„Sex sells“ nicht überall: Buchverbote rund um die Welt
Andere Länder, andere Buchverbote. Nicht in jedem Land ist es möglich, alle Bücher zu kaufen oder aus Bibliotheken auszuleihen, weil sie von Prüfstellen wie beispielsweise nationalen Bibliotheksvereinigungen verboten oder infrage gestellt werden. Warum und welche Bücher wo verboten werden, stellen wir hier exemplarisch vor.
Buchverbote sind ein Teil der Literaturgeschichte. Zuerst war es die katholische Kirche, die zahlreiche Werke auf den (mittlerweile abgeschafften) Index setzte. Dann waren es Regierungen, die vor allem politische Bücher verboten, um ihre eigene Position zu stärken. Auch heute noch hat fast jedes Land eine Liste verbotener oder als jugendgefährdend eingestufter Bücher. Zuständig für die Entscheidung, ob ein Buch als jugendgefährdend eingestuft wird und nur an Personen über 18 Jahren verkauft werden darf, ist in Deutschland die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. In den USA führt die Vereinigung der nationalen Bibliotheken (American Library Association) eine Liste infrage gestellter Bücher und dokumentiert Buchverbote in Schulen und Bibliotheken.
Gründe, warum Bücher verboten werden
Ohne Grund wird ein Buch meist nicht verboten. Jedes Land hat seine eigenen Maßstäbe und Richtlinien, welche Literatur der Öffentlichkeit – und besonders Kindern und Jugendlichen – zugänglich gemacht wird. Die sechs häufigsten Gründe, die dafür sorgen, dass ein Buch verboten oder zumindest aus den für Minderjährige zugänglichen Bereichen in Bibliotheken entfernt wird, sind folgende:
- anstößige Sprache
- Pornografie
- Darstellung von Homo- oder Transsexualität
- Gewaltverherrlichung
- religiöse und politische Standpunkte
- Drogenmissbrauch
Natürlich sind nicht alle Gründe in allen Ländern gleichermaßen gewichtet. In den USA zum Beispiel werden Bücher mit expliziter Gewaltdarstellung weniger schnell verboten als Bücher mit sexuell explizitem Inhalt. Auch in muslimisch geprägten Ländern ist die Darstellung von Sexualität, sei es detailliert beschriebener Geschlechtsverkehr oder die Beschreibung von homo- oder transsexuellen Charakteren, oft ein Aspekt, der ein Buch auf die Verbotsliste befördert. Zudem führen Bücher mit stark religiös oder politisch geprägtem Inhalt häufig die Indizes an.
7 Beispiele von Buchverboten rund um die Welt
Animal Farm (dt. Farm der Tiere) von George Orwell
"Animal Farm" erschien erstmals 1945 und stand seither auf zahlreichen Verbotslisten in unterschiedlichen Ländern. Die politische Novelle kritisiert unter anderem den Kommunismus der ehemaligen U.S.S.R und war lange in kommunistisch geprägten Ländern nicht erhältlich. In den Vereinigten Arabischen Emiraten ist „Animal Farm“ in Schulen verboten worden, weil es gegen die islamischen Werte verstößt. Auch heute ist das Buch noch nicht überall frei erhältlich. Kuba und Nordkorea führen es auf der Verbotsliste, und auch in China ist es zensiert.
The Da Vinci Code (dt.: Sakrileg) von Dan Brown
Sakrileg wurde 2003 veröffentlicht und in einigen Ländern als der christlichen Kirche gegenüber anstößig betitelt. So steht das Buch zum Beispiel im Libanon auf der Verbotsliste, weil katholische Geistliche die Darstellung von Maria Magdalena als Mutter von Jesus' Kind als Beleidigung gegenüber Jesus Christus empfanden.
Brave New World (dt.: Schöne Neue Welt) von Aldoux Huxley
Brave New World ist eine der bekanntesten Dystopien und beschreibt den Verlust der eigenen Identität während der Industrialisierung. Das Buch wurde zum Beispiel in Irland kurz nach Erscheinen aufgrund der Darstellung von sexueller Promiskuität verboten. Mittlerweile ist das Buch zwar frei erhältlich, doch auch heute noch schafft es „Brave New World“ zum Beispiel immer wieder in die Top 10 der infrage gestellten Bücher in den USA.
