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eBooks in Japan nehmen endlich Fahrt auf

japanSeit fast 15 Jahren wird in Japan digital gelesen, doch eBooks und digitale Lesegeräte sind kaum verbreitet und die Zurückhaltung der Verlage bremst die Entwicklung. Folge: Die Leser resignieren – oder scannen selbst. Jetzt machen sich Kindle und Kobo daran, die printfixierte Branche aufzumischen.

Ein typisches Bild, das mit Japan in Verbindung gebracht wird, sind überfüllte Pendlerzüge. Und wer dort nicht gerade schläft oder SMS tippt, der liest. Da mobiles Internet bereits 1999 flächendeckend verfügbar war, entwickelte sich das Handy frühzeitig zur Alternative für gedruckte Medien und Japan sich zur führenden E-Reading Nation. Der Markt war und wird jedoch überwiegend von digitalen Manga dominiert, beim Thema eBooks stößt man in dem technikaffinen Land auf eine hoch konservative Branche.

Zwar boten Toshiba, Panasonic und Sony bereits 2002 eBook Reader an, diese floppten aber, weil kleinformatige Taschenbuchausgaben (Bunko, ca. Din A6) das Bedürfnis der Bahnfahrer nach Handlichkeit ausreichend bedienten (im Gegensatz zu den teilweise telefonbuchdicken Manga-Magazinen). So sahen sich die Verlage aufgrund der geringen Nachfrage auch nicht gezwungen, eBooks zu produzieren. Erst mit dem Aufkommen von Tablets wurde der Kreis durchbrochen, weil sie zwar für andere Zwecke als das Lesen von eBooks gekauft wurden, aber gleichzeitig vielen Japanern potenzielle Lesegeräte in die Hand gaben. Das Angebot entwickelt sich allerdings deutlich langsamer als die Nachfrage.

Hürdenlauf für Verlage

Aufgrund seiner Schrift und Leserichtung konnte Japan nicht die westlichen Dateiformate übernehmen und musste eigene entwickeln. Da es hier nicht zu einer Kooperation der Verlage kam, entstanden zahlreiche Standards, die teilweise nur auf einzelnen Lesegeräten angezeigt werden können. Und da die Nutzung oft mit Lizenzgebühren verbunden ist, veröffentlicht nicht jeder Verlag jedes Buch in jedem Format geschweige denn existiert jedes Format in allen eBook-Shops (mehr dazu hier).

Auch plagen die im Westen größtenteils ausgestandenen Kannibalisierungsängste die japanischen Verleger immer noch, der Markt ist deshalb überwiegend von Backlist-Titeln geprägt – sofern überhaupt Autorenverträge abgeschlossen werden können, denn es ist in Japan gängige Praxis, die Rechte an einem Buch nicht an den Verlag zu verkaufen, sondern nur für einen bestimmten Zeitraum zu lizenzieren. Eine fehlende Preisbindung für eBooks (wohl aber für gedruckte Bücher) lässt Verleger zudem Preisdumping fürchten.

Buchscanner als Antwort auf fehlendes Angebot

diybookscanner_dsc9744Wie unzufrieden Japans Leser mit der aktuellen Situation sind, zeigt sich in der rasanten Verbreitung von Jisui, dem Einscannen von Büchern durch Privatpersonen. Eine Praxis, die eine Lücke des Copyright-Gesetzes ausnutzt und die illegale Verbreitung von eBooks fördert.

Und die Kunden, die trotz des dürftigen Angebots legal eBooks kaufen wollen, werden von dem Angebot an eBook-Stores erschlagen. Zu den Shops, die zur Jahrtausendwende entstanden sind, haben sich in der Zwischenzeit auch noch Angebote einzelner Buchhandlungen, Druckereien und Verlage gesellt und keines dieser Portale bietet das das gesamte eBook-Angebot Japans an, es fehlt immer mindestens ein großes Verlagshaus. Dieses Problem versuchen nun seit erst knapp einem Jahr die Onlinehändler Amazon und Rakuten (der im Januar 2012 den kanadischen E-Reading-Spezialisten Kobo gekauft hat ) zu lösen.

Amazon/Kindle vs. Rakuten/Kobo

kobo-ereader-touch-editionDer Launch des Kobo Touch in Japan im Juni 2012 wurde von Rakuten-Chef Hiroshi Mikitani mit den Worten datou amazon (Zerstört Amazon!) begleitet. Man wollte schneller und besser als die Amerikaner sein, schaffte aber nur ersteres. Softwareprobleme führten zu negativen Kundenbewertungen, die das Unternehmen von der Website entfernte und damit eine Kritikwelle auslöste. Auch waren zum Start deutlich weniger eBooks verfügbar als angekündigt, und auch jetzt übersteigt das Angebot die 100.000er-Marke nicht.

Von den 470.000 eBook Readern, die zwischen März 2012 und März 2013 in Japan verkauft wurden, entfallen 33 Prozent auf Kobo (zum Vergleich: Für Deutschland geht der Branchenverband Bitkom von 800.000 Lesegeräten im Jahr 2012 aus – bei 1/3 weniger Einwohnern als Japan). Damit bleibt Rakuten beim Digital- wie auch im Printbuchhandel hinter Amazon zurück. Der Kindle ist mit 38,3 Prozent Marktanteil das beliebteste Lesegerät – und das, obwohl Amazon erst im November 2012 in den Markt eingestiegen ist. eBook Reader-Pionier Sony liegt mit 25,5 Prozent auf dem dritten Platz.

Das Rennen um einen der größten Buchmärkte der Welt hat allerdings gerade erst begonnen. Kobo-Chef Mikitani baut nach wie vor darauf, dass das Schicksal westlicher Verlage, die von Amazon an die Kette gelegt wurden, die japanischen Häuser zu Rakuten treibt. Und die Leser sind dankbar, dass endlich mal jemand den Startschuss gegeben hat.

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Kommentare


SPD in RLP » Vorfreude, schönste Freude – die Freuden des Online-Shopping 3. Februar 2014 um 02:13

[…] mich sehr gewundert hat, war dieser Artikel über den langsamen Start der E-Books in Japan. Da bin ich im Zuge meiner Recherchen zufällig drauf gestoßen und war schon überrascht, denn ich […]

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