textunes-Zahlen: Fingerzeig für Industrie
Der auf die Veröffentlichung von Inhalten auf Tablets und Smartphones spezialisierte Verlagsdienstleister textunes hat zur Frankfurter Buchmesse interessante Marktdaten publiziert. So konnten in den letzten anderthalb Jahren über eine Million eBook-Downloads verzeichnet werden – mehr als die Hälfte davon in den letzten sechs Monaten. Enhanced eBooks scheinen bereits ein großes Thema, das iPad als Verkaufsplattform dagegen eher noch ein Versprechen.
Nur 10% aller bisherigen Downloads erfolgen auf das Apple Tablet – 62% der geladenen Literatur wurde auf iPhones gelesen, 28% auf iPod Touch Bildschirmen. Obwohl sich diese Zahlen bei einer Konzentration auf die letzten sechs Monate (seit dem deutschen iPad-Verkaufsstart) ein wenig verschieben dürften: Die Apple Smartphones werden sich dauerhaft ungleich größerer Verbreitung als Tablets erfreuen. Selbst wenn auf Tablets relativ gesehen mehr gelesen wird (trotz bekannter Nachteile), muss insbesondere für Publisher "konventioneller" Literatur das iPhone bei der Optimierung nach wie vor an erster Stelle stehen. Der seit Monaten geschürte iPad-Hype darf hier nicht den Blick auf die Realitäten versperren.
Interessant wie vorhersehbar ist auch die große Beliebtheit kostenloser Leseproben, welche sich am Verhältnis von kostenpflichtigen eBook-Downloads ("über 100.000") zur Gesamtzahl ("rund eine Million") ablesen lässt. Immerhin jede fünfte heruntergeladene Leseprobe führte zum Kauf des kompletten Buchs – umso unverständlicher ist es vor diesem Hintergrund, wie stiefmütterlich die meisten Online-Shops noch mit diesem Thema umgehen.
Schon Anfang des Jahres bemängelten wir, dass (unter anderem) bei Weltbild etliche Print-Bücher eine Leseprobe haben, ihre digitalen Pendante aber nicht; an dem Umstand hat sich bis heute nichts geändert. Aktuell stehen nur für vier der zehn meistverkauften Weltbild-eBooks Leseproben bereit – kundenunfreundlich und umsatzhemmend gleichermaßen, denn niemand kauft gerne die Katze im digitalen Sack; schon gar nicht zum Print-Preis.
Auch zum Thema Pricing hat textunes eine interessante Zahl vorzuweisen: 8,88 Euro beträgt der durchschnittliche Verkaufspreis von digitaler Literatur, wobei sich Ratgeber und Erotik einer besonders großen Nachfrage zu erfreuen scheinen (vgl. rechts). Ein durchschnittliches Taschenbuch kostet mit 9,19 Euro etwas mehr als ein durchnittliches textunes-eBook, führt das Unternehmen in der Pressemitteilung aus; interessanter erscheint hier allerdings der Vergleich zur Summe, die für aktuelle Print-Bestseller in digitaler Form zu bezahlen ist. Weil sich die meisten Verlage bei der Bepreisung am günstigsten derzeit erhältlichen Print-Produkt orientieren – und das ist bei aktueller Literatur in der Regel ein Hardcover -, ist das Preisniveau gerade bei diesen aufmerksamkeitsstarken Titeln besonders hoch: Der durchschnittliche Verkaufspreis eines Top-10-eBooks bei weltbild.de beträgt aktuell happige 14,70 Euro.
Damit verhält sich der deutsche Markt hier entgegengesetzt zu den USA, wo etwa Amazon.com seine Kindle-Plattform mit einem 9,99$-Einheitspreis für die meisten Bestseller bekannt und beliebt macht und vornehmlich am höher bepreisten Long Tail verdient. In Deutschland mangelt es bislang an solchen Signalpreisen für eBooks, welche Interessierten digitales Lesen zusätzlich schmackhaft machen könnten.
Sehr mit Vorsicht zu genießen ist die Angabe von textunes, Enhanced eBooks verkauften sich fünfmal so häufig wie konventionelle Titel (die Berliner sind hier ganz weit vorne, haben unter anderem die von uns rezensierte Sturz der Titanen App als auch die ersten Rowohlt Digitalbuch Plus entwickelt). Zum einen dürfte diese Zahl auf einer noch sehr überschaubaren Datenbasis beruhen, zum anderen wird der "Mehrverkaufsfaktor" massiv abhängig vom Einzelfall sein.
Abschließend ist textunes der geschäftliche Erfolg auf jeden Fall zu gönnen, das Unternehmen setzt mit seiner eigenen Buchladen-App nebst Content wie mit Partnerangeboten (z.B. Hugendubel-App) zweifellos Maßstäbe beim Thema "Lesen auf iOS-Devices", expandiert gerade auch noch auf die Android-Plattform.
Für Lesefreunde ist der App-Kauf allerdings ein zweischneidiges Schwert: Einer guten Textanzeige auf Smartphones und Tablets steht der große Haken gegenüber, gekaufte Literatur tatsächlich nur auf diesen Endgeräten lesen zu können. Schlägt man (zum gleichen Preis -> Buchpreisbindung) in einem Online-Shop zu, lässt sich das gekaufte eBook auch auf PC-Bildschirm und dediziertem Lesegerät schmökern. Manuell auf Tablets und Smartphones kopiert, kann der Titel dann auch dort angezeigt werden (DRM-geschützte eBooks: txtr App).
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