Mein Kampf von Adolf Hitler
Mein Kampf erschien 1925 und ist seit Ende des nationalsozialistischen Regimes aufgrund der Darstellung extremer politischer Ideologien in zahlreichen Ländern verboten, insbesondere in Europa. Das Copyright liegt beim Freistaat Bayern, der den Nachdruck des Buches verhindert. Es ist in Deutschland nicht verboten, bestehende Ausgaben des Buches zu lesen oder zu besitzen, allerdings ist der Zugang nur über Bibliotheken möglich.
The Satanic Verses (dt.: Die satanischen Verse) von Salman Rushdie
Die satanischen Verse erschienen 1988 und sorgten schon beim Erscheinen für Aufsehen, da die Darstellung des Islams als blasphemisch ausgelegt werden kann. Es ist in zahlreichen muslimisch geprägten Ländern verboten, darunter Bangladesch, Ägypten, Indien, Iran, Kenia, Malaysia, Singapur und Thailand.
Harry-Potter-Reihe von J.K.Rowling
Die Geschichte um den Zauberlehrling Harry Potter sorgte vor allem bei konservativen Eltern in den USA durch die Darstellung von Zauberei für Beschwerden. Auch in Großbritannien wurde das Buch in religiös ausgerichteten Schulen verboten. Im Gegensatz zu anderen hier genannten Werken kann Harry Potter allerdings problemlos gekauft oder aus Bibliotheken ausgeliehen werden, da es nicht auf der Verbotsliste steht.
American Psycho (dt: American Psycho) von Bret Easton Ellis
Der 1991 erschienene Roman wurde in zahlreichen Ländern verboten, da die Gewaltdarstellung als jugendgefährdend angesehen wird. In Deutschland ist das Buch erst seit 2001 frei erhältlich, in manchen Bundesstaaten in Australien und Neuseeland können nach wie vor nur volljährige Personen das Buch erwerben.
Sex, Nacktheit und anstößige Sprache wird vor allem in den USA infrage gestellt
Die American Library Association in den USA gibt jährlich die Top10 der infrage gestellten Bücher heraus. Auf die Liste schaffen es meist Jugendbücher, die als für Jugendliche nicht geeignet angesehen werden. Als Begründung dafür wird meist zu viel explizite Darstellung von Nacktheit und Sexualität herangezogen. Ebenso stehen oft Bücher mit anstößiger Sprache auf die Liste. Im Jahr 2013 waren zum Beispiel beliebte Jugendbücher wie The Hunger Games (dt.: Die Tribute von Panem), Looking for Alaska (dt.: Eine wie Alaska) und The Perks of Being a Wallflower (dt.: Das also ist mein Leben) auf der Liste vertreten. Auch E.L. James 50 Shades of Grey (dt.: Shades of Grey) schaffte es mit der expliziten Darstellung von Sex und BDSM in die Top10 der infrage gestellten Bücher. Auch in anderen Ländern ist die Darstellung von Sexualität immer noch ein Problem. So wurden erst vor kurzem drei Kinderbücher mit homosexuellen Charakteren in Singapur verboten, beziehungsweise aus dem Kinderbuchbereich in Bibliotheken entfernt.
Frage des Nutzens von Indizes
Sicher ist ein Index für „problematische“ Bücher sinnvoll. Allerdings stellt sich anhand der Top10-Liste der American Library Association die Frage, wo die Grenze bei Buchverboten gezogen wird und ob damit nicht zu viel Zensur ausgeübt wird. Zudem ist es im digitalen Zeitalter meist sehr einfach, im Internet Zugriff auf viele verbotene und infrage gestellte Bücher zu bekommen, sodass der Nutzen der Verbotsliste fraglich wird.
Anmerkung: In einer früheren Version des Artikels stand irreführenderweise, dass die American Library Assocciation über Buchverbote in den USA entscheidet. Dies ist so nicht korrekt und wurde im Artikel korrigiert. Auch führt die Bundesanstalt für jugendgefährdende Medien keine Verbotsliste, sondern stuft Bücher lediglich als jugendgefährdend ein. Wir bitten diese Fehler zu entschuldigen.
<Bildnachweis: Buch in Ketten von Shutterstock>
Kommentare
Was für Bücher Eltern aus Schulen verbannen wollen » lesen.net 10. August 2015 um 15:09
[…] und selbst in den USA – ein großes Thema sind. Das Land steht damit nicht allein, auf aller Welt und aus unterschiedlichsten Gründen werden Bücher aus dem Verkehr gezogen. Unabhängig vom […]