Verkauf gebrauchter E-Books legal, sagt holländisches Gericht
Vor einem Gericht in der niederländischen Hauptstadt Amsterdam hat die Verlagsbranche in dieser Woche eine Schlappe einstecken, die möglicherweise noch Folgen hat. Der Verkauf gebrauchter E-Books sei unter bestimmten Voraussetzungen legal, urteilten die Richter – die verklagte Plattform darf weitermachen.
Vor einem guten Monat ging Tom Kabinet ans Netz. Die niederländische Website versteht sich als Marktplatz für den Verkauf gebrauchter E-Books zwischen Privatpersonen. Für einen Schutz vor illegaler Verfielfältigung der verkauften Exemplare sollen Wasserzeichen sorgen. Verkäufer haben außerdem mittels Checkbox zu bestätigen, dass sie im Nachgang eines Verkaufs sämtliche Kopien vernichten.
Obwohl der Marktplatz bislang kaum genutzt wird, zog der niederländische Verlegerverband (GAU/NUV) sofort vor Gericht. Gigaom fasst den erwartbaren Rechtsstreit zusammen: Tom Kabinet berief sich auf ein EU-Urteil aus dem Jahr 2012, nach dem der Weiterverkauf von Software legal sei. Der Verlegerverband hingegen verwies auf ein Urteil des Landgericht Bielefeld aus dem Jahr 2013, gemäß dem sich dieses EU-Urteil wirklich nur auf Software beziehe (geklagt hatte damals die Verbraucherzentrale gegen einen deutschen Store).
Überraschend gab das Amsterdamer Gericht, vor dem Fall der Fall verhandelt wurde, an diesem Montag Tom Cabinet recht. Das EU-Urteil sei nicht eindeutig, argumentierten die Richter.
Der Chef des Verlegerverbandes zeigte sich in einer Pressemitteilung "überrascht" von dem Urteil und kündigten weitere Schritte an. Die Betreiber von Tom Kabinet würden noch für verursachte Schäden zur Rechenschaft gezogen. Bei selbigen knallten natürlich die Sektkorken, auf tomkabinet.nl bedankt man sich für die Unterstützung und kündigt weitere Verbesserungen der Seite an.
Folgen nicht unmittelbar, aber perspektivisch
Das Urteil ist ohne Frage eine dicke Überraschung, unmittelbare Konsequenzen wird es aber nicht haben. So werden deutsche Verlage auch weiterhin ebay-Verkäufer abmahnen lassen, die Abnehmer für gebrauchte E-Books suchen (beziehungsweise für Datenträger, die diese explizit beinhalten). Und Abgemahnte werden es kaum auf einen Prozess ankommen lassen, nachdem ein deutsches Gericht hier eindeutig entschieden hat und die AGB der großen E-Book-Stores den Weiterverkauf von E-Books ausdrücklich unterbieten. Der Fall "Tom Kabinet / GUV/NUV wird uns aber sicherlich noch länger begleiten – und wenn er in einem EU-Urteil gipfelt, das ähnlich ausfällt wie im Bezug auf Software, wird sich auch hierzulande etwas bewegen.
<Bildnachweis: Justice von Shutterstock>
Kommentare
Weiterverkauf von E-Books – zwei gegensätzlich Gerichtsurteile | Rudolf Mumenthaler's Homepage 1. September 2014 um 14:16
[…] gegen die Plattform Tom Kabinet, auf der E-Books weiterverkauft werden, abgelehnt. Mehr dazu auf Lesen.net. Das holländische Gericht sieht offenbar eine Parallele zum EU-Urteil von 2012, wonach gebrauchte […]
NRW-Regierung will gebrauchte eBooks » lesen.net 30. Dezember 2015 um 14:55
[…] Gebrauchte eBooks beschäftigen schon seit vielen Jahren die Gerichte im In- und Ausland. Wer eBook-Sammlungen – auch im Verbund mit Lesegeräten – bei ebay einstellt, erhält mit sehr großer Wahrscheinlichkeit Post von Anwälten. Zuletzt sorgte ein niederländisches Startup für aufsehen, dessen Geschäftsmodell von einem lokalen Gericht in erster Instanz für legal erklärt wurde. […]