Schlusspunkt: Auch Random House/Bertelsmann (Heyne, Blanvalet, …) kehrt Adobe-DRM den Rücken
Der Größte kommt zum Schluss: Random House Deutschland (Bertelsmann), die hiesige Dependanz der weltgrößten Verlagsgruppe, verabschiedet von Adobe-Kopierschutz. Nach dem Ausstieg von Bonnier und Holtzbrinck hat sich die deutsche Kopierschutzlandschaft innerhalb von nur wenigen Monaten damit nachhaltig verändert. Der Druck auf Amazon wächst.
Nachdem der schwedische Bonnier-Konzern (Piper, Ullstein, Carlsen, …) Ende Juni die Umstellung seines Kopierschutzes von hart (Adobe) auf weich (Wasserzeichen) verkündete und nicht einmal einen Monat später Holtzbrinck (Rowohlt, Knaur, KiWi, S. Fischer, …) folgte, war Random House in den vergangenen Wochen der einzige große deutsche Verlagskonzern mit weiterhin harter Verschlüsselung. In sofern kam die Pressemitteilung am heutigen Dienstag (Volltext unten) nicht überraschend, in der die Bertelsmann-Tochter ihren eigenen Adobe-Exit annoncierte.
Weich statt hart
Der Vorlauf ist hier allerdings etwas länger als bei der Konkurrenz, erst am 01. Oktober wird der Schalter umgelegt. Random-House-Deutschlandchef Frank Sambeth: "Wir wollen das Interesse am digitalen Lesen weiter fördern und es Lesern möglichst einfach machen, E-Books zu lesen. Der Verzicht auf hartes DRM erleichtert Lesern und Vertriebspartnern den Umgang mit E-Book-Dateien, erhöht die Kundenzufriedenheit und reduziert Komplexität".
An die Stelle des ungeliebten Adobe-Kopierschutz wird auch bei Random House ein "weiches" DRM treten. Dabei wird es sich um sichtbare (Käufername auf der ersten Seite) und unsichtbare Wasserzeichen handeln, über die bei unrechtmäßiger Vervielfältigung der Urheber ausfindig zu machen ist. Auch dieses Prozedere hat nicht nur Freunde.
Interessante Gerichtsprozesse am Horizont
Random House ist es außerdem auf jeden Fall abzunehmen, wenn der Konzern ankündigt, man werde "aktiv gegen Urheberrechtsverstöße vorgehen". In der Buchbranche ist der Konzern hier seit jeher die klare Nummer 1, juristisch vertreten wird das Unternehmen von der berüchtigten Kanzlei Waldorf Frommer. Man darf sehr gespannt sein, ob hier tatsächlich auch Wasserzeichen zur Rückverfolgung der ursprünglichen Käufer eingesetzt werden und vor allem wie das juristisch bewertet wird.
Nur noch wenige DRM-Inseln
Innerhalb von nur zwei Monaten hat sich die deutsche E-Reading-Landschaft damit nachhaltig verändert. Jahrelang lieferten nur einige unabhängige Verlage wie Bastei Lübbe, Dumont und HoCa kopierschutzfrei aus, die drei großen Verlagskonzerne hielten an Adobe fest. Nun hat sich das Bild komplett umgekehrt – nur noch einige wenige größere Häuser wie Suhrkamp und Diogenes setzen auf Adobe-Kopierschutz und werden das jetzt wahrscheinlich auch intensiv überdenken.
Der neue "unknackbare" Adobe-Kopierschutz, der an die Stelle des seit Jahren einfach umgehbaren aktuellen Adobe-DRM treten sollte, wird damit wohl im deutschen E-Reading-Endkundenbereich niemals in Erscheinung treten. Überhaupt bricht hier gerade ein komplettes Umsatzsegment für den Softwarekonzern Adobe weg, der im vergangenen Jahr erstmalig auf der Frankfurter Buchmesse ausstellte und im Buchbereich noch einige Ambitionen hatte.
epub eBooks > Kindle Books
Auch für Amazon ist die DRM-Abkehr der großen Verlage – scheinbar – eine schlechte Nachricht. Denn Amazon stülpt grundsätzlich allem, was von Verlagsseite angeliefert wird, seinen eigenen Kopierschutz über. Bei Amazon gekaufte eBooks haben damit klar einen geringeren Nutzwert als etwas in Tolino-Stores gekauften kopierschutzfreien Dateien. So lassen sich bei Tolino-Stores wie Thalia, Weltbild & Co. gekaufte Random-House-Titel vom ersten Oktober an problemlos und völlig legal auf einen Kindle übertragen, umgekehrt ist das aber nicht (legal) möglich. Einzig: Der Durchschnittsleser macht sich diese Gedanken eher nicht, solange er auch Kindle Books mittels Lese-Apps komfortabel auf allen seinen Geräten schmökern kann.
VERLAGSGRUPPE RANDOM HOUSE SETZT AUF SOFT-DRM
Die Verlagsgruppe Random House veröffentlicht seit mehr als 15 Jahren digitale Ausgaben der Bücher ihrer Autorinnen und Autoren. Um die Handhabung von E-Books zu vereinfachen und den Markt weiterhin dynamisch zu entwickeln, ermöglicht die Verlagsgruppe ihren Vertriebspartnern ab 1. Oktober, E-Books auch mit Soft-DRM anzubieten.
DRM hat sich als Marktstandard bei der Auslieferung von E-Book-Dateien etabliert. Bislang wurde der Zugriff mit Hilfe von „hartem“ Digital Rights Management (DRM) kontrolliert. Auch wenn diese Art des Kopierschutzes innerhalb der Plattformen einiger Anbieter gut funktioniert, gibt es auch Systeme und Situationen, die den Leser stark einschränken. Mit der Umstellung auf Soft-DRM können Leser E-Books noch einfacher auf allen Plattformen und Endgeräten lesen und ihre persönliche E-Book-Bibliothek verwalten.
