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E-Book-Piraterie-Studie: Schließung von boox.to ohne Folgen

Kurz vor Weihnachten 2013 ging die illegale E-Book-Flatrate boox.to vom Netz, der in den Monaten zuvor viel Aufmerksamkeit zuteil wurde. Mit der überraschenden Schließung ist das Piraterie-Problem jedoch kaum eingedämmt, mahnt eine neue Studie.

Bonik/Schaale legten vergangene Woche die sechste Ausgabe ihres "E-Book-Piracy-Report" vor, der von der Anti-Piraterie-Agentur Lisheennageeha herausgegeben wird. Wie die vorigen Ausgaben versucht sich auch Gutenberg 3.5 an einer Vermessung der illegalen E-Book-Szene, sprich eBook Warez. Gerechnet wird mit 6 Millionen deutschen E-Book-Lesern (von denen 1-2 Millionen einen eBook Reader ihr Eigen nennen) bei 3,4 Millionen E-Book-Käufern. Diese Diskrepanz, über die wir auch berichteten (was eine Diskussion mit über 300 Kommentaren nach sich zog), führt die Studie auf Piraterie zurück und untersucht die vermeintlich beliebtesten Quellen.

boox.to (November 2013)

boox.to (November 2013)

boox.to: Mehr Schein als sein

Bonik/Schaale bilanzieren hier zunächst einmal, dass boox.to zwar in der zweiten Jahreshälfte 2013 viel Aufmerksamkeit zuteil wurde, die Reichweite im Vergleich zu anderen Piratenportalen aber überschaubar war – trotz angeblich zeitweise mehr als 2 Millionen Downloads monatlich. So hätte die Seite selbst zu ihren besten Zeiten weniger als 50 Prozent der Reichweite von illegalen Download-Seiten wie ebook-hell.to und lesen.to gehabt. Viel mehr Reichweite hat außerdem das Board boerse.bz, das allerdings auch eine breitere Ausrichtung mitbringt.

In den letzten Monaten bat boox.to seine Besucher bekanntlich mit einem Abo-Modell zur Kasse. In diese Fußstapfen versuchten einige Anbieter zu treten – der erfolgreichste, lul.to, weist allerdings nach Auswertung von Bonik/Schaale (beziehungsweise nach den Daten des Analysedienstes Alexa) nur 10-20 Prozent der alten Reichweite von boox.to auf. Dessen einstiger "Pressesprecher" Spiegelbest erklärte allerdings in einer Replik auf Gutenberg 3.5, lul.to sei ökonomisch gesehen bei geschätztem Gewinn von 15.000 Euro monatlich sehr wohl ein Erfolg.

Scribd und Library Genesis als größte Schädlinge

Als große illegale E-Book-Plattform nennt die Studie außerdem Scribd, das neben einem legalen Flatrate-Angebot (aktuell drei Monate kostenlos) auch Millionen von Nutzern hochgeladene Dokumente verfügbar hält, darunter viel Pirateriertes. Scribd sei über das kostenpflichtige Abo-Modell zudem ein direkter Profiteur von Urheberrechtsverstößen, die Plattform unternehme wenig gegen Copyright-Verstöße. Dazu kann man geteilter Meinung sein: In der Vergangenheit hat die Dokumente-Plattform mehr als einmal kräftig aufgeräumt, woraufhin sich der Traffic zeitweise fast halbierte.

Ohnehin spielt Scribd für deutsche E-Book-Downloader weder in legaler noch in illegaler Hinsicht eine große Rolle. Gleiches gilt zumindest im Bereich Belletristik auch für die russische Seite Library Genesis, laut der Studie "mit großem Abstand die Quelle #1 für Ebooks im Internet". Aktuelle deutschsprachige Romane sind bei diesem Aggregator Mangelware.

Illegale eBooks: Meinungen über Schaden gehen auseinander

E-Book-Pirat bei der Arbeit

E-Book-Pirat bei der Arbeit

Das Thema E-Book-Piraterie ist mit dem Aus von boox.to ein wenig aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt, die illegalen E-Book-Downloads gehen aber unvermindert weiter. Wie groß der Schaden tatsächlich ist, darüber gehen die Meinungen weit auseinander – während in der Studie (wohlgemerkt von einem Anti-Piraterie-Dienstleister) dramatisch gefragt wird, wie lange Fachverlage dem Druck der E-Book-Unterwelt noch standhalten können, hieß es erst vor einem halben Jahr seitens Springer SBM, man habe "noch keine negativen Auswirkungen durch eBook-Piraterie und File Sharing auf unser eBook-Portfolio beobachtet".

An einer lesenswerten Typologie der verschiedenen piraterierenden Gruppen hat sich am vergangenen Wochenende übrigens Autorin Nina George (unter anderem Das Lavendelzimmer) versucht.

<Bildnachweis: E-Book-Pirat, Piratentaste von Shutterstock>

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