eBook Flatrate Readfy: Kampf ums Konzept
Vor bald zwölf Monaten startete das Düsseldorfer Startup Readfy mit Crowdfunding-Kampagne und Beta-Phase, zur Frankfurter Buchmesse im Oktober ging der Dienst dann offiziell ans Netz. Wie das praktisch zeitlich gestartete Kindle Unlimited hat der Anbieter vor allem an der Content-Front zu kämpfen – gerade für die Entwicklung des Geschäftsmodells muss der Katalog noch wesentlich besser werden.
Mit dem Versprechen einer kostenlosen, werbefinanzierten eBook Flatrate nach dem Vorbild von Spotify sammelte Readfy im Februar 2014 den vordefinierten Maximalbetrag von 500.000 Euro ein. 1.363 Kleininvestoren sind jetzt am Anbieter beteiligt, was durchaus auch praktische Vorteile hat. So muss sich Readfy um positive Bewertungen für seine Lese-Apps keine Gedanken machen. Bei Amazon gibt es etwa 6 begeisterte 5-Sterne-Bewertungen für die Readfy-Fire-App, gleichwohl sich kein einziger der Rezensenten die App überhaupt heruntergeladen hat ("verifizierter Kauf" – die Anzeige gibt es auch bei Gratis-Apps).
Nur die zweite Garde im Katalog
Im Vergleich zum großen Vorbild im Musikbereich, das einen quantitativ wie qualitativ erstklassigen Katalog hat (von einigen Abweichlern abgesehen), ist das Sortiment von Readfy aber auch ein Jahr nach dem Start der Beta-Phase sehr rudimentär.Zwar stehen mehr als 30.000 eBooks zur kostenlosen Lektüre bereit, und dabei handelt es sich laut Readfy-Marketingchef Frank Großklaus auch zum weit überwiegenden Teil um Verlagstitel (Indie-Autoren kommen etwa über BoD auf die Plattform). Die großen Verlage und vor allem zugkräftige Titel fehlen aber nach wie vor, gänzlich. Die meistgelesenen Titel der Plattform waren am Mittwochabend die Liebesromane Malibu Blues und Es war einmal ein Prinz sowie die Elfenchroniken von Wolfgang Hohlbein – solide Unterhaltung, aber Bestseller klingen anders.
Readfy-Chef Frank Großklaus sagte uns, man sei derzeit in Gesprächen mit drei vier großen Verlagen, bei denen es um Testläufe gehe. Teils sollten Aktionstitel zur Bewerbung von Neuerscheinungen auf die Plattform, teils auch Neuerscheinungen selbst.
Android knapp vorne
Angaben zu den Nutzungszahlen wollte Großklaus im Gespräch branchentypisch nicht machen, wohl aber zur Nutzungsart. So halten sich Smartphones und Tablets in etwa die Waage. Bei den Betriebssystemen liegt Android (womit Readfy startete) noch leicht vorne, iOS habe aber mächtig aufgeholt.
Readfy finanziert sich derzeit ausschließlich über Werbeeinblendungen, hier ist in den ersten Monaten naturgemäß viel experimentiert worden. Die Leser nicht zu vergraulen und gleichzeitig ausreichende Erlöse zu vollziehen, ist eine Gradwanderung. Derzeit testet der Anbieter verstärkt Video-Werbung, auch als Pre-Roll (Video vor Lesestart) a là Youtube.
Datenfresser Readfy
Weil die Werbung live eingespielt wird, ist für die Readfy-Nutzung eine dauerhafte Online-Verbindung von Nöten. Gerade viele Nutzer von Tablets (meist ohne 3G-Modul) wird das bei der Unterwegs-Nutzung mächtig einschränken, allen anderen wird von mobil geladenen Werbefilmchen das Inklusiv-Datenvolumen weggeknabbert.
Konkurrent Skoobe bietet Offline-Lesen in allen seinen Tarifen an, Kindle Unlimited ohnehin. Laut Readfy-Chef Großklaus haben auch die Düsseldorfer das Thema auf dem Schirm, spruchreif ist aber noch nichts.
Ohne Premium-Inhalte keine Premium-Pakete
Möglicherweise kommt die Offline-Funktion (neben Werbefreiheit) als kostenpflichtige Premium-Funktion. Von Beginn an stellte Readfy in Aussicht, analog zu Spotify auch ein kostenpflichtiges Abo zu offerieren.
Spotify vermeldete gerade 15 Millionen laufende kostenpflichtige Mitgliedschaften – ein beeindruckender Wert, der sich aber eben auch aus dem Nutzwert ergibt. Bei Readfy wird der aktuelle Katalog noch kaum jemanden die Kreditkarte zücken lassen, das weiß auch der Anbieter.
Im "Premium-Segment" wartet mit Skoobe (30 Tage kostenlos testen) schon ein Anbieter, der dank seiner Gesellschafter (Holtzbrinck, Bertelsmann) und guter Drähte in die Branche schon viele A-List-Titel sein Eigen nennt. Auch hier illustriert das ein Blick auf die aktuellen Highlights (hier: redaktionelle Empehlungen) der Plattform: Der Lavendelgarten, Stadt der Diebe, Wo die Nacht beginnt & Co. sind ein anderes Kaliber als die Readfy-Topreads und für Viel-LCD-Leser dann eben schon durchaus 10 Euro monatlich wert.
Zeit der Experimente, Zeit der Ergebnisse
Die Marschrichtung für Readfy ist klar: Der Katalog muss in die Breite und vor allem in der Qualität wachsen, will das Startup nicht zwischen der "Verlags-Flatrate" Skoobe und dem mit Sicherheit ausdauernden Platzhirsch Kindle Unlimited zerrieben werden. Zügig. Das Testen des besten Weges und die Ausräumung von Vorbehalten gehören dazu und brauchen ihre Zeit. Aber die Uhr tickt, spätestens seit dem Markteintritt von Amazon.
Aus Lesersicht würde man sich außerdem etwas wenig marktschreierische Werbung wünschen, eine Alternative könnte native advertising sein. Einen "dieses Buch wird ihnen präsentiert von" Dialog oder etwa Produktinformationen eines Reiseanbieters im Anhang eines Skandinavien-Krimi scheinen doch zielführender als vertonte Unterbrecher-Videos zwischen zwei Buchseiten.
Kommentare
eBook Flatrate Readfy noch ausbaufähig! | OnleiheVerbundHessen 18. März 2015 um 16:15
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