Gleichzeitig wird auch durch Soft-DRM ein sinnvoller Schutz vor Missbrauch gewährleistet, da sich der Weg von E-Books mittels Markierungen wie z. B. digitalen Wasserzeichen zurückverfolgen lässt. Mit Hilfe solcher und weiterer Maßnahmen wird die Verlagsgruppe auch künftig die Werke ihrer Autorinnen und Autoren vor Missbrauch schützen und aktiv gegen Urheberrechtsverstöße vorgehen.
„Wir wollen das Interesse am digitalen Lesen weiter fördern und es Lesern möglichst einfach machen, E-Books zu lesen. Der Verzicht auf hartes DRM erleichtert Lesern und Vertriebspartnern den Umgang mit E-Book-Dateien, erhöht die Kundenzufriedenheit und reduziert Komplexität. Gleichzeitig können auch Händler und Plattformen beliefert werden, die kein hartes DRM anbieten. Mit der Umstellung auf Soft-DRM schließen wir uns auch einem immer breiter werdenden Branchenkonsens an, mit dem Ziel den digitalen Markt in Deutschland kontinuierlich weiterzuentwickeln“, so Dr. Frank Sambeth, CEO der Verlagsgruppe Random House. Die Verlagsgruppe Random House ist ein Unternehmensbereich der Bertelsmann SE & Co. KGaA.
Zu den 45 Verlagen der Verlagsgruppe Random House in Deutschland zählen u.a. Blanvalet,
C. Bertelsmann, DVA, Goldmann, Heyne, Luchterhand und Siedler
<Bildnachweis: Lock von Shutterstock>
Kommentare
Random House Germany Goes Halfway, Adopts "Soft" DRM | The Digital Reader 18. August 2015 um 16:33
[…] form of DRM, they still see digital watermarks as DRM (Random House Germany was clear on this point in their announcement). That means when they don't have the option of digital watermarks, they could opt for hard […]
Random House / Bertelsmann kündigt Adobe-DRM-Exit an 18. August 2015 um 19:24
[…] vorgehen.“ Johannes Haupt von Lesen.net schenkt der Ankündigung Glauben, dass der Konzern tatsächlich die Wasserzeichen zur Verfolgung von Schwarzkopierern einsetzen […]
eBook Tipps zum Wochenende » lesen.net 21. August 2015 um 12:57
[…] Nur bei eBook.de sowie bei Hugendubel.de und nur noch am heutigen Freitag kostenlos. Leider noch […]
die ennomane » Links der Woche 23. August 2015 um 12:00
[…] Schlusspunkt: Auch Random House/Bertelsmann (Heyne, Blanvalet, …) kehrt Adobe-DRM den Rücken: […]
eBook – Abkehr vom harten DRM | Clemi's Seh-Blick 5. September 2015 um 17:11
[…] https://www.lesen.net/ebook-news/schlusspunkt-auch-random-housebertelsmann-heyne-blanvalet-dva-goldma… […]
Zu unsicher: Warum die Tolino-Händler eBooks von Knaur, Rowohlt & Co. immer noch verschlüsseln müssen » lesen.net 23. September 2015 um 14:56
[…] die Verlage der Konzerngruppe Random House am 01. Oktober auf Wasserzeichen umstellen, ist die deutsche E-Reading-Landschaft nahezu kopierschutzfrei. Tolino-Leser profitieren davon […]
Tolino Vision 3 HD im Test » lesen.net 14. Oktober 2015 um 09:06
[…] Augenhöhe mit der Konkurrenz aus dem geschlossenen Amazon-Ökosystem. Spätestens seit der Abkehr der großen Konzernverlage vom Adobe-Kopierschutz, auch wenn sie praktisch noch nicht final […]
eBook-Piraterie-Razzia, ein Jahr danach: Alles auf Anfang – fast » lesen.net 18. Dezember 2015 um 14:15
[…] haben inzwischen alle großen Verlagsgruppen hartem Kopierschutz den Rücken gekehrt (wenngleich Holtzbrinck-Titel bei den Tolino-Händlern immer noch damit versehen sind). Ein […]
NRW-Regierung will gebrauchte eBooks » lesen.net 30. Dezember 2015 um 14:54
[…] sich die großen deutschen Verlagsgruppen in Deutschland gerade erst von hartem Kopierschutz verabschiedet haben, wäre ein für einen rechtssicheren Weiterverkauf oder Verleih nötiges […]
Tolino und DRM: Hängepartie auf Kosten der Leser » lesen.net 12. Februar 2016 um 17:23
[…] Dabei ist der bei epub-Dateien marktbeherrschende Adobe-Kopierschutz seit Jahren ein zahnloser Tiger, einziger Effekt ist eine Gängelung ehrlicher Käufer. Das drang inzwischen auch in das Bewusstsein selbst der drei den deutschen Publikumsmarkt beherrschenden Verlagskonzerne vor, die sich Mitte 2015 innerhalb weniger Monate von hartem Kopierschutz verabschiedeten. Den Anfang machte Bonnier (Piper, Ullstein, Carlsen, …), die sich am 01. Juli von Adobe DRM verabschiedeten. Zum 01. August folgte Holtzbrinck (Rowohlt, Knaur, KiWi, S. Fischer, …), zum 01. Oktober wollte schließlich der dritte (und größte) Konzernverlag, Bertelsmann/Random House (Heyne, Goldmann, Blanvalet, …), den Schalter umlegen. […]