iPad + iBooks: Licht und Schatten
Apple hat es wieder getan: 300.000 abgesetzte iPads allein am ersten (und feiertagsbedingt bis heute einzigen regulären) Verkaufstag sind eine klare Sprache des Erfolgs. Und die Käufer der ersten Stunde waren nicht untätig, luden innerhalb weniger Stunden über eine Million Apps herunter; auch 250.000 eBook-Downloads aus dem iBookstore (viele davon wohl kostenlos) konnte das Unternehmen vermelden. Die Meinungen zur Tauglichkeit vom iPad als Lesegerät und iBooks als Shopping- und Wiedergabetool gehen aber auseinander.
Der PC World zufolge ist der massiv reflektierende Touchcreen des iPad in heller Umgebung ein perfekter Spiegel, aber kaum zur Anzeige von eBooks geeignet. Verbunden mit dem hohen Gewicht sei das iPad damit weit davon entfernt, den Markt für dedizierte eBook Reader kaputt zu machen: "If anything, the iPad is the amazing, magical device that proves the value of E-Ink."
Hart geht auch welt.de Redakteur Kritsanarat Khunkham mit den Lesequalitäten des Tablets ins Gericht. In iBooks sieht er "den großen verfehlten Anspruch des Apple-Neulings: In allen Punkten wird es vom Kindle, dem eBook-Reader von Amazon, geschlagen." Das iPad sei zu schwer, zu kurzatmig und zu augenermüdend fürs gemütliche Schmökern. Auch das Content-Angebot sei beim Kindle besser.
Diesen letzten Haken hat allerdings Amazon selbst inzwischen relativiert: Dank Kindle for iPad sind auf beiden Devices die 450.000 Texte aus dem Kindle Store kauf- und lesbar. In den Augen vieler Kritiker ist das auch bitter nötig, denn die 60.000 eBooks im iBookstore seien nicht mehr als ein Rumpfangebot – abseits der Bestsellerliste sieht es stellenweise düster aus.
Dafür gibt sich iBooks bei Design und Usability apple-typisch keine Blöße. Das Fachmagazin ReadWriteWeb lobt im Rahmen eines Vergleichstests schicke Animationen, vielfältige Darstellungsoptionen (individualisierbare Fonts, Anzeige von zwei Buchseiten gleichzeitig) und eine pfeilschnelle Suchfunktion. Auch DRM-freie epub-Dateien können via iTunes 9.1 in das Tool importiert werden.
Kindle for iPad wirke im Vergleich dazu eher spröde und rudimentär, so die Kollegen. Dass ist allerdings vor dem Hintergrund zu sehen, dass Apple Amazon wie berichtet bis zum 1. regulären Verkaufstag ein Testsample verweigerte und in Seattle damit "blind" programmiert werden musste. Amazon hat bereits zeitnahe Updates mit neuen Funktionen in Aussicht gestellt, unter anderem soll bald die schon in iBooks umgesetzte Suche von markierten Wörtern im Wörterbuch folgen.
Vorläufig lautet das Fazit von ReadWriteWeb aber "iBooks ist die bessere App; Kindle ist die bessere Plattform". Amazon biete mehr eBooks, ermögliche die Lektüre auf mehr Plattformen und bringe zudem auch noch eine Notizfunktion mit. Aus Apple-Sicht relativ vernichtend gibt das Fachmagazin darum die Handlungsempfehlung "investing in Kindle books seems like a smarter decision as you don’t lock yourself completely into Apple’s smaller ecosystem."
Entsprechend sehen auch Analysten die Kindle-Bauer aus Seattle momentan als heimlichen Gewinner des iPad. Forrester Research Experte James McQuivey vermutet bei paidcontent.org, in 2010 werden auf dem iPad mehr Kindle Books als iBooks abgesetzt. Während der Kindle-Plattform damit eine große Zukunft voraus gesagt wird, sieht McQuivey den Kindle 2 als Auslaufmodell: Amazon werde hier kräftig an der Preisschraube drehen und das Folgemodell ebenfalls deutlich unter 260 US-Dollar anbieten müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Dass Amazon wohl schon über das Verschenken von Kindles (an besonders kaufkräftige Lesefreunde) nachdenkt, lässt die Strategie wahrscheinlich erscheinen.
Über den Strategievorschlag von Forrester Research an Amazon (und Sony), es Apple gleichzutun und einen "full-color, full-media, touch device" nebst digitalem TV-Tuner und Anbindung zum eigenen Content-Store an den Markt zu bringen, lässt sich streiten. Dass vielen Gelegenheitslesern die Key Facts vom iPad in dieser Beziehung (> 10hr Akkulaufzeit, komfortable Leseprogramme, breites Angebot an günstigen Inhalten) schon genug sind und oben genannte Nachteile dafür in Kauf genommen werden, ist allerdings absehbar.
