Ratgeber: eBook Reader an Senioren verschenken
Viele ältere Menschen lesen gerne und viel, von eBook-Reader-Vorzügen wie verstellbaren Schriftgrößen profitieren sie besonders. Da liegt es nahe, etwa den eigenen Eltern oder Großeltern ein elektronisches Lesegerät unter den Weihnachtsbaum zu legen – doch für eine gelungene Bescherung ist einiges zu beachten.
Wohl jeder, der gerne eBooks liest, kennt jemanden, bei dem er sich sicher ist: Diese Person hätte Spaß an einem eBook Reader – sie hat aber noch keinen. Das gilt besonders, wenn diese Person schon etwas älter ist, schließlich sind ältere Leute einerseits oft etwas zurückhaltend, was moderne Technik angeht. Andererseits bieten gerade ihnen elektronische Lesegeräte Vorteile gegenüber gedruckten Büchern. So kann man seinen Lesestoff von zuhause aus kaufen und sofort loslesen, dank der variablen Schriftgröße ist man nicht mehr auf Großdruckbücher oder Lesehilfen angewiesen.
Im Prinzip kann es also eine gute Idee sein, Vater, Mutter oder Großeltern zu Weihnachten mit einem eBook Reader zu beschenken; nur sollte man sich im Voraus ein paar Gedanken machen, damit aus dem gut gemeinten Geschenk kein Flop wird, der in irgendeiner Schublade verstaubt. Vorweg sei gesagt: Dieser Ratgeber richtet sich an alle, die technisch wenig affine Senioren beschenken wollen. Es steht außer Frage, dass es auch viele ältere Menschen gibt, die die meisten 20-jährigen in Sachen IT-Knowhow locker in die Tasche stecken.
eBook Reader für Senioren: Gibt es wirklich ein Interesse?
Das klingt vielleicht banal, aber eine gewisse Neugierde auf die Technik sollte vorhanden sein. Ansonsten fehlt jegliche Motivation, das Gerät auch nur einzuschalten. Im Zweifel empfiehlt es sich, falls möglich, vor dem Verschenken einmal den eigenen Reader zu benutzen, während die andere Person dabei ist. Wenn dann interessierte Nachfragen kommen, kann man sich sicher sein, dass man mit der Idee nicht völlig falsch liegt.
Wie technik-affin ist der/die Beschenkte?
Der Markt bietet inzwischen eine große eBook-Reader-Auswahl – vom reduzierten E-Ink-Einsteigergerät bis hin zum Multimedia-Tablet. Doch mehr Funktionen sind nicht immer besser: Eine zu große Vielfalt kann auch verwirren. Gerade ältere Leute nutzen oft lieber Geräte, die weniger können, dafür aber auch einfacher zu bedienen sind. Ein simpler eBook Reader, der benutzt wird, ist ein besseres Geschenk als ein Alleskönner, der in der Ecke liegt. Wichtig ist ein guter Zugang zu den Funktionen ebenso wie zu den eBooks; dazu im folgenden mehr.
Wie kommen die eBooks auf das Gerät?
Zunächst stellt sich die Frage: Geht man davon aus, dass sich die beschenkte Person selbst etwas auf das Gerät laden möchte? Gerade wenn man den eBook Reader an Eltern oder Großeltern verschenkt, kann es unter Umständen ausreichen, den Speicher vorab mit einer genügend großen Auswahl an Büchern zu befüllen, die man dann bei Besuchen von Zeit zu Zeit gelegentlich aktualisieren kann. Hier bietet es sich an, die Angebote an kostenlosen eBooks nach passenden Titeln zu durchsuchen.
Mehr zu beachten gibt es, wenn der neue Besitzer selbst Bücher auf das Gerät laden können soll. Alle Geräte lassen sich via USB an den Rechner anschließen. Doch gerade für Menschen, die keine große Computer-Erfahrung und vielleicht nicht einmal einen eigenen PC zuhause haben, kann die Befüllung auf diesem Weg und was damit zusammenhängt (Stichwort: Adobe Digital Editions) eine große Hürde sein.
