Fake-Bewertungen: Amazon verklagt eigene Verkäufer
Im geschäftlich essentiell wichtigen Kampf gegen Fake-Bewertungen zündet Amazon die nächste Eskalations-Stufe. Der Online-Händler verklagt jetzt nicht nur mehr Verkäufer von Fake-Bewertungen, sondern geht auch gegen Marketplace-Händler vor, die Bewertungen einkauften oder sogar selbst verfassten. Damit kommen auch die Einschläge für Indie-Autoren und Verlage näher.
Die Meinung anderer Kunden spielt für viele Online-Einkäufer eine große Rolle bei der Kaufentscheidung. Entsprechend groß ist die Versuchung für Anbieter – und dazu zählen Verlage und Autoren von eBooks -, beim Bewertungsprofil nachzuhelfen. Der führende Online-Händler Amazon, der über sein "Vine"-Programm auch selbst Frei-Exemplare gegen Kundenmeinungen abgibt, geht seit vergangenem Jahr zunehmend gegen eingekaufte Bewertungen vor.
Nach Verkäufern jetzt auch Käufer im Visier
Im April 2015 reichte Amazon eine Klageschrift gegen mehrere Plattformen ein, die dediziert Amazon-Bewertungen verkauften. Im Herbst folgten dann Klagen gegen mehr als 1.000 einzelne Nutzer, die auf dem beliebten Dienstleister-Marktplatz Fiverr die Publikation von Bewertungen anboten.
Bislang ging Amazon nur gegen die Verkäufer von Rezensionen vor, jetzt geraten aber auch die Käufer dieser Bewertungen – sprich: Anbieter von bei Amazon gehandelten Produkten – ins Visier. Wie in dieser Woche zuerst die Seattle Times berichtete, klagte Amazon zunächst gegen drei Amazon-Marketplace-Händler (im Artikel auch namentlich genannt), bei denen "mindestens 30 Prozent" der Rezensionen eigener Produkte nicht von tatsächlichen Käufern stammten. Statt dessen wurden die Rezensionen über eigens angelegte Accounts publiziert.
Ausschluss + Schadensersatz + Rechtskosten
Amazon schließt die Händler aus seinem Marktplatz aus und fordert bei Zuwiderhandlung die Zahlung einer Vertragsstrafe von 25.000 US-Dollar. Und: Die mit dem Verkauf der beanstandeten Produkte erzielten Umsätze sollen an Amazon zurückerstattet werden. Weiterhin sollen die Verklagten die Rechtskosten tragen.
Natürlich untersagt Amazon seit jeher in seinen Händler-Geschäftsbedingungen die Beauftragung oder eigene Publizierung lobender Bewertungen. Trotzdem ist auch der Kindle Store voll von solchen den Kunden täuschenden Besprechungen, und zwar bis in die obersten Ränge der Charts (wir berichteten).
Amazon meint es ganz offenbar ernst mit dem Kampf gegen betrügerische Rezensionen. Bei der algorithmischen Erkennung solcher Kritiken wird der Händler immer besser, die Konsequenzen für Verkäufer und Käufer wachsen zusehends – und damit auch das Abschreckungspotenzial. Bleibt die Frage, wie Verlage und Indie-Autoren zu "ehrlichen" Bewertungen kommen sollen, denn es gibt das typische Henne-Ei-Problem (ohne Rezensionen keine Leser keine Rezensionen) und der typische Käufer ist rezensionsfaul. Der riesige Graubereich mit kostenlosen Lese-Exemplaren gegen Besprechungen und autorengeführten Leserunden wird uns darum sicherlich erhalten bleiben.
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Kommentare
NEWS! Fake-Wertungen: Amazon verklagt eigene Verkäufer | OnleiheVerbundHessen 24. Juni 2016 um 17:02
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