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Trubel um werbefinanzierte E-Books – Rohrkrepierer oder Zukunft des Lesens?

Das kalifornische Startup ebookPlus bekommt derzeit viel Aufmerksamkeit für seinen Ansatz, mit kostenlosen, werbefinanzierten E-Books den Piraterie-Sumpf trockenzulegen. Sowohl Leser als auch Branchenkenner sind eher mäßig begeistert – allerdings gibt es auch ein Positiv-Beispiel für das Geschäftsmodell.

Die Geschäftsmodelle rund um E-Books sprießen derzeit aus dem Boden. Pay-as-you-read (Totalboox – gratis Download, Bezahlung nach Lesefortschritt), gebrauchte E-Books (Amazon, Redigi) – da erscheint die Idee, E-Books werbefinanziert anzubieten, fast schon langweilig. Betrachtet man die hohen Download-Zahlen für E-Books in der Internet-Unterwelt (wie viele davon auf kommerziell erfolgreiche Literatur entfallen, ist allerdings diskutabel) und die Beliebtheit von gratis E-Books bei Amazon & Co, scheint es Bedarf für eine Plattform wie ebookPlus zu geben.

Werbung in E-Books – wirklich attraktiv für Leser und Werbetreibende?

Werbekunden sollen die Möglichkeit haben, am Anfang eines Buchs oder auch von Kapiteln Anzeigen in Form von Bildern, Videos oder auch einer HTML-Seite einblenden zu können. Leser sollen zur Betrachtung der Werbung gezwungen werden, erst nach wenigen Sekunden kann „umgeblättert" werden.

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Werbung in Büchern ist für viele Leser ein absolutes No-Go. Teleread-Autorin Juli Monroe verweist auf den Aufschrei bei Erscheinen des werbefinanzierten Kindle. Er war so groß, dass Amazon im Nachhinein eine kostenpflichtige Entfernung der Reklame anbot (wovon viele Leser Gebrauch machten). Monroe selbst sagt, sie würde lieber einiges Geld für ihr E-Book bezahlen, als dass das Leseerlebnis durch Werbung gestört zu werden.

Auch Nate von The Digital Reader „kauft den Hype nicht" – zum einen sei mit Werbung kaum die angestrebten Einnahmen zu erzielen. Zum anderen fechtet er eine zentrale Beispielrechnung von ebookPlus an, in denen Gratis-Downloads und Käufe ins Verhältnis zueinander gesetzt werden (1 99-Cent-E-Book = 100 gratis E-Books). Kostenlos heruntergeladene E-Books würden nämlich längst nicht immer gelesen. Weiterhin sei ein anderes Startup (Wowio) mit dieser Idee bereits gescheitert und beschränke sich jetzt auf den E-Book-Verkauf, und schließlich würde die Leserschaft aggressive Werbung wie von ebookPlus geplant kaum annehmen.

Tatsächlich scheint der Ansatz, Medienprodukte durch Online-Werbung kostenlos anzubieten, nicht allzu erfolgsversprechend. Das „beste" Beispiel sind hier Musikstreaming-Dienste wie Spotify und Simfy, die ihre Gratis-Angebote in den letzten Jahren extrem eingeschränkt oder ganz eingestellt haben und sie allenfalls noch als Lockmittel für die Bezahl-Abos nutzen.

Bookboon – 50 Millionen Downloads 2012

Andererseits gibt es seit vielen Jahren einen sehr erfolgreichen Anbieter werbefinanzierter gratis E-Books: Bookboon. Das dänische Unternehmen, über das wir schon 2009 berichteten, lässt eigene Autoren Sachbücher über Studium und Karriere sowie Reiseführer schreiben. Sämtliche der inzwischen über 1.000 E-Books könnenkostenlos im PDF-Format heruntergeladen werden, in die Titel ist zielgruppenaffine Werbung eingebettet – Videos oder unumgehbare Unterbrecher gibt es formatgemäß nicht. Zu den Werbekunden zählen IKEA, UBS, Siemens und Microsoft, für das Jahr 2012 waren über 50 Millionen Downloads angepeilt.

Der Erfolg von Bookboon ist allerdings nicht verallgemeinerbar. Die Zielgruppe eines Sachbuchs für BWL-Studenten oder für Manager ist sehr viel spezifischer (und für Werbekunden attraktiver) als der Leser eines Romans. Außerdem hat Bookboon die Inhalte-Erstellung selbst in der Hand. Ob werbefinanzierte E-Books im Belletristik-Bereich und bei beliebigen Titeln funktionieren – ebookPlus und seine Nachahmer werden es beweisen.

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Kommentare


Xall 22. Februar 2013 um 18:28

Totgeburt ist keine angebrachte Metapher

Antworten

Johannes 22. Februar 2013 um 18:44

@Xall Stimmt, unnötiges Wort, danke + geändert.

Ciao
Johannes

Antworten

Xall 22. Februar 2013 um 18:58

Danke. Auch für deine ansonsten sehr interessanten Beiträge.

Antworten

Bernd 22. Februar 2013 um 20:28

Mir ist nicht so ganz klar bei dem Thema, warum die Anbieter nicht das Geschäftsmodell einiger Webseitenbetreiber (z. B. jimdo.com)versuchen: Der Kunde hat die Wahl zwischen werbefinanzierter, kostenloser und werbefreier, bezahlter Ware. Dann kann doch jeder entscheiden, was ihm lieber ist. Johannes, kennst du schon diesbezügliche Bestrebungen? Sonst müssen wir das mal einigen Anbietern vorschlagen. Vielleicht gibt es dafür ein paar kostenlose, werbefreie eBooks :-)

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