Fast alle aktuellen eBook Reader– im Leucht-Bereich alle bis auf den Trekstor Pyrus 2 LED – haben ein WLAN-Modul und einen integrierten Shop an Bord, so dass Kauf und Download eines Buches auch ohne PC oder USB-Übertragung möglich sind. Einzige technische Voraussetzung: Der Beschenkte muss zuhause bereits ein WLAN betreiben. Ansonsten funktioniert drahtloses Kaufen nur mit dem Kindle Paperwhite 3G (eingeschränkte Verfügbarkeit beachten) wirklich praktisch. Zwar bietet der Tolino Shine eine kostenlose Nutzung des Telekom-Hotspot-Netzes, doch für die meisten Leute dürfte es zumindest unkomfortabel sein, zum Browsen und Kaufen im eBook Store jedes Mal zum nächsten Telekom Hotspot gehen zu müssen.
Weiterhin gilt es Usability-Unterschiede zwischen den einzelnen Stores und Ökosystemen zu beachten. Besonders leichtgängig vollzieht sich Kaufen und Laden von eBooks bei der Kindle-Plattform (nur hier muss auch keine Adobe ID angelegt werden), dicht gefolgt von der Tolino-Plattform (dank Handshake gerade noch ein bisschen eingängiger geworden) und Kobo. Die anderen Anbieter sehen wir mit einigem Abstand dahinter.
Was soll gelesen werden?
Auch wenn sich die Angebote der großen Player im Markt immer mehr angleichen, gibt es doch noch Unterschiede. So schnitt der Kindle Store beispielsweise bei einem aktuellen Test der Stiftung Warentest im Bereich "Sortiment" am besten ab, da er die meisten der stichprobenartig gesuchten Titel führte. Amazon hat viele Titel auch exklusiv, gerade aus dem Indie-Bereich. Andererseits können kommerzielle eBooks aus anderen Quellen (die meist mit hartem Adobe-DRM verschlüsselt sind) nicht auf einem Kindle geschmökert werden. Im Zweifel sollte man ein paar Minuten in den Shops der Anbieter nach Titeln stöbern, die den Beschenkten interessieren könnten. So bekommt man schnell ein Gefühl dafür, ob das Angebot groß genug ist.
Bibliotheksanbindung
Wenn Wert auf die Nutzung von Online-Leihbüchereien gelegt wird, scheidet der Kindle in Deutschland derzeit faktisch aus. Die Kindle Leihbücherei ist nur zusammen mit der kostenpflichtigen Prime-Mitgliedschaft zu bekommen und umfasst ein eher bescheidenes deutschsprachiges Angebot, das sich zu großen Teilen aus Self-Publishing-Titeln zusammensetzt. Für die Leihangebote deutscher Bibliotheken – technisch meist über Onleihe realisiert – ist ein epub-fähiger Reader nötig, der mit Adobe DRM umgehen kann. Das heißt in der Praxis: Alle aktuellen Geräte außer dem Kindle. Allerdings werden auch hier bisher nur vergleichsweise wenige Titel zur elektronischen Ausleihe angeboten, die jedoch zumeist aus dem Programm der großen Verlage stammen.
Wie benutzerfreundlich ist das Gerät?
Wenn man einen Reader verschenkt, den man nicht selbst schon benutzt hat, sollte man sich auf jeden Fall vor dem Kauf einen persönlichen Eindruck verschaffen: Ist die Bedienung einfach genug für die beschenkte Person? Kommt sie besser mit Touchscreens (die zumeist intuitiver ist) oder einer Tastenbedienung zurecht? Besteht die Gefahr, beim Halten versehentlich auf Blättertasten oder andere Bedienelemente zu kommen? Kann man in der Buchsammlung und im Online Shop einfach navigieren? Wichtig vor allem bei der Tolino-Allianz: Welche Shop-Oberfläche man angezeigt bekommt, hängt davon ab, bei welchem teilnehmenden Händler man das Gerät bestellt.
Was für Zubehör?
Ein bisschen Zubehör ist meistens nötig, um die Erfahrung perfekt zu machen. Auch wenn Cover den Reader dicker machen: Sie schützen das empfindliche Display, und bei Geräten ohne integrierte Beleuchtung kann man gleich ein Leucht-Cover beilegen. Ebenso sollte man in Erfahrung bringen, ob ein USB-Ladegerät zum Lieferumfang gehören. Falls nicht (leider inzwischen die Regel), sollte man es auf jeden Fall mit verschenken.
