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Bundestagswahl: Parteien zu eBook-Fragen

Wenn am Sonntag bundesweit gewählt wird, geht es auch die hiesige Zukunft des eBooks. lesen.net wirft einen Blick auf die Haltung der Parteien zu den eBook-Themen Buchpreisbindung, Mehrwertsteuer und Bibliotheksleihe.

Dass sich Deutschland im Wahlkampf befindet, dürfte jedem bewusst sein, der öffentlich-rechtliches Fernsehen sieht oder einfach nur mal gelegentlich auf die Straße geht. Aber weder Polittalks noch Wahlplakate beschäftigen sich explizit mit der Buchbranche. Deshalb haben wir hier die Haltungen von CDU/CSU, SPD, FDP, Grünen und den Piraten zu den drei vieldiskutierten Feldern Buchpreisbindung, Mehrwertsteuer und Bibliotheksleihe zusammengetragen – teilweise aus Statements, die Vertreter der Parteien den Kollegen vom buchreport (gedruckte Ausgabe) gegeben haben.

Fallen eBooks unter die Preisbindung?

Da eBooks „Produkte [sind], die Bücher, […] reproduzieren oder substituieren“ (§ 2.1 Buchpreisbindungsgesetz) fallen auch sie unter das Buchpreisbindungsgesetz, auch wenn sie dort nicht explizit erwähnt werden. Es gibt allerdings zahlreiche Ausnahmen, beispielsweise beim Kauf einzelner Kapitel oder für Enhanced eBooks. Amerikanische Indie-Buchhändler beneiden die Deutschen um dieses Gesetz, stellt es doch sicher, dass ein Preisdumping, wie es etwa Amazon in den USA durchführt, nicht möglich ist. Mit Preisaktionen wie den Kindle Deals umgeht Amazon die Preisbindung nur scheinbar – die Verlage müssen die bei Amazon reduzierten eBooks auch in anderen Stores vergünstigt anbieten.

Der Börsenverein verzichtete bislang auf eine Klage gegen Amazon, da ein Urteil eventuell eBooks explizit aus dem Gesetz ausschließen könnte und versucht stattdessen zu erreichen, dass digitale Bücher in den Text aufgenommen werden.
Problematisch bei einer Preisbindung für eBooks wäre die Durchsetzbarkeit über die deutschen Grenzen hinweg. Das Gesetz in seiner aktuellen Fassung gilt nur für deutsche Bücher, die in Deutschland verkauft werden und verbietet deshalb ausdrücklich den Re-Import deutscher Bücher. Auf eBooks ausgeweitet könnte lediglich geregelt werden, dass in Deutschland ansässige Händler eBooks zu festen Preisen verkaufen müssen, was im Endeffekt nur die eBook-Shops kleiner Buchhändler und nicht die im Ausland sitzenden (oder schnell dahin umziehenden) Riesen wie Amazon betreffen würde. Eine eBook-Preisbindung erfordert daher EU-weite Regelungen und Abstimmungen mit den anderen Mitgliedsstaaten.

Grundsätzlich sympathisieren alle Parteien mit dem Buchpreisbindungsgesetz im Allgemeinen, aber keine tritt explizit für die Erweiterung der Regelung um eBooks ein. Ein klares Statement gibt es lediglich von den Piraten, die das Buchpreisbindungsgesetz komplett aufheben wollen.

Gilt die ermäßigte Mehrwertsteuer auch für eBooks?

Da Bücher Kulturgüter sind, fällt für sie nur der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent an, eBooks hingegen sieht der Gesetzgeber als „elektronische Dienstleistung“ an und besteuert sie mit den vollen 19 Prozent. Diese Diskrepanz ist für die Leser unverständlich und hatte im November letzten Jahres bereits zu einer (gescheiterten) Petition geführt. Die Wurzel des Problems ist eine EU-Regelung, die ermäßigte Steuersätze nur für bestimmte Produkte erlaubt, und hier sind eBooks nicht aufgeführt.
Frankreich und Luxemburg, die eBooks mit sieben beziehungsweise drei Prozent besteuern, sind deshalb bereits von der EU-Kommission verklagt worden. Das Problem: Händler, die in diesen Ländern ansässig sind, können ihre eBooks auch in Deutschland verkaufen – zwar nicht billiger (siehe oben) aber mit deutlich mehr Gewinn.

Eine Änderung wäre somit nur europaweit möglich und erfordert entsprechenden Einsatz von den deutschen Parteien. SPD und Grüne sehen grundsätzlichen Reformbedarf bei der ermäßigten Mehrwertsteuer, würden aber, sobald dies EU-rechtlich möglich ist, eBooks in den Katalog aufnehmen. CDU/CSU wie FDP sind mit der momentanen Regelung zufrieden, die Christdemokraten würden aber auch das eBook günstiger besteuern, wohingegen die Liberalen keine weiteren Ausnahmen mehr zulassen wollen um den Haushalt zu schonen. Die Piraten fordern einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent und wollen mit den entstehenden Mehreinnahmen ihren Traum vom bedingungslosen Grundeinkommen finanzieren.

Dürfen Bibliotheken eBooks verleihen?

eBooks nicht mehr zu kaufen, sondern nur noch über Anbieter wie Skoobe oder die Onleihe zu entleihen wird immer beliebter. Bibliotheken bietet die Onleihe eine Möglichkeit relevant zu bleiben, Verlage fürchten allerdings um ihre Einnahmen, wenn die (beinahe kostenlose) eBook-Flatrate der Büchereien Schule macht. Während eine Schranke im Urheberrecht dazu verpflichtet, gedruckte Bücher für die Bibliotheksleihe zur Verfügung zu stellen, gibt es eine solche Regelung für eBooks nicht. Viele Häuser verbieten daher den Verleih ihrer Titel über die Onleihe.

Eine Änderung dieser Praxis wird von allen Parteien gewünscht. CDU/CSU und die Grünen würden einer neuer Schranke zustimmen, wenn angemessene Vergütungen für die Verlage sichergestellt werden können. Ähnlich formuliert es der Deutsche Bibliotheksverband, der vorschlägt, die Bibliothekstantieme auf eBooks zu erweitern. Bibliotheken zahlen momentan 3,5 Cent pro Ausleihvorgang zuzüglich zu Sockelbeträgen, wie beispielsweise pro gemeldetem Titel. Im Vergleich zum Verkauf eines eBooks oder dem, was Privatanbieter wie Skoobe vermutlich zahlen, sind diese Beträge aber Peanuts.
Die SPD verspricht in der nächsten Legislaturperiode das Urheberrecht und seine Schrankenregelungen anpassen zu wollen. Die FDP will diese Regelungen dem freien Markt überlassen und sieht keine Notwendigkeit für weitere Schranken. Für die Piraten sind Printbuch und eBook in allen Bereichen, also auch in der Ausleihe, gleichwertig.

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