Kindle: Verlage legen sich mit Amazon an
Der Amazon Kindle 2 ist vor allem deshalb so erfolgreich, weil Leser hier beim Buchangebot bislang keine Kompromisse eingehen mussten. 109 von 112 Titeln auf der aktuellen New York Times Bestsellerliste sind als Kindle eBooks erhältlich, rühmt Amazon das große Angebot dann auch auf der Kindle-Produktseite.
Die meisten dieser eBooks gehen für $9,95 über den virtuellen Ladentisch – ein gewaltiger Abschlag zu Print auch für die Verleger, die an den meist mit 20$ bis 25$ bepreisten Hardcover-Ausgaben deutlich mehr verdienen. Durch seine marktbeherrschende Stellung in den USA war es Amazon bislang aber möglich, die Preise niedrig und trotzdem alle wichtigen Verlage im Boot zu behalten.
Doch bei den Verlagen macht sich zunehmend Unmut über den Status Quo breit – mit ersten Konsequenzen. So berichtet das Wallstreet Journal heute, ein im September erscheinender potenzieller Bestseller solle erst im Frühling als eBook zu haben sein.
Ein halbes Jahr lang ist der an Harry Potter angelehnte "Bran Hambric" nur als teures Hardcover zu haben. Trotzdem soll sich der bei Sourcebooks erscheinende Jugendroman 75.000x verkaufen.
Der Verlag wolle nicht mit billigen eBooks die lukrativeren Print-Umsätze kannibalisieren, so Sourcebooks-Chefin Dominique Raccah zum WSJ. Dafür nehme man insgesamt geringere Absatzzahlen gerne in Kauf.
Ursache für den Preisdruck bei digitalen Inhalten – ein weiteres Beispiel ist der Konflikt von Apple mit der Musikindustrie – sieht ein Marktbeobachter im Kunden: Anwender seien nicht bereit, für eine Datei genauso viel zu bezahlen wie für das Bundle "Inhalt plus Trägermedium". Amazon sei in einem Spannungsfeld zwischen nach günstigen eBooks verlangenden Kunden und umsatzorientierten Verlagen, die sich vom E-Buchhändler den Preisdruck offenbar immer weniger gefallen lassen.
Auf das boomende Geschäft mit digitaler Literatur kann es sich aber wohl kein Verlag mehr leisten zu verzichten. Das Marktwachstum drückt sich inzwischen auch in den eReader-Verkäufen aus. So werden Ende 2009 einem Analysten von Forrester Research zufolge in den USA drei Millionen eBook Lesegeräte im Umlauf sein. Allein zwei Millionen davon wurden in diesem Jahr gekauft.
Statt dem totalen Boykott versuchen sich die Verlage an alternativen Vertriebspartnern. Simon & Schuster beispielsweise ging vergangenen Monat eine Kooperation mit der populären Leseplattform Scribd ein. Seitdem können beim "Youtube für Texte" auch mehrere Tausend Bücher der New Yorker geshoppt werden. Parallel bietet der Verlag seine digitalen Bücher weiterhin zu "genormten" Preisen im Kindle Store an – noch.
Kommentare
» LINKLOAD vom 13.07.2009 [UPLOAD Blog] 13. Juli 2009 um 20:08
[…] Langsam geht den Verlagen offenbar auf, dass sie sich mit dem Duo Amazon & Kindle ebenso ein Problem geschaffen haben, wie einst die Musikindustrie mit dem Duo iTunes & iPod. Jetzt gibt es erste Bestrebungen, den aufstrebenden E-Book-Markt zugunsten der gedruckten Bücher künstlich auszubremsen. […]
eBook-Verkäufe fließen in US-Bestsellerliste ein » eBooks » lesen.net 23. Juli 2009 um 15:27
[…] NYT, auf deren Daten sich Amazon selbst bei der Hervorhebung der Vielfalt im Kindle-Store – “109 von 112 Titeln digital verfügbar” – immer wieder gerne beruft) keine Gedanken über ihre Validität machen. Das gilt […]
Amazon vs. Verlage – 1:0 » Debatte, eBooks » lesen.net 23. August 2009 um 19:03
[…] hat beim Konflikt mit der Verlagsbranche um die Preisgestaltung von Kindle-eBooks einen wichtigen Etappensieg errungen. Das am 15. […]
USA: Preiskrieg erreicht eBooks » Debatte » lesen.net 11. Dezember 2009 um 08:29
[…] den Verlagen regte sich bereits im Sommer öffentlich Unmut über die Niedrigpreispolitik von Amazon. Um die lukrativeren Hardcover-Verkäufe nicht zu […]
Amazon: 48 Kindle Books je 100 Bücher » eBooks » lesen.net 21. Dezember 2009 um 01:59
[…] auch weniger. Zwar bekommt er bei Print wie eBook 10%-15% des Verkaufspreises ausbezahlt, durch die kontroverse $9,99-Policy bei Kindle-Bestsellern von Amazon.com fällt für erfolgreiche Autoren wie Lescroart […]
EU-weite Petition für verminderte MwSt auf eBooks » Debatte » lesen.net 4. Januar 2010 um 20:49
[…] auf eBooks würden die Verlage zwar direkt profitieren, allerdings gibt es die Befürchtung einer Kannibalisierung der lukrativen Hardcover-Verkäufe bei einem großen Erfolg von billigen elektronischen […]
[Update] Amazon: Verlag verabschiedet sich (zu Apple?) » eBooks » lesen.net 1. Februar 2010 um 08:56
[…] Store zu publizieren – eine Strategie, die zum Schutz der lukrativeren Hardcover-Verkäufe auch anderswo schon gefahren wird. Amazon war davon offensichtlich überhaupt nicht begeistert, wie das (sicherlich mit empfindlichen […]
“Strobo” als eBook: 60% günstiger, DRM-frei » Kaufen » lesen.net 8. Februar 2010 um 23:20
[…] publizierte der Berliner Kleinverlag SuKuLTuR das Buch auch als eBook – in Zeiten von kalkulierten Verzögerungen an sich schon eine Erwähnung wert. Gleiches gilt für den Verzicht auf jegliche […]
eBook Piracy nicht aufzuhalten? » Debatte » lesen.net 15. Oktober 2010 um 20:26
[…] Zugänglichkeit einschränkenden Fußfesseln versehen (Stichwort DRM) oder schlicht nicht bzw. nur mit Verzögerung digital verfügbar (Harry Potter eBooks gibt es nach wie vor nicht auf legalem Wege), erweitert […]
Oyo: Thalia testet “eBook first”, updated Firmware » eBooks, eReader » lesen.net 10. Dezember 2010 um 12:54
[…] verzögerte Veröffentlichung der Digital-Ausgabe ist eine angedachte (und teilweise auch realisierte) Verlagsstrategie zur Protegierung der lukrativeren Hardcover-Sales von neuen Titeln. Thalia geht […]
#9 Deutscher eBook-Markt, Piracy » eBooks » lesen.net 15. März 2011 um 23:28
[…] Kinostart und DVD-Release) im Hinterkopf zu behalten. Die von einigen Buchpublishern gefahrene oder zumindest angedachte Strategie, eBooks erst zusammen mit den Taschenbuchausgaben – und damit ebenfalls etliche […]