Tipps zum ersten Einrichten
Damit auf das Auspacken nicht gleich der Frust folgt, sollte man zumindest weniger technisch versierten Nutzern Unterstützung für die erste Einrichtung anbieten. Neben der Eingabe des WLAN-Zugangs werden in der Regel Benutzerkonten angelegt oder verknüpft werden müssen, bei epub-Geräten ist zusätzlich auch noch eine Adobe ID notwendig. Auch sollte man dem Beschenkten zumindest zeigen, wie man die Voreinstellungen (etwa Textgröße oder die Sortier-Reihenfolge der Bücher auf dem Gerät) verändern kann, oder diese Parameter gleich gemeinsam auf angenehme Werte einstellen.
Nicht vergessen: Für die meisten Dienste benötigt der Nutzer eine E-Mail-Adresse. Nicht alle älteren Leute nutzen Mails. Falls es direkt beim Beschenkten keine Möglichkeit dazu gibt, sollte man gegebenenfalls rechtzeitig daran denken, eine Adresse bei einem Mail-Anbieter zu registrieren.
Perfekter Senioren-eBook-Reader?
Den perfekten eBook Reader zum Verschenken gibt es nicht. Hat der Beschenkte sehr wenig mit Technik am Hut, fährt man mit dem Kindle Paperwhite 3G als derzeit leider einzigen 3G-Reader eines großen Herstellers am besten, muss aber mit dem bekannten Nachteil des sehr abgegrenzten Ökosystems leben und im Vergleich zum ebenfalls absolut seniorentauglichen Tolino Shine fast doppelt so tief in die Tasche greifen. Man muss sich ein wenig Gedanken über die Vorlieben und Wünsche des Beschenkten machen. Andererseits: Das muss man bei allen guten Geschenken. Warum sollten eBook Reader eine Ausnahme sein?
Kommentare
Bookmarks der letzten Woche (KW 47, 2013) | Büchereizentrale Niedersachsen… 27. November 2013 um 17:48
[…] Ratgeber: eBook Reader an Senioren verschenken » eReader » lesen.net […]
Tolino Shine und Kindle Paperwhite verschenken: So geht’s » eBook News » lesen.net 16. Dezember 2013 um 14:46
[…] Beim Tolino Shine ist der Start ins digitale Leseerlebnis etwas komplizierter. Auch hier werden Neubesitzer mit einer bebilderten Anleitung empfangen. Anschließend ist muss man sich erst ein Kundenkonto beim Anbieter anlegen, wo der Tolino gekauft wurde (über das Gerät möglich). Dann ist auch noch eine Adobe-ID zu hinterlegen, um kopiergeschützte eBooks schmökern zu können. Wenn der Beschenkte wenig Ahnung von der Materie hat, sollte man ihn bei diesen Schritten unterstützen. Einen ausführlichen Ratgeber zum Verschenken elektronischer Lesegeräte speziell an Senioren haben wir hier publiziert. […]
E-Book-Reader unter dem Weihnachtsbaum | Büchereizentrale Niedersachsen… 19. Dezember 2013 um 11:49
[…] Ratgeber für diese Zielgruppe […]
Tolino Shine (Oktober 2013) im Test [+Video] » eReader » lesen.net 23. Dezember 2013 um 12:35
[…] Schon im März hatten wir hardwareseitig wenig Grund zur Klage beim Tolino Shine. Im Gerät steckt neueste Technik (vom “kindle-exklusiven” E-Ink Carta abgesehen), das Preis-Leistungsverhältnis ist top. Die Cloud-Anbindung ist gelungen und der Komfort beim E-Book-Bezug stimmt: Ist das Gerät erst einmal eingerichtet, tritt das leidige Thema DRM wohltuend in den Hintergrund. Auch bei der sonstigen Bedienung ist der Tolino Shine so nutzerfreundlich, dass auch technisch weniger affine Leser schnell damit zurechtkommen. Er ist somit auch als Geschenk für Senioren geeignet. […]
Neuer eBook Reader: Die ersten Schritte » lesen.net 23. März 2015 um 18:05
[…] Ratgeber: eBook Reader an Senioren verschenken […]
Enrica Mucha 30. Juni 2017 um 13:27
Meine Tochter hat auf ihrem Kindle Paperwhite eine ganze Bibliothek gespeichert, ihre Oma war begeistert, ABER: das Format ist ihr zu klein. Wenn es das Gerät in 10" gäbe (Senioren lesen lieber im Sessel sitzend als stehend in der U-Bahn), wäre das auch für 80-jährige wie Geburtstag und Weihnachten zusammen.
Anne 12. Oktober 2021 um 09:19
Hallo!
Gibt es auch E book reader für stark sehbehinderte Menschen?
Freue mich auf Antworten!
LG