Immer weniger "echte" Rezensionen
Die Klagen von Amazon gegen Rezensionen-Verkäufer (und das schwunghaft selbst betriebene Rezensionen-Geschäft über "Vine"), die Ausblendung von "Nicht-Hilfreich"-Beurteilungen, Einfachst-Rezensionen über Dropdown – das alles hat einen simpln Grund: Immer weniger Leser schreiben offenbar von sich aus Rezensionen. Indie-Autoren reagieren darauf jetzt mit einem Appell an ihre Leser.
Die 6 größten Rezensionen-Irrtümer veröffentlichte die renommierte Indie-Autorin Kira Gembri vorige Woche auf ihrer Facebook-Seite. Damit versucht sie häufige Argumente gegen das Schreiben von Rezensionen auszuräumen ("Ich kann das nicht", "Es interessiert den Autor nicht").
Warum der Beitrag? Die Indie-Autorin schreibt: "Meinen Kolleginnen und mir ist schon vor einer Weile aufgefallen, dass auf Amazon immer weniger rezensiert wird. Früher konnten wir uns fast täglich über neue Bewertungen freuen, jetzt behalten die Leser ihre Meinungen anscheinend lieber für sich." Der Beitrag erhielt bislang fast 300 Likes und wurde 160x geteilt, vielfach von Autoren-Kollegen mit ähnlichen Problemen.
Auch Gratis-Aktionen helfen wenig
Das Problem ist beim Blick in den Kindle Store (Thalia & Co. haben deutlich weniger Rezensionen) zumindest nicht auf den ersten Blick offensichtlich, denn die meistverkauften eBooks – meist aus Indie-Feder – und auch Print-Titel haben fast durchweg einige Dutzend bis einige Hundert Rezensionen. Dahinter steckt allerdings häufig viel Aufwand: Freiexemplare an Blogger und Testleser, vielfach mit der Bitte um eine Rezension auch bei den großen Händlern, wo positive Besprechungen klar verkaufsfördernd wirken.
In der Vergangenheit waren auch zeitlich befristete Kostenlos-Aktionen ein beliebtes Mittel zur Generierung von Rezensionen, immerhin werden die kostenlosen eBooks dort mehrere Tausend Mal heruntergeladen. Rezensionen entstehen daraus allerdings kaum noch. Die aktuelle Nummer 1 der Gratis-Charts bei Amazon, ein Low Carb Kochbuch, ist bereits mehreren Tagen kostenlos. In diesem Zeitraum kam aber nur eine einzige Rezension dazu. Die Erfahrung zeigt, dass auch nach Ablauf von Kostenlos-Aktionen nicht mehr viele Besprechungen nachkommen.
Rezensionen nutzen Allen, die Ausarbeitung aber nicht
Psychologisch handelt es sich um ein klassisches Gefangenendilemma. Alle Leser nutzen aussagekräftige und neutrale Rezensionen, aber der einzelne Leser profitiert nicht davon, Arbeit in die Verfassung einer solchen zu stecken. Die Autorin Kira Gembri schreibt dazu ("Es nützt mir nichts."), Rezensionen helfen Autoren dabei, bessere Bücher zu schreiben, wovon dann auch der Rezensent profitiert. Das mag sein, ist aber doch ein sehr abstrakter Nutzwert. Weit mehr, als ein Buch als Freiexemplar im Austausch gegen eine Rezension zu bekommen, wie es – notwendigerweise – häufig praktiziert wird.
Andere Indie-Autoren und Kleinstverlage bitten Freunde und Familie um Rezensionen oder schreiben diese mit anderen Accounts gleich selbst (Woran du Fake-Rezensionen erkennst (und woran nicht)). Nicht zu begrüßen, aber eine logische Konsequenz aus dem Mangel an rezensionswilligen Lesern.
<Bildnachweis: Rezensionen von Shutterstock>
Kommentare
50 US-Dollar Mindestumsatz: Amazon verschärft Rezensionsrichtlinien » lesen.net 4. Oktober 2016 um 17:15
[…] Immer weniger Kunden schreiben “echte” Rezensionen, gleichzeitig floriert das Geschäft mit gekauften Bewertungen und Rezensionen gegen Gefälligkeiten respektive aus dem Bekanntenkreis. Mit Überarbeitungen des Bewertungssystem und Klagen gegen professionelle Rezensions-Verkäufer ging Amazon hier in der Vergangenheit bereits mehrmals gegen eine Verfälschung dieses für viele Kunden wichtigen Entscheidungskriterium beim Kauf von Produkten vor. […]
Amazon.de verbietet und löscht "anreizbasierte" Rezensionen, führt Limit ein » lesen.net 1. Dezember 2016 um 19:07
[…] stellen einen wichtigen Faktor bei der Kaufentscheidung für viele Konsumenten dar, gleichzeitig gibt es aber immer weniger “echte” Kundenbewertungen. Anbieter verschiedenster Produkte behalfen sich darum in der Vergangenheit mit der Abgabe […]
Lesezeichen 2016, Q2: Digitaler Nachlass, ICE Portal, Kindle Oasis » lesen.net 28. Dezember 2016 um 15:59
[…] Immer weniger “echte” Rezensionen […]