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E-Books verkaufen: Bestseller nach Plan?

Bildschirmfoto 2013-06-21 um 16.20.22Michael Meisheit (Blog, Twitter) liegt mit seinem Roman "Nicht von dieser Welt" seit Tagen auf Platz 1 der Kindle-Verkaufscharts – trotz aktuellem Verkaufspreis von 2,99 Euro und obwohl sämtliche Buchinhalte jahrelang kostenlos im Netz standen. Im folgenden Artikel nennt er seine 10 Erfolgsfaktoren.


Mehr als einmal bin ich in den letzten Tagen gefragt worden, wie ich „denn das gemacht habe“. Das mit dem Bestseller. Gemeint ist natürlich mein vor zwei Wochen erschienener Roman „Nicht von dieser Welt“, der nach zehn Tagen die Spitze der Kindle-Verkaufscharts erklommen hat und – was noch viel verblüffender ist – sich seitdem dort hält. Ich versuche mich nun an einer Antwort auf diese Frage. Ich sag’s gleich: Sie wird niemanden umhauen. Denn das meiste davon ist eigentlich bekannt und schon viele Male im Zusammenhang mit Selfpublishing erläutert worden. Dennoch wird vieles davon erstaunlich oft nicht beherzigt und so kann der ein oder andere hier vielleicht etwas für sein nächstes Projekt mitnehmen.

Hier also meine persönliche Top Ten Themen, wenn man selbständig ein Buch herausbringen will:

1. Vision

Hinter der Veröffentlichung von „Nicht von dieser Welt“ steckte von Anfang an ein Plan. Ein klares Ziel, klare Überlegungen, eine klare Zielgruppe. Ich hatte die Vorstellung, dass man mit bestimmten Komponenten und der richtigen Herangehensweise an Amazon, dort einen „kleinen Bestseller“ im Bereich eBooks landen kann. Ich habe alle Arbeiten und Maßnahmen auf dieses konkrete Ziel ausgerichtet. Das ist in Sachen Bestseller sicherlich zielführender als zum Beispiel meine Herangehensweise bei meinem Debüt „Soap“, wo ich Taschenbücher bei Amazon UND in Buchhandlungen verkaufen wollte sowie das eBook als Kindle und auch sonst überall und immer. Für andere Bücher mag eine Vision anders aussehen als für „Nicht von dieser Welt“ – eine zu haben ist aber auf jeden Fall eine gute Basis.

2. Professionalität

Das Wunderbare an der Möglichkeit, bei Amazon als Selfpublisher zu veröffentlichen, ist ja, dass man dort optisch völlig identisch neben Dan Brown und Stephen King steht. Zumindest was die Verkaufsseite von Amazon angeht. Der Käufer weiß also gar nicht, dass man eine Eine-Mann-Show (oder Eine-Frau-Show) ist, die alles selbst macht. Sind aber die selbst eingebrachten Komponenten wie Cover, Klappentext oder Leseprobe so offensichtlich amateurhaft oder auch der Umgang mit Problemen, mit kritischen „Rezensionen“ usw. – dann ist es kein Wunder, wenn dieser immense Vorteil zu einem Nachteil wird. Denn man fällt nur noch unangenehm auf. Natürlich sind wir alle keine begnadeten Illustratoren und es hat auch nicht jeder das Geld für ein aufwendiges Lektorat, aber dann muss man entweder kreativ nach professionellen Lösungen suchen oder seine Ansprüche an einen Erfolg herunterschrauben. Ich habe bei „Nicht von dieser Welt“ gleich mehrfach in professionelle Unterstützung investiert – Cover, Korrektorat, eBook-Erstellung und Marketingstrategie wurden von Profis übernommen. Die investierten knapp 1500 Euro waren es wert !

3. Lektorat / Korrektorat

Es lohnt sich. Nichts schreckt mehr ab, als drei frühe „Rezensionen“ bei Amazon, die sich über Schreib- oder Logikfehler aufregen. Da bei „Nicht von dieser Welt“ ein Text vorlag, der bereits einmal veröffentlicht gewesen ist, wollte ich nicht zu viel ändern – habe also kein Lektorat machen lassen. Aber das Korrektorat von Dorothea Kenneweg hat reichlich Fehler eliminiert – war also notwendig!

