Manche mögen’s lang: Große Seitenzahl-Unterschiede zwischen Genre-Bestsellern
Fantasy-Leser erwarten dicke Wälzer, während Comics und Graphic Novels auch ohne hohe Seitenzahlen auskommen. Das legt eine Studie nahe, in der die durchschnittliche Länge von Kindle-Bestsellern einzelner Genres verglichen wurde – mit einigen überraschenden Ergebnissen.
Leser eines bestimmten Genres haben klare Erwartungen an ihre Lektüre. Dazu gehören nicht nur Inhalt und Cover-Gestaltung, sondern im gewissen Maße auch die Seitenanzahl eines eBooks. Obwohl es selbstverständlich innerhalb eines Genres große Abweichungen geben kann, zeigen die Durchschnittswerte, die Datenanalyst K-Lytics im Rahmen präsentiert, klare Tendenzen auf. Verglichen wurde die durchschnittliche Seitenzahl der US-amerikanischen Kindle-Top-100 in den 28 größten Kategorien. Einige der Ergebnisse sind durchaus unerwartet.
Comics & Co: Mehr Bilder, weniger Seiten
Wenig überraschend ist, dass Comics und Graphic Novels mit einem durchschnittlichen Umfang von 124 Seiten an erster Stelle liegen, also die kürzesten sind. Dafür gibt es gleich mehrere Gründe. Zum einen ist die Gestaltung einer Comic-Seite weit aufwendiger, als eine einfache Text-Seite vollzuschreiben (einige Autoren würden widersprechen). Dieser Mehraufwand rechnet sich nur mit einer geringeren Seitenzahl. Diese ist in dem Fall aber auch völlig in Ordnung, weil vieles, was an textlichem Inhalt eventuell fehlen mag, bereits in Form der Bilder präsentiert wird. Ähnlich verhält es sich mit Büchern zu Kunst und Fotografie sowie Kochbüchern, die schon von Natur aus eher auf Bildlichkeit als auf Texte ausgelegt sind.
Überraschend ist dagegen, dass Reiseliteratur, die ebenfalls meist stark auf die Unterstützung von Fotos setzt, mit durchschnittlich 394 Seiten als vorletzte, also zweitumfangreichste Kategorie gelistet ist. Das Ergebnis wird höchstwahrscheinlich der großen Varianz innerhalb des Genres geschuldet sein. So zählen neben schmalen Reiseführern und Bildbänden schließlich auch umfassende Reiseberichte und Abenteuerromane in die Kategorie.
Liebesromane müssen schnell zu Lesen sein
Etwas unerwartet ist außerdem, dass sich neben Ratgebern verschiedenster Art und generell Non-Fiction-Büchern auch die Liebesromane eher im Mittelfeld einordnen und mit 287 Seiten deutlich kürzer sind als beispielsweise Romane aus dem Young-Adult-Bereich (durchschnittlich 351 Seiten). Sogar eBooks für Kinder liegen mit 321 Seiten deutlich darüber. Hier ist die Frage, wo die Grenze zwischen Kinder- und Jugendbüchern liegt und ob letztere den Schnitt nicht eventuell etwas angehoben haben. Kinderbücher, gerade für Kleinkinder und Leseanfänger, sind erfahrungsgemäß doch eher kürzer gehalten.
Der relativ geringe Wert der Liebesromane lässt sich wohl auch dadurch erklären, dass es im eBook-Bereich, gerade in diesem Genre, häufig selbst-veröffentlichte Kurzgeschichten in die Bestseller-Liste schaffen und den Schnitt drücken. Das gleiche gilt für homoerotische Literatur, die meist ebenfalls selbstverlegt und eher kürzer gehalten ist. Auch der Lese-Hintergrund der Käufer könnte hier eine Rolle spielen. Liebesgeschichten werden als aufbauende Kleinigkeit zwischendurch gelesen und sollten am besten an einem Abend oder an einem Wochenende zu schaffen sein. Wie immer bestätigen Ausnahmen die Regel, namentlich der mehr als 600 Seiten starke erste Teil von Genre-Megaseller Fifty Shades of Grey.
Fantasy-Leser wollen viele Seiten
Ganz andere Erwartungen haben dagegen die Leser von Fantasy- und Science-Fiction-Romanen, die mit durchschnittlich 416 Seiten deutlich die längsten sind. Das ist wenig verwunderlich, wenn man den Inhalt bedenkt. Schließlich werden hier ganz Welten und Völker erschaffen und epische Schlachten geschlagen. Das ließe sich wohl nur schwer auf 200 Seiten unterbringen.
Interessant ist jedoch, dass die historischen Romane, die man auch eher als dicke Schmöker kennt, es nur auf die vierthöchste durchschnittliche Seitenzahl bringen. Geschlagen werden sie nicht nur von den erwähnten Fantasy- und Science-Fiction-Romanen und Reiseliteratur, sondern auch von der Kategorie "Mystery, Thriller und Spannung".
Abschließend ist zu erwähnen, dass die Seitenzahlen bei eBooks immer relativ sind, weil sich die Schriftgröße auf eBook Readern, Tablets und Smartphones bekanntlich variieren lässt. Angegeben ist meist die Seitenzahl der Printausgabe oder, bei eBooks ohne gedrucktem Pedant, eine anhand von Wörtern und Zeichen geschätzte rechnerische Seitenzahl.
<Bildnachweis: Dickes Buch von Shutterstock>
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