book2look ermöglicht.

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Kommentare


Martin Menke 20. August 2013 um 14:48

Mich interessieren Bundles gar nicht. Der vorteil von eBooks ist ja grade, dass sie kein Platz im Regal brauchen. Da werd ich den Teufel tun und Platz im Regal und auf der SD-Karte verbrauchen.

Die Zeit des gedruckten Buches ist, zumindest bei Belletristik, für mich vorbei.

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ReaderT2 21. August 2013 um 00:40

Wenn das Angebot sinnvoll und lesenswert ist, kann so ein Bundle für mich durchaus kaufenswert sein. Hängt aber vom Inhalt und vom Preis ab.
In erster Linie sehe ich das derzeit als Unterstützung des Buchhandels und das ist ja ein Thema das mir wichtig ist, weil ich eben gerne im Buchhandel einkaufe.
Bin mal gespannt, wie sich das Angebot entwickelt und wie lange die Verlage und Buchhandlungen das durchhalten.
Wichtig finde ich aber weiterhin, daß die Möglichkeit eBooks im Buchhandel direkt zu erwerben aufgebaut wird, denn derzeit gibt es das entweder gar nicht, oder so versteckt, daß es mir noch nicht aufgefallen ist.
Wirklich zufrieden mit dem Angebot werde ich erst sein, wenn ich nicht nur mit einem Printbuch, sondern auch mit einem lesebereiten eBook aus der Buchhandlung komme.

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Dominik Hahn 21. August 2013 um 02:15

Wenn einem das Hardcover stört kann man es ja wegschmeißen und nur das E-book nutzen. Ist ja genauso teuer wie nur das E-book kaufen.

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Michael 21. August 2013 um 07:38

Nur der Vollständigkeit halber: Vorreiter ist hier auch der ÖGB-Verlag. Seit 2011 gibt es bei jedem Buch ein eBook inside, also das Buch als eBook, ebenfalls ohne Preisaufschlag.

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