4. Titel und Cover

Nicht_von_dieser_WeltEs ist ganz einfach: Das Cover ist in Kombination mit dem Titel vielleicht die wichtigste „Hilfe“ bei der Verkaufsentscheidung. So viele Leuten hatten „Nicht von dieser Welt“ noch gar nicht gelesen, als es bereits oben in den Charts war – das liegt vor allem am eingängigen Cover, das die Zielgruppe offensichtlich genau angesprochen hat. Hier kann man gar nicht genügend Zeit, Geld und Aufwand investieren. Bei „Nicht von dieser Welt“ ist die tolle Idee von Henk Wyniger, einem Mann den Schatten eines Aliens zu geben, hervorragend aufgegangen. Aber ganz ehrlich: Wir haben x Varianten ausprobiert und ich war bis zur Veröffentlichung unsicher, ob die gewählte nun die richtige ist. Das wird man wohl immer sein …

5. Klappentext

Auch keine Neuheit: Dies ist der erste Text, den ein möglicher Käufer vom Autor liest. Wenn man Monate damit zugebracht hat, den Roman selbst zu schreiben, kann man den Klappentext nicht in den letzten drei Minuten aus den Fingern saugen, weil man da bei KDP was in das entsprechende Feld eintragen „muss“. Bei „Nicht von dieser Welt“ ist die Kombination des Klappentexts mit Titel und Cover besonders wichtig gewesen: Im Klappentext wird ein Geheimnis aufgebaut, zu dem durch das Cover einen entscheidender Hinweis geliefert wird. Ich vermute, dass dies den ein oder anderen dazu gebracht hat, intensiver über die Frage nachzudenken. „Echt? Ein Außerirdischer?“ Und so eine Frage bekommt man natürlich nur beantwortet, wenn man das Buch kauft …

6. Die Crowd

Aber auch wenn man ein wahnsinnig guter Klappentexter ist oder den besten Cover-Gestalter hat – man kann trotzdem grandios danebenliegen. Für mich ist es deswegen entscheidend, dass man möglichst viele seiner kreativen Entscheidungen testet. Was mit den zahlreichen Möglichkeiten im Internet kein Problem ist. Bei „Nicht von dieser Welt“ habe ich über den Blog, über Facebook und Twitter, aber auch über persönliche Kontakte Titel, Cover und Klappentext getestet. Und auch die Entscheidung, dass ich das Buch unter einem Pseudonym veröffentlichen will. Dabei sind viele hilfreiche Rückmeldungen reingekommen, die das Ergebnis perfektioniert haben. Nicht falsch verstehen: Niemand kann einem die Entscheidung abnehmen! Man muss schon in der Lage sein, aus dem Feedback das herauszufiltern, was einem hilft. Man muss einschätzen können, wer was warum sagt. Bekommt man das hin, dann hat man mit der Crowd ein machtvolles Werkzeug an der Hand.

7. Testleser

Die vielleicht wichtigste Komponente bei Zuhilfenahme der Crowd sind die Testleser. Denn alle klugen und viel diskutierten Überlegungen und alle tollen Cover nützen auf die Dauer nichts, wenn der Inhalt nicht funktioniert. Deswegen sollten möglichst viele, unterschiedliche Leute vor Veröffentlichung das ganze Ding einmal lesen. Natürlich nicht die eigene Schwester, sondern Fremde, die einem weder einen Gefallen schulden noch alles erklärte Fans sind. Es macht zwar durchaus Sinn, auch hier eher in der potentiellen Zielgruppe nach Testlesern zu schauen, aber auch wichtig ist eine gewisse Bandbreite. Nur so bekommt man ein Idee davon, was funktioniert und was vielleicht auch nicht. Bei „Nicht von dieser Welt“ wusste ich durch die Blog Fiction zwar schon, dass der Text generell gut ankommt, aber einige Schwachpunkte konnten gefunden werden. Ganz wichtig: Testleser haben den „Nebeneffekt“, dass man frühzeitig „Rezensionen“ bekommen kann. So hatte „Nicht von dieser Welt“ schon wenige Tage nach Verkaufsstart acht Fünf-Sterne-Rezensionen, was als Verkaufshilfe zu dem Zeitpunkt gar nicht überbewertet werden kann.