Nichts desto trotz werden auch elektronische Lesegeräte den wachsenden Markt der Viel- und Komfortleser bedienen, die eben nicht zwischen zwei Romankapiteln E-Mails abrufen oder bei Youtube vorbeischauen wollen. Zudem zeigten in den letzten Monaten etliche Hersteller – darunter auch Kindle-Bauer PVI – farbige E-Paper, die schon bald ihren Weg in eBook Reader finden und mittelfristig mit der sprichwörtlichen Graumäusigkeit elektronischer Lesegeräte aufräumen werden.
Kommentare
Micro M 6. April 2010 um 13:45
Intuitive Bedienung und schnelle Reaktion der netten Animationen – da lacht das Herz.
Aber die schlechte Lesbarkeit des Display’s im hellen Licht und der Stronverbrauch machen es als ernsthaften e-Reader untauglich.
Vielleicht gibt es ja mal ein Mirasol – umrüstsatz – dann könnte das interessant werden.
Marco Senf 6. April 2010 um 13:50
Ich hatte den Kindle, ich hatte den Sony eReader – aber habe sie beide wieder verkauft. Die eInk Technologie mag ein papiernaheres Erlebnis vermitteln, aber sie ist unendlich langsam und eingeschränkt auf schwarz-recyclingpapiergraue, niedrigauflösense Bildschirme.
Wer in die Zukunft sieht und sagt, das wird sich demnächst ändern und weiterentwickeln dem sage ich dass auch das iPad durch einen jährlichen Zyklus gehen wird und nicht auf dem heutigen Niveau stehen bleibt. Genauso wird sich das Kontentangebot vergrößern, wie schon so oft im iTunes Store passiert.
Das iPad ist sicherlich nicht der ideale Reader. Aber es ist noch hunderttaussende Apps mehr als das. Und so muss man das iPad, denke ich, sehen.
Es gibt einen Markt für eInk, das glaube ich dabei schon. Aber der öffnet sich an der Stelle, an dem sie dem Papier noch ähnlicher wird. In der Haptik, dem Gewicht und vorallem dem Preis. Bis dahin wird es immer mehr oder weniger ein Nischenprodukt bleiben, weil das jahrtaussendelang ethablierte Papier ein zu großer Konkurrent ist. Und das bleibt er auch.
Es wird immer gute Bücher auf Papier geben. Schöne Bücher. Mit hartem Einband in Leinen oder Leder geschlagen… mit Goldschnitt… farbigen Drucken…, außergewöhnlicher Schrift . Aber Bücher die auf den Content reduzierbar sind weil ihnen all das fehlt, brauchen kein Papier und das sind, wenn ich so durch Buchhandlungen gehe, die meisten heutzutage gedruckten Bücher.
AH 7. April 2010 um 13:50
Ich finde E-Reader sehr interessant und verfolge mit Ärger die Probleme die Amazon hat hier in Deutschland ein entsprechendes Gerät auf den MArkt zu bringen. Telefiongesellschaften wollen nicht, Buchanbieter wollen E-Books lieber gar nicht sehen. Das IPAD ist sehr interessant da ich jedoch Itunes nicht mag für meinen IPod werde ich mich hüten mir ein IPAD mit einer ähnlichen Software zu kaufen.
Leser 8. April 2010 um 07:15
… allzu stabil isser nicht:
http://www.youtube.com/watch?v=lAl28d6tbko&feature=player_embedded
iPhone OS 4.0 mit iBooks, Gift-Apps, iAds » eBooks » lesen.net 9. April 2010 um 16:14
[…] Ramen der OS-Preview legte Steve Jobs außdem ein paar weitere Eckdaten zum bisherigen Markterfolg vom iPad vor. Demnach hat sich das Apple Tablet inzwischen […]
Lalaaaaa 10. April 2010 um 15:49
Amazon sollte ein Abosystem wie beim Buchclub einführen und den Kindle quasi als Draufgabe den Abonnenten überreichen.
Pearl eLyricon: 99-Euro-Reader ist da » Topnews » lesen.net 4. Juli 2010 um 15:50
[…] weiteres häufiges Ärgernis – unter anderem beim iPad – sind Spiegelungen, die eine Benutzung in heller Umgebung (Sonnenlicht) erschweren oder […]
iBooks: Apple beansprucht 20% des E-Book-Marktes » Debatte, eBooks » lesen.net 13. Juni 2013 um 16:20
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