Servicewüste E-Book-Rückgabe: Amazon und eBook.de top, Thalia und Weltbild flop
Seit vergangenem Freitag gibt es in Deutschland ein gesetzliches Widerrufsrecht für E-Books. Auch digitale Bücher können demnach innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgegeben werden – zumindest, solange sich der Anbieter nicht eines Schlupfloches bedient. Ein Check der großen Anbieter zeigt, wie unterschiedlich die neue gesetzliche Situation gehandhabt wird.
Falsche Versprechen
Vor drei Wochen berichteten wir unter Berufung auf eine Blitzumfrage des Buchreport, die Rückgabe von E-Books werde in allen großen E-Book-Stores möglich sein. Das hat sich in der Form leider nicht bestätigt – entweder wurden den Kollegen falsche Informationen zugespielt oder innerhalb der Unternehmen gab es in letzter Minute ein Umdenken. So ist entgegen der Ankündigung etwa bei den beiden führenden deutschen Buchhandelsketten Thalia und Weltbild weiterhin keine E-Book-Rückgabe möglich.
Thalia hat das vom Börsenverein angeregte Schlupflochprozedere umgesetzt: Am Ende des Bestellprozesses wird der Kunde unmittelbar über dem Kaufen-Button dazu gezwungen, auf sein Widerrufsrecht zu verzichten. Ohne selektierte Checkbox (AGB, Datenschutzerklärung und Widerrufsbelehrung in einem) ist kein Kauf möglich.
Ähnlich sieht es bei Hugendubel und buecher.de aus (gleiche technische Plattform). Hier gibt es eine eigene Checkbox für den Verzicht aufs Widerrufsrecht, die sogar vor den obligatorischen Gang an die Kasse geschaltet ist.
Die Verlagsgruppe Weltbild leistet sich den Luxus, die Gesetzesänderung bislang vollständig zu ignorieren. In der aktuellen Widerrufsbelehrung findet sich der seit Freitag im Bezug auf E-Books unwirksame Passus, "Das Widerrufsrecht besteht nicht (…) bei Waren, die (…) aufgrund Ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind (…)"
Nach gesetzlichem Stand der Dinge haben E-Book-Käufer damit einen Anspruch auf Widerruf. Ob Weltbild das genauso sieht, ist aber völlig unklar – eine transparente und klare Regelung sieht anders aus. Genauso verhält es sich bei Tolino-Partner Club Bertelsmann – in der Widerrufsbelehrung fehlt jeder Hinweis auf den Umtausch digitaler Bücher.
Klar geregelter Widerruf bei ebook.de und Amazon
Doch es gibt auch Lichtblicke. So hat eBook.de seine Widerrufsbelehrung zum 13. Juni um ein ausdrückliches Widerrufsrecht bei Daten-Downloads ergänzt und stellt dazu sogar ein Muster-Widerrufsformular bereit.
Wie fast nicht anders zu erwarten, hat sich auch Amazon.de für die kundenfreundliche Option entschieden. Das bislang geltende freiwillige 7-tägige Rückgaberecht auf E-Books wurde zum vergangenen Freitag auf 14 tage ausgeweitet (siehe Infoseite) und damit konform zur neuen Gesetzeslage gemacht. Die Rückgabe kann bequem mit wenigen Klicks im Backend angestoßen werden.
Armutszeugnis der Tolino-Anbieter
Umstrittene Arbeitsbedingungen für Saisonkräfte hin, hart geführte Konditionenpoker her: Beim Thema Kundenservice ist und bleibt Amazon die Referenz. Dass kein einziges Mitglied der Tolino-Allianz zum Stichtag eine einfache Umtauschmöglichkeit für E-Books einräumt, wie sie im Print-Bereich seit jeher gesetzlicher Usus ist, und der Kunde in spe vielmehr zum Verzicht auf seine gesetzlich verbrieften Rechte gezwungen wird, ist ein Armutszeugnis. Scheinbares Motto der hochmoralischen Buy-Local-Appelle an die Kunden: Euer Geld nehmen wir gerne, danach seid ihr uns egal.
<Bildnachweis: E-Book-Leser im Store (Symbolbild) von Shutterstock>
Kommentare
Wie können wir aus Buchpiraten Konsumenten machen? 20. Juni 2014 um 06:37
[…] ohne Angabe von Gründen gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgeben. Wie der Kollege bei Lesen.net berichtet, haben sich die Online-Händler Thalia und Weltbild eines Tricks bedient, um die Abnehmer um […]
Amazon fordert niedrigere E-Book-Preise, höhere Autoren-Honorare » lesen.net 30. Juli 2014 um 15:49
[…] Rückgaben, behauptet Amazon – eine doch recht peinliche Falschaussage, ist Amazon doch ein Vorreiter in Sachen E-Book-Rückgabe (und die Rückerstattungskosten werden sehr wohl den Verlagen und Autoren in Rechnung […]