8. Verkaufsstrategie

Natürlich hat es schon Selfpublisher-Erfolge gegeben, die aus dem Nichts kamen und selbst nicht wussten, wieso sie plötzlich irgendwo weiter oben in den Charts gelandet sind. Aber das ist die Ausnahme. Auch wenn ich das Ausmaß des Erfolgs nicht mal erträumt hatte – so gab es bei „Nicht von dieser Welt“ doch eine klare Strategie für die ersten Tage.
Zunächst einmal war der Veröffentlichungstermin kein Zufall – er liegt kurz vor Beginn der Sommerferien. Für einen leichten, unterhaltsamen Sommerroman, den man gerne auf dem Kindle mit in den Urlaub nimmt, genau die richtige Zeit. Besonders wenn das eBook nur 99 Cent kostet.Denn das war die Preisstrategie:  Eine einwöchige Preisaktion mit reduziertem Preis, die „massiv“ beworben wurde. „Massiv“ ist natürlich ein Witz im Vergleich zu Werbekampagnen von Verlagen. Aber es hat gereicht: Durch Werbung und Vorstellungen auf xtme.de gepaart mit dem Aktivieren meiner eigenen Interessenten durch Mailingliste, Facebook, Twitter und diesen Blog hier, konnte ich in den ersten vier Tagen ca. 150 eBooks verkaufen. Und diese haben gereicht, um bei Amazon sichtbar zu werden. Das Buch stand in einigen kleineren Verkaufscharts und taucht bei den Neuheiten irgendwo auf. Ab da griffen die Mechanismen von Amazon und ich konnte nur noch zugucken und staunen, wie das Buch in den Charts kletterte und kletterte. Das war wirklich nicht von dieser Welt!

(Eine Bemerkung am Rande: Während es bei mir eine Preisaktion war, hat sich der Thriller „Orden der Verderbnis“ zur gleichen Zeit mit einer Gratiskation so viel Sichtbarkeit verschafft, dass er nun auch in den Top Ten der Kindle-Verkaufscharts steht. Das Debüt eines unbekannten Selfpublishers. Also funktionieren die manchmal verpönten Gratisaktionen durchaus auch noch …)

9. Geduld

Natürlich wird nicht jede Strategie so aufgehen wie bei „Nicht von dieser Welt“. Und selbst in dem Fall dachte ich nach vier Tagen, dass ich im (durchaus tollen) 300er-Bereich der Verkaufscharts hängenbleiben würde, denn am vierten Tag nach Veröffentlichung gingen die Verkäufe zurück und die Platzierungen fielen. Auch in den meisten anderen Fällen wird man keinen sofortigen Erfolg feiern können. Aber die Wege von Amazon sind unergründlich und so kann es zum Beispiel über die viel langfristiger wirkenden Beliebtheitslisten auch noch später zu Erfolgen kommen. Also Geduld. Wobei man gleichzeitig natürlich einen weiteren Vorteil der Selfpublisher nutzen sollte: Die hohe Flexibilität. Als ich merkte, dass „Nicht von dieser Welt“ unaufhörlich stieg, habe ich die Preisaktion um einen Tag verlängert, denn von Platz 4 war es nicht mehr weit, um sich mit Dan Brown anlegen zu können …

10. Glück

Ich würde mal schätzen, dass die ersten neun Punkte auf dieser Liste fünfzig Prozent des Erfolgs von „Nicht von dieser Welt“ ausmachen. Die anderen fünfzig Prozent sind pures Glück. Denn natürlich kann ich nicht beeinflussen, ob gleichzeitig ähnliche, neue Titel oben in den Charts stehen und mir das Leben schwer machen. Ich weiß nicht, welche eBooks Amazon selbst gerade pusht, gegen die es keine Chance gibt. Ich weiß vor allem nicht, wann und wo der berüchtigte Algorithmus von Amazon mein eBook zur Sichtbarkeit spült oder eben auch nicht. Denn so schön diese neue Welt für die Selfpublisher auch ist – in Teilen ist es nun mal eine Welt von Amazons Gnaden …

Das ist also meine ganz subjektive und auch eher grobe Einschätzung, was den Erfolg von „Nicht von dieser Welt“ ausmacht. Vielleicht war es auch ganz anders. Und vielleicht kommt morgen ein eBook um die Ecke, das all diese Grundsätze Lügen straft. Aber es wäre ja auch langweilig, wenn es so einfach wäre. Für mich wird es selbstverständlich nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich mich als Selfpublisher betätige. Aber nun genieße ich erst einmal das Erreichte und staune weiter die Charts an …

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Kommentare


Thomas 21. Juni 2013 um 20:24

0. Genre

Es gibt Genres, mit denen kommt man auf Platz 1, mit anderen nicht. Da können die Punkt 1-10 noch so gut greifen, ein Bergroman wird es voraussichtlich wohl nie packen.

Antworten

SWS 21. Juni 2013 um 21:28

Kommt auf den Bergroman an – Piratenfilme waren tot bis Captian Jack Sparrow kam.

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