Skip to main content

Warum eine Indie-Autorin 1,5 Millionen US-Dollar Vorschüsse ablehnte

Unabhängig publizierende Autoren schlüpfen im Erfolgsfall liebend gern unter ein namhaftes Verlagsdach, wenn ein entsprechendes Angebot kommt – so heißt es zumindest. Die Realität sieht zumindest in den USA aber häufig anders aus. Eine erfolgreiche Indie-Autorin schildert ihre Erfahrungen mit Offerten von Großverlagen – und gibt Tipps, wie sich Autoren optimal selbst vermarkten.

4 Millionen verkaufte Bücher im Jahr 2013

Indie-Autorin H.M. Ward

Indie-Autorin H.M. Ward

H.M. Ward schwimmt ganz oben auf der New-Adult-Welle. Nach eigenen Angaben verkaufte die US-amerikanische Indie-Autorin allein im Jahr 2013 mehr als 4 Millionen Bücher. Ihr im April 2013 veröffentlichter Titel Damaged kletterte bis auf Platz 4 der New York Times Bestsellerliste (Print+eBook kombiniert). Das weckte natürlich auch Begehrlichkeiten bei Verlagsdickschiffen, über die Ward vergangene Woche ausführlich im US-Forum kboards Auskunft gab.

Demnach wurden der Autorin in den vergangenen anderthalb Jahren Vorschüsse in Höhe von mehr als 1,5 Millionen US-Dollar angeboten. Sie habe alle diese Angebote bislang abgelehnt – nicht aus dogmatischen Gründen, sondern schlicht, weil sie aus wirtschaftlicher Sicht nicht attraktiv gewesen seien.

Als Beispiel führt sie eine Offerte von 200.000 US-Dollar Vorschuss für eine dreiteilige Serie an. Das klinge zunächst einmal viel, relativiere sich aber vor dem Hintergrund, dass ein 2,99 US-Dollar kostender Titel in den Top 10 der Kindle Charts innerhalb einer Woche 100.000 US-Dollar erwirtschafte – ganz abgesehen von den weiteren Einnahmen im Zeitverlauf und von den Erlösen der beiden Fortsetzungen.

Kaum Marketing-Expertise bei Verlagen

Hinzu komme eine kaum ausgebildete Marketing-Expertise. So habe Ward jüngst einer der Top-5-Publisher kontaktiert und einen Vorschuss im hohen sechsstelligen Bereich für ihre nächste Novelle angeboten. Gefragt nach dem Marketing-Plan wurde auf eine verlagseigene Mailingliste mit 2.000 Adressen verwiesen. Ward merkt an, ihr eigener Verteiler umfasse mehr als 30.000 Kontakte. Auch abseits davon könnte und würde die Autorin wesentlich mehr Marketing betreiben, als es der Verlag anbiete.

Verlage hätten von ihrer Zielgruppe und von der Vermarktung ihrer Titel keine Ahnung und würden nach dem Gieskannenprinzip vorgehen, in der Hoffnung, irgendwas werde schon hängen bleiben. Kurz: Für sie lohne sich ein solches Vorschussgeschäft nicht.

Zwei Assistenten, starker Draht zur Zielgruppe

H.M. Ward gibt daneben großzügige Einblicke in ihr Tagesgeschäft. Seit sie vor drei Jahren als freie Autorin angefangen habe, arbeite sie 80 Stunden wöchentlich an ihrer Schriftstellerlaufbahn. Die Produzierung ihres ersten Buches habe 125 US-Dollar gekostet, beim Marketing habe sie anfangs ganz auf Facebook gesetzt.

Inzwischen publiziert Ward nach eigenen Angaben alle zweieinhalb Wochen ein neues Buch und hat zwei Assistenten, die sich um Verwaltungsangelegenheiten kümmern. Ambitionierten Jungautoren empfiehlt sie vor allem, an sich selbst und seine Arbeit zu glauben – wenn man das selbst nicht macht, würden es auch keine anderen machen. Außerdem solle man sich nicht um Fehler sorgen, sehr wohl aber im Nachhinein analysen, was schief gegangen ist und vor allem warum.

Ohne Eigeninitiative geht es nicht

Fraglos ist H.M Ward keine typische Autorin.Sie begreift sich fraglos als Unternehmerin und handelt auch entsprechend, anstatt sich "nur" als Bücherschreiberin zu verstehen. Nicht jeder Autor ist willens, sich mit der Vermarktung seiner Werke – sprich, mit der Adressierung seiner Leserschaft – intensiv auseinanderzusetzen. Daran führt aber zunehmend kein Weg vorbei: Erfolgreiche Indie-Autoren (vor allem Frauen) sind praktisch durchweg bestens vernetzt und interagieren ausführlich mit ihrer Fangemeinde.

Verlagsvertrag kein Allheilmittel

Auch ein Verlagsvertrag ist kein Allheilmittel für den Erfolg. Denn abgesehen von den geringeren Vergütungen konzentrieren Verlage ihre Marketing-Budgets meist in die Promotion einiger weniger Leuchtturm-Titel. Hinzu kommt, dass ihnen, wie auch H.M. Ward anmerkt, in der Online-Vermarktung häufig schlicht das Knowhow fehlt. Am Ende des Tages stellt sich für Autoren wohl auch die Frage, ob man einfach nur auf ein bei einem bekannten Verlag publiziertes Buch verweisen können will oder ob man mit dem Schreiben seinen Lebensunterhalt bestreiten und sich die dazu nötigen Kenntnisse aneignen will (plus: Inhalte produziert, die auch nachgefragt werden).

<Beitragsbild: Dollar von Shutterstock>

Ähnliche Beiträge


Keine Kommentare vorhanden


Du hast eine Frage oder eine Meinung zum Artikel? Teile sie mit uns!

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*
*