Facebook Buchclub: Kurzer Hype, langer Leerlauf
Als Facebook-Chef Mark Zuckerberg Anfang Januar einen Buchclub im sozialen Netzwerk ins Leben rief, war das Interesse riesig – und anfänglich auch die Nachfrage nach den vorgestellten Titeln. 12 Monate später ist die Facebook-Gruppe den Weg vieler guter Vorsätze gegangen.
Im Jahr 2015 wolle er alle 2 Wochen ein neues Buch lesen, machte Mark Zuckerberg am 03. Januar über ein Facebook-Posting publik. Wer sich an seiner "Reading Challange" beteiligen wolle, könne das über die Facebook-Gruppe A Year of Books tun, erklärte Zuckerberg. Dort würde alle zwei Wochen ein neues Buch vorgestellt, das dann gemeinsam gelesen diskutiert werde – wie in einem typischen Buchclub eben.
My challenge for 2015 is to read a new book every other week — with an emphasis on learning about different cultures,…
Posted by Mark Zuckerberg on Freitag, 2. Januar 2015
"Irrer Bücher-Hype"
Das Medienecho auf die Ankündigung des Facebook-Chef war weltweit groß. Die Tagesschau verkündete, "Zuckerberg teilt seine Liebe zum Lesen", und "Facebook-User zeigen sich begeistert". Für ihren Bericht befragte die Tagesschau sogar zwei Facebook-Nutzer in einem Cafe, die sich beiden gut vorstellen könnten, bei der Challenge mitzumachen. Kurz: "Bücher und Facebook – da bahnt sich gerade eine scheinbar ungewöhnliche Beziehung an".
Die BILD-Zeitung postulierte gar, "Mark Zuckerberg sorgt für irren Bücher-Hype". Tatsächlich schoss der erste besprochene Titel, das bis dahin kaum bekannte Politik-Buch The End of Power, aus dem Nichts in die Top 10 der Amazon.com-Bestsellerliste und war zeitweise restlos vergriffen. Für die Zukunft prognostizierte die Bild: "Wir sind schon jetzt gespannt, welches Buch es als nächstes auf die Leseliste des Facebook-Chefs schafft. Ruhm scheint gewiss…"
2 Kommentare zu Buchclub-Titel
Im Rückblick kann davon keine Rede sein. Am Ende des "Year of Books" zählt die Facebook-Gruppe zwar mehr als 550.000 Mitglieder und die Moderatoren stellen nach wie vor alle zwei Wochen ein Buch zur Diskussion. Die Beteiligung an den Leserunden ist aber überschaubar bis marginal.
So gab es zum Mitte November vorgestellten Buch Nummer 21 des Lesejahres, dem Sachbuch-Bestseller The Idea Factory, noch ganze 7 Diskussionsbeiträge. Davon beschäftigen sich nur 2 mit dem Inhalt. Zum Vergleich: Zum ersten Buch sammelten sich in der Facebook-Gruppe stolze 885 Kommentare.
Auch Zuckerberg ist verstummt
Auch Mark Zuckerberg, der sich anfangs noch an Debatten in der Gruppe beteiligte, ist schon lange verstummt. Ob er persönlich die vorgestellten Titel alle noch liest, ist offen unklar.
Mit seinem familiären Zuwachs plus einer wohl nicht unerheblichen Arbeitsbelastung im Brotjob hätte Mark Zuckerberg auch gute Gründe, seine Reading Challenge aufzugeben oder zu lockern – wie sich im Alltag nun einmal immer Gründe ergeben, gute Vorsätze ins Folgejahr zu verlegen. Und so ging es vielen anderen anfangs begeisterten Diskutanten offenbar auch. Mit inzwischen mehr als 1,5 Milliarden monatlichen Nutzern hat Facebook zweifelsohne ein unfassbares Potenzial, um Aufmerksamkeit für Themen herzustellen. Ein Selbstläufer sind Projekte wie ein moderierter Buchclub mit prominentem Taktgeber aber darum noch lange nicht – und ein allgemeines soziales Netzwerk dafür vielleicht auch einfach nicht der richtige Ort.
Kommentare
Was (und wann) erfolgreiche Menschen lesen » lesen.net 15. August 2016 um 12:29
[…] sogar einen “Buchclub” in Form einer Facebook-Gruppe ins Leben. Auch wenn dem Projekt nach einem kurzen Hype ein langer Leerlauf folgte, steht es doch beispielhaft für zwei Umstände. Erfolgreiche Menschen lesen viel, und die […]