Werbung beim E-Reading: Das Geschäft mit der Aufmerksamkeit
In den kommenden Tagen erscheinen hierzulande sowohl der erste eBook Reader mit direkter Werbe-Integration als auch die erste werbefinanzierte eBook-Flatrate. In beiden Fällen soll der Nutzer mit Aufmerksamkeit für die Werbebotschaften der Anzeigekunden bezahlen statt mit hartem Euro. Das Konzept polarisiert.
Der neue Kindle mit Touchscreen, der ab dem kommenden Donnerstag (02.10.) ausgeliefert wird, kostet mit Werbung weniger. Wer das Modell "mit Spezialangeboten" wählt, zahlt nur 59 Euro statt 79 Euro, muss dafür aber mit Werbung auf dem Sperrbildschirm vorlieb nehmen. In den USA gibt es schon seit drei Jahren werbefinanzierte Kindle Lesegeräte, hierzulande waren die Amazon-Fire-Tablets bereits günstiger mit Werbung zu bekommen. Der Kindle mit Touchscreen ist jetzt der erste anzeigensubventionierte eBook Reader in Deutschland. Kindle Paperwhite und Kindle Voyage, beide in den USA bereits "with special offers" erhältlich, dürften folgen.
Nahezu zeitgleich fällt der Startschuss für die erste werbefinanzierte eBook-Flatrate. Readfy geht an diesem Samstag nach halbjähriger Beta-Phase offiziell ans Netz, von Beginn an sind rund 25.000 größtenteils kommerzielle Titel für lau zu lesen – Banner und Unterbrecher-Werbung inklusive. Auch hier gibt es eine werbefreie Premium-Option, sie soll ab Anfang 2015 erhältlich sein und fünf bis zehn Euro monatlich kosten.
Unterschiedliche Integrationen, unterschiedliche Akzeptanz
"Werbung beim Lesen" polarisiert – das illustriert auch ein Blick in unser Forum, wo ein thematischer Thread innerhalb weniger Tage über 150 Reaktionen fand (siehe unten). Die Meinungen dazu gehen weit auseinander: Von Akzeptanz über Ablehnung bis hin zu Reaktanz ("Je mehr Werbung, umso unwilliger werde ich, das entsprechende Produkt auch nur auszuprobieren").
Dabei ist Werbung nicht gleich Werbung. Schon die beiden genannten Beispiele unterscheiden sich deutlich: Während Kindle-Geräte mit Spezialangeboten Werbung nur dann anzeigen, wenn der Nutzer gerade nicht liest (sondern der eBook Reader "schläft"), unterbricht die Readfy-Werbung bewusst den Lesefluss. Dafür ist der Mehrwert bei Readfy aber auch größer, statt einer einmaligen Rabattierung der Hardware gibt es dauerhaft kostenlose Inhalte.
Auch in die Fachbücher bei Bookboon ist die Werbung textnah, die Einbindungen aber statisch und damit ungleich weniger aufdringlich als die Unterbrecher von Readfy. Und genau genommen kommen schon die bislang erhältlichen Kindle-Lesegeräte, ebenso wie die Konkurrenz-Produkte etwa von der Tolino-Allianz, mit Werbung daher – man schaue sich die Promotionen in den integrierten eBook Stores an.
Die Erfahrung zeigt, dass die Special Offers der Amazon-Lesegeräte angenommen werden. Zwar weist Amazon die Ausführungen mit und ohne Werbe-Integration nicht separat in den Verkaufscharts aus, ohnehin kann man seinen Kindle auch nachträglich von Werbung befreien. Aber die Resonanz von Presse und in E-Reading-Foren deutet darauf hin, dass die meisten Nutzer den Deal "weniger bezahlen, dafür mehr Werbung" eingehen. Rückschlüsse auf die Akzeptanz von werbefinanzierten Flatrates, wo die Anzeigen deutlich aggressiver platziert sind, lässt das aber nicht zu.
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