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Wie beliebte eBooks gelesen werden (und wie nicht so beliebte)

Unser Leseverhalten ist für Verlage und Autoren immer noch eine große Black Box. Ein Analyse-Startup will das ändern und gewährt interessante Einblicke darüber, wie verschieden eBooks gelesen werden – und was Verlage aus den Daten machen.

Ebenso wie viele Print-Bücher ungelesen im Regal verstauben, werden auch viele eBooks "auf Vorrat" geladen oder nach wenigen Seiten abgebrochen. Online-Händler Kobo erklärte vor einem Jahr, 40 Prozent aller geladenen eBooks werden nicht ein einziges Mal geöffnet. Anderen Erhebungen zufolge ist dieser Wert sogar noch höher, vor allem wenn es sich um kostenlose eBooks handelt.

Kindle, Tolino & Co. wissen Bescheid

Plattform-Anbieter wie Kobo und Kindle, aber auch die Tolino-Alliierten wissen sehr genau darüber bescheid, welche eBooks bis zu welcher Stelle gelesen werden. Das müssen sich auch, damit Funktionen wie die Synchronisation der zuletzt gelesenen Seite funktionieren können. Man darf aber mit Fug und Recht annehmen, das zumindest der Online-Händler Amazon, der ja auch als Verleger auftritt, die Daten auch zur Marktforschung nutzt.

Verlage, die mehr über das Leseverhalten ihrer Titel wissen wollen, bedienen sich Startups wie Jellybooks. Das Londoner Unternehmen gibt kostenlose "advanced reading copies" im epub3-Format an Testleser aus, rund 200 bis 600 Exemplare pro eBook, und zeichnet das Leseverhalten auf, berichtet die New York Times. Bislang wurden Testläufe mit knapp 200 eBooks von sieben Verlagen gefahren, darunter drei aus Deutschland. Dazu gehört auch Marktführer Random House mit seinen Marken Goldmann, Blanvalet, Heyne & Co.

Männer brechen früher ab

Jellybooks kommt zum Ergebnis, dass weniger als die Hälfte aller eBooks von der Mehrzahl der Leser beendet wird. Nur 5 Prozent aller eBooks wurden von mehr als 75 Prozent der Downloader bis zur letzten Seite gelesen. Frauen brechen gewöhnlich nach 50 bis 100 Seiten ab, Männer sind ungeduldiger und machen durchschnittlich schon nach 30 bis 50 Seiten Schluss.

Anzahl derjenigen, die die jeweiligen Kapitel zuende gelesen haben (in %)

Anzahl derjenigen, die die jeweiligen Kapitel zuende gelesen haben (in %)

Diese und weitere erhobene Daten haben schon heute reale Auswirkungen auf den Buchbetrieb. Jellybooks-Chef Andrew Rhomberg nannte vergangene Woche auf einem Fachkongress das Beispiel eines deutschen Verlagskunden, der sich dazu entschloss, das Marketing-Budget für einen Debüt-Krimi hochzuschrauben, nachdem über 70 Prozent der Jellybooks-Leser den Titel zuende gelesen hätten. Umgekehrt wurde bei einem anderen Titel der Werbe-Etat reduziert, weil 90 Prozent der Leser in den ersten fünf Kapiteln ausgestiegen sind.

Jellybooks hält die Namen seiner Kunden geheim (wenngleich sie durch einen Blick auf die bisherigen Titel leicht herauszufinden sind) – die Verlage befürchten, ihre Autoren zu verschrecken, die es vor einem datengetriebene Herumgepfusche an ihren Werken grauen könnte. Und auch dem einen oder anderen Leser könnte die "künstliche" Entstehung eines Roman Kopfzerbrechen bereiten.

Privatsphäre kostet Leser Komfort

Verlagstitel werden schon heute in den seltensten Fällen ins Blaue geschrieben, sondern bedienen sich mindestens aktuell bewährter Muster (liebende Vampire, Verschwörungs-Thriller, …). Eine tiefgehende Analyse des Leseverhalten und die Umsetzung entsprechender Erkenntnisse ist für einige Verlage sicherlich folgerichtig, andere Häuser werden sich damit schwer tun.

Auch einige Leser haben Bauchschmerzen damit, dass ihr Leseverhalten mitgetrackt wird. Privatsphäre ist grundsätzlich möglich, allerdings mit Entbehrungen beim Komfort verbunden. Die Cloud und damit verbundene Funktionen ist nicht nutzbar, eine DRM-Entfernung praktisch obligatorisch, eBook-Streaming keine Option.

<Bildnachweis: Kind von Shutterstock>

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Kommentare


Leseverhalten – Männer geben früher auf ! | OnleiheVerbundHessen 30. März 2016 um 17:05

[…] Quelle: Leseverhalten von ebooks […]

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