Mega-Star verlässt Spotify, befeuert Angst vor Streaming-Kollaps
Seit langem bläst dem Musik-Streaming-Dienst Spotify Gegenwind aus der Musikindustrie entgegen, jetzt hat ein erster Mega-Star Konsequenzen aus den miesen Vergütungen gezogen. Taylor Swift, deren Single "Shake It Off" aus ihrem neuen Album 1989 vergangene Woche das meistgespielte Lied überhaupt bei Spotify war, hat sich mit ihrem gesamten Katalog von der Plattform zurückgezogen. Nicht zuletzt die Reaktion von Spotify zeigt, wie groß die Sorge vor einem Domino-Effekt ist – und wie fragil letztlich auch das Geschäftsmodell der eBook Flatrates.
Immer wieder werden die bei Musikfreunden enorm populären Streaming-Dienste, zuvorderst Spotify, für ihre geringen Ausschüttungen krisiert. Vor einigen Monaten legte eine Künstlerin ihre Einnahmen offen, nach denen sie gerade einmal 0,4 Cent pro Streaming-Wiedergabe ausbezahlt bekam. 160 Streamings entsprechen demnach einem Verkauf.
Spotify selbst gibt an, im Durchschnitt 0,7 Cent pro Stream auszuzahlen – in Summe würden 70 Prozent der Abo- und Werbe-Erlöse an Künstler beziehungsweise Labels ausgeschüttet. Abseits davon gebe es Promotion-Effekte für anderweitige Monetarisierungen (Touren, Mechandise), außerdem sei Streaming eine effektive Alternative zu Piraterie, so die gängigen Argumente der Dienste. Tatsächlich hat der Erfolg von Spotify, Napster, Rdio & Co. mit ihren großen und leicht zugänglichen Katalogen den Piratensumpf in einigen Ländern nahezu ausgetrocknet – allerdings zu einem hohen Preis.
Erfolgreichstes Album seit 2002 macht Bogen um Spotify
In der Vergangenheit sind immer wieder kleinere Labels und Künstler bei Spotify ausgestiegen, andere machen gar nicht erst mit. Jetzt kehrt der erste Mega-Star dem Marktführer den Rücken. Taylor Swift hat sämtliche Alben und Singles von der Plattform genommen, berichtet Business Insider. Swift war zuletzt wohl die populärste Interpretin überhaupt bei Spotify: Ihre neue Single "Shake It Off" war zum Zeitpunkt der Löschung das meistgespielte Lied auf der Plattform, das vergangene Woche erschienene Album 1989 wurde heiß erwartet. Jetzt ist es aber nur käuflich zu erwerben – und auf Rekordjagd. Der Analysedienst Nielsen SoundScan geht von 1,2 bis 1,3 Millionen Album-Sales in der ersten Woche aus, womit 1989 das erfolgreichste Album seit 12 Jahren wäre (2002 startete "The Eminem Show" mit 1,32 Millionen Sales in der ersten Woche).
Spotify schmeichelt und bettelt
Entsprechend alamiert reagierte Spotify auf den Abgang des Mega-Stars. In einem am gestrigen Montag publizierten Blogpost führte Spotify aus, man habe derzeit 40 Millionen Nutzer – davon hätten in den letzten 30 Tagen fast 16 Millionen mindestens einen Taylor-Swift-Song gehört. Ihre Fans würden sie vermissen, sie solle doch bitte zurückkommne. Neben bezirzenden Worten ("It’s a love story, baby, just say, Yes.", angelehnt an einen Swift-Song) und zwei passenden Playlists führt Spotify auch noch einmal die oben genannten Argumente für die Plattform aus – wohlwissend, dass viele Labels und Künstler den Vorgang aufmerksam verfolgen werden.
Die Angst vor einem Domino-Effekt ist groß. Denn sollten andere bekannte Artists dem Beispiel Swifts folgen, nimmt die Attraktivität der Plattform für Nutzer ab. Insbesondere dürfte die Bereitschaft zur kostenpflichtigen Subskription zurückgehen, die einen überragenden Anteil an den Einnahmen und damit auch an den Ausschüttungen hat. Die Folge wären noch weniger Erlöse für Künstler, die Spotify dann noch eher den Rücken kehren, und so weiter.
eBook Flatrates: Geschäftsmodell in Gefahr
Auch in der Buchbranche wird man die Entwicklung beobachten. Denn auch bei Flatrate-Anbietern wie Skoobe, Kindle Unlimited und Readfy steht und fällt der geschäftliche Erfolg mit einem großen Katalog, und auch hier sind die Ausschüttungen pro Leihe deutlich geringer als pro Verkauf. Hinzu kommt, dass die Promotion-Effekte weniger Bedeutung haben – öffentliche Auftritte (Lesungen) haben in der Buchbranche längst nicht die monetäre Relevanz wie in der Musikbranche (Konzerte).
Bislang sind Buchverlage noch sehr zurückhaltend bei der Unterstützung von Flatrate-Modellen. Der derzeit noch komplett werbefinanzierte Dienst Readfy hat nur Kleinverlage und Indie-Literatur im Boot, bei Kindle Unlimited sieht es trotz heftiger Subventionierung (teilweise Leihe = Verkauf für Verlage) nicht viel besser aus. Einzig Skoobe (30 Tage kostenlos testen), ein Gemeinschaftsunternehmen der Verlagsgruppen Bertelsmann und Holtzbrinck, ist qualitativ besser aufgestellt. Auch dort gibt es aber eher eBooks aus der zweiten Reihe und betagte Bestseller als aktuelle Top-Titel – vieles spricht dafür, dass sich daran mittelfristig nichts ändern wird.
Kommentare
eBook Flatrate Readfy: Kampf ums Konzept » lesen.net 14. Januar 2015 um 22:53
[…] Vorbild im Musikbereich, das einen quantitativ wie qualitativ erstklassigen Katalog hat (von einigen Abweichlern abgesehen), ist das Sortiment von Readfy aber auch ein Jahr nach dem Start der Beta-Phase sehr […]