Buchhändler klagen gegen Kindle-DRM
Drei Buchhändler haben vor einem New Yorker Gericht eine Sammelklage gegen Amazon und sechs große Verlage eingereicht. Der Vorwurf: Händler und Verlage würden über die Nutzung des proprietären Kindle-DRM ein Monopol schaffen, mit dem freie Buchhändler aus dem Markt gedrängt würden.
Neben Amazon.com sind die Großverlage Random House, Penguin, Hachette, HarperCollins, Simon & Schuster und Macmillan angeklagt, die zusammengenommen 60% des US-Buchmarkts auf sich vereinen. Einer der klagenden Buchhändler erklärte auf Anfrage der Huffington Post, man wolle die Verlage dazu verpflichten, ihre E-Books DRM-frei auszuliefern, damit unabhängige Buchhändler die Titel plattformunabhängig verkaufen könnten. Amazon und die Großverlage soll laut der 15-seitigen Klageschrift verboten werden, keine E-Books mehr zu verkaufen, die nur mit Kindle-Hardware oder Apps funktionieren.
"Open-Source-DRM"?
In der Klage ist außerdem die Rede davon, Verlage müssten ihre E-Books mit "Open-Source-DRM" anbieten. Ausgeführt wird dieser Begriff als "Open-Source-DRM-geschützte E-Books können mit jedem Open-Source-Gerät gelesen werden, unabhängig davon von wem das Gerät oder das E-Book gekauft wurde." Open-Source-Papst Cory Doctorow (BoingBoing) ist mit dieser Definition überhaupt nicht einverstanden: Gemeint sei hier offenbar "standardisiertes" DRM a là Adobe, das alles andere als Open Source sei.
Apple-DRM schon zu Fall gebracht
Trotzdem ist die Klage verfolgenswert. In der Klageschrift wird richtigerweise darauf hingewiesen, auch das strukturell sehr ähnliche iTunes-DRM ("FairPlay") sei jahrelang Teil von Gerichtsprozessen gewesen (vgl. zusammengefasst Wikipedia). Inzwischen ist der gesamte iTunes-Katalog DRM-frei.
Das Kindle-Geschäftsmodell basiert auf seiner Geschlossenheit – Amzon verkauft Reader und Tablets allenfalls zum Selbstkostenpreis, das Geschäft wird mit Inhalten gemacht, die der Kunde derzeit nahezu ausschließlich über Amazon beziehen kann (das liegt allerdings auch an den Großverlagen, die ihre in anderen E-Book-Stores angebotenen Titel mit dem zu Amazon inkompatiblen Adobe-Kopierschutz versehen). Darum wird Amazon sein Kindle-DRM mit Sicherheit nicht freiwillig aufgeben. Man darf gespannt sein auf den Ausgang des jetzt eröffneten Rechtsstreits.
Kommentare
Basti 21. Februar 2013 um 15:12
Nanu Johannes, im Stress? Solche Ungenauigkeiten und Grammatikfehler wie hier ("[…] auch das strukturell sehr iTunes-DRM (“FairPlay”) sei […]") sind wir von Dir ja nun gar nicht gewohnt … :)
Dass der "gesamte" iTunes-Katalog DRM-frei sei, stimmt übrigens bestenfalls für die Musik — iTunes muss inzwischen aber für deutlich mehr herhalten.
Wäre die Nutzung von ePub plus "Standard-DRM" (Adobe) oder gar DRM-frei für Amazon wirklich so unmöglich? Ich glaube nicht: Amazon gelingt es, das mit Abstand beste Benutzererlebnis beim Lesen zu erzeugen. In Deutschland — helau, Buchpreisbindung — hat ein Käufer exakt keinen Grund, die Bücher für seinen Kindle anderswo zu kaufen. In den USA mag es keine Buchpreisbindung geben, aber konkurrenzfähige Preise kann Amazon trotzdem bieten.
Abstruserweise lässt sich Adobe-DRM ja nun so einfach knacken, dass es völlig problemfrei ist, "fremde" Literatur auf dem Kindle zu lesen, während es vergleichsweise aufwendig ist, Kindle-Bücher auf einen fremden Reader zu laden. So befördert Amazon viel mehr, dass die Leute ihre Bücher wo anders kaufen um sie auf dem (angeblich gerade nur kostendeckend verkauften) Kindle zu lesen.
Diese Klage wird jedenfalls spannend. Ein Erfolg ist ihr in jedem Fall zu gönnen.
harlekin 22. Februar 2013 um 05:16
Opensource DRM – buhahahahaha, bwwwaaaahhahaha, buhuuu, HAhahahahaa…
DRM ist ein Kontrollmechanismus zu Bestimmung von Produkteigenschaften gegen das Interesse der Allgemeinheit. Jetzt soll also die Allgemeinheit sich schon ohne Machtstrukturen selbst unterdrücken. Natürlich.
Danke für die Meldung des Tages.
Chräcker Heller 22. Februar 2013 um 07:42
Ich sah es erst ähnlich, Basti, aber dann dachte ich: sollte Amazon das selbe DRM-Format anbieten, dann würden viele Leute keinen Kindle mehr kaufen sondern einen dann noch auf den Markt zu bringenden eReader mit einer Aplikationsumgebung, mit der man neben dem Amazonshop auch andere ansteuern kann.
Juergen 22. Februar 2013 um 09:04
Ob ich jetzt mit Kindle lese oder irgendeinem Epub-Reader ist doch "Jacke wie Hose" – solange die Gerätequalität stimmt.
Viel schlimmer finde ich, dass ALLE eBooks eine gewollt künstlich verkürzte Lebensdauer haben.
Papierbücher können leicht 100 Jahre, also zumindest ein Menschenleben alt werden.
Ein E-Books wird (bspw. bei Amazon) vom gerät gelöscht, sobald man das Amazon-Konto löscht.
Dagegen sollte man auch vorgehen.
Amazon-DRM vor Gericht | Kindle-Tipps.de 22. Februar 2013 um 11:31
[…] Quellen: Huffingtopost, Lesen.net […]
Chräcker Heller 23. Februar 2013 um 10:44
Beim lesen ist es erst mal das selbe, beim reinen Lesen, ist der Kobo +/- gleichauf mit dem Kindle. Beim einkaufen ist der Kindle aber noch unerreicht.
(Beim "behalten" wiederum hinten an, klar, daher sehr guter Einwand bzw. Hinweis